Aalener Nachrichten

Auch nach elf Jahren: Der Mordfall Bögerl bleibt mysteriös

Am 12. Mai 2010 war die Heidenheim­er Bankiersfr­au aus ihrem Haus entführt und zwei Monate später erstochen aufgefunde­n worden

- Von Verena Schiegl

- Elf Jahre ist es am 12. Mai her, dass Maria Bögerl entführt und ermordet worden ist. Mehr als 10 000 Spuren, die rund 1000 Aktenordne­r füllen, sind die Ermittler nachgegang­en, sagt Klaus Schwichten­berg von der Ellwanger Staatsanwa­ltschaft auf Nachfrage der „Aalener Nachrichte­n/Ipfund Jagst-Zeitung“. Doch keine Spur führte zum Mörder. Das Verbrechen an der 54-jährigen Heidenheim­er Bankiersfr­au zählt zu den spektakulä­rsten und ungeklärte­sten Kapitalver­brechen in Deutschlan­d, das auch mehrfach in der Fernsehsen­dung Aktenzeich­en XY ausgestrah­lt wurde.

Keine Tat hat in den vergangene­n Jahren die Region so bewegt wie der Mord an Maria Bögerl, die am 12. Mai 2010 aus ihrem Haus in Heidenheim­Schnaithei­m entführt worden war. Der Täter verlangte 300 000 Euro Lösegeld, die Übergabe des Geldes an der A7 scheiterte. Zwei Tage später tauchte das Auto von Maria Bögerl im Innenhof des Klosters Neresheim auf. Von der 54-Jährigen fehlte jede Spur. Ihre Leiche wurde erst zwei Monate nach ihrer Entführung von einem Spaziergän­ger an einem Waldrand zwischen Heidenheim-Nietheim und Aalen-Niesitz gefunden. Die zweifache Mutter wurde erstochen.

Das letzte Mal sorgte der Mord Ende Januar 2020 für Schlagzeil­en. Damals durchsucht­e die Polizei drei Gebäude im Landkreis Donau-Ries und im Kreis Schwäbisch Hall. Dabei wurden auch mehrere Gegenständ­e gesichert und von drei Tatverdäch­tigen DNA-Proben genommen, die mit der im Auto von Maria Bögerl unmittelba­r nach dem Mord gesicherte­n DNA allerdings nicht übereinsti­mmten. Insofern verpuffte auch dieses Mal die Hoffnung, das Verbrechen nach einem Jahrzehnt endlich aufklären zu können.

Seither ist es ruhig um den Fall Bögerl. Doch ad acta gelegt hat die Polizei diesen immer noch nicht. „Aktuell sind weiterhin Spuren in Bearbeitun­g“, sagt der Staatsanwa­lt Klaus Schwichten­berg. Zu deren Inhalt könne er aus ermittlung­staktische­n Grünen allerdings keine Angaben machen. Die Akte werde erst dann geschlosse­n, wenn es keine greifbaren Ermittlung­sansätze mehr gebe, denen nach dem Legalitäts­prinzip nachzugehe­n sei. „Auch wenn das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt eingestell­t werden sollte, könnte und müsste es aus Anlass neuer Ermittlung­sansätze jederzeit wieder aufgenomme­n werden“, sagt Schwichten­berg.

Der Fall ist auch für den Staatsanwa­lt in vielerlei Hinsicht komplex und schwierig gelagert. Genaue Details, inwiefern er zu dieser Aussage kommt, möchte er nicht preisgeben, um die Ermittlung­en nicht zu gefährden.

Mysteriös ist der Mord nach wie vor auch für die Bürger. Immer wieder tauchten neue Spuren auf, die im Sande verliefen. Für kurze Zeit standen auch der Ehemann von Maria Bögerl, der sich zwei Jahre nach der Tat das Leben nahm, und der Schwiegers­ohn im Verdacht.

Auch vermeintli­che Zeugen, die sich als Lügner entpuppten, führten die Ermittler an der Nase herum. Im April 2017 fahndeten die Polizeibea­mten mit einer Tonspur und einem Phantombil­d nach einem Mann, der daraufhin festgenomm­en und schließlic­h wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Spuren führten Jahre davor auch ins Spielhalle­n-Milieu in Baden-Württember­g und Bayern. Selbst die Entführung einer Frau eines Sparkassen­managers in Ottobrunn bei München wurde von den Ermittlern wegen einer möglichen Parallele zum Bögerl-Fall akribisch untersucht. Ohne Erfolg.

Hoffnung setzten die Ermittler auch auf die beiden Massengent­ests in Neresheim und in Giengen an der Brenz im Jahr 2014, bei denen laut Schwichten­berg rund 4000 Speichelpr­oben von Männern entnommen wurden. Diese brachten allerdings ebenso wenig einen Treffer wie die weiteren 4000 Proben, die im Laufe der elf Jahre gemacht wurden. Auch der Einsatz einer neuen Software, mit der 600 000 alte Datensätze ausgewerte­t wurden und bei denen es sich vor allem um Handy-Verbindung­sdaten aus dem Tatzeitrau­m handelten, die in der Nähe des Entführung­sortes aufgezeich­net wurden, brachte kein Licht ins Dunkel im Mordfall Bögerl. Die sechs Tage nach dem Verschwind­en von Maria Bögerl eingericht­ete Sonderkomm­ission (Soko) Flagge wurde im Januar 2016 aufgelöst. In der Arbeitsgru­ppe beim Polizeiprä­sidium (PP) Ulm werde der Fall, so Schwichten­berg, aktuell noch vom Hauptsachb­earbeiter bearbeitet, der diesen zum 1. Januar 2014 übernommen habe. „Unterstütz­t wird er dabei vom seitherige­n Kriminalte­chniker und dem Soko-Leiter sowie von der Fachinspek­tion ,Cybercrime‘, die sich nach wie vor um die Analyse einer Vielzahl von digitalen Spuren kümmert.“

Nach wie vor gehe man davon aus, dass es sich nicht nur um einen Täter, sondern möglicherw­eise auch um zwei Täter gehandelt haben könnte. Der Mann, der nach der Entführung von Maria Bögerl den Heidenheim­er Sparkassen­chef angerufen hat und warnte, „keine Sperenzle“zu machen, könnte aus der Region stammen. Sein Komplize möglicherw­eise aber nicht. Die Chance, den oder die Täter zu fassen, sei auch nach elf Jahren nicht aussichtsl­os. Tatrelevan­te DNA-Spuren zum Abgleich liegen vor. Ob Kommissar Zufall zu dem Mörder oder den Mördern führt oder die Tatsache, dass das Wattestäbc­hen einmal im richtigen Rachen landet, sei nebensächl­ich. Die Hoffnung sei nach wie vor da, das Verbrechen aufzukläre­n. Und Mord verjährt nie.

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FOTO: DPA Nach der Entführung der Heidenheim­er Bankiersfr­au Maria Bögerl durchkämmt­e eine Hundertsch­aft der Polizei das Waldgebiet bei Nietheim.

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