Zickenkrieg endet vor dem Kadi
Zwei Schwestern müssen wegen Schlägerei am Aalener ZOB ein Sozialtraining absolvieren
- Zwei junge Frauen aus Oberkochen sind am Dienstag von Amtsgerichtsdirektor Martin Reuff in seiner Funktion als Jugendstrafrichter jeweils zu einem verpflichtenden sozialen Trainingskurs verurteilt worden. Den beiden 20 und 15 Jahre alten Schwestern wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Oktober vergangenen Jahres am Aalener Busbahnhof (ZOB) eine 15Jährige und deren drei Jahre älteren Freund zu Boden geschubst, an den Haaren gezogen und dabei mit dem Kopf auf den Boden geschlagen zu haben.
Laut Staatsanwältin Alexandra Henning musste die 15-Jährige nach dem Übergriff wegen des Verdachts einer Gehirnerschütterung eine Nacht zur Beobachtung im OstalbKlinikum verbringen. Auch mehrere Wochen nach der Tat habe sie immer noch Kopfweh gehabt, sagte die Schülerin als Zeugin aus. Ihr Freund, der sie verteidigen wollte, bekam bei dem Gerangel einen Tritt zwischen die Beine ab. „Natürlich hat das wehgetan“, antwortete er im Zeugenstand auf eine entsprechende Frage der Staatsanwältin.
Anlass der körperlichen Auseinandersetzung, bei der von Passanten die Polizei alarmiert wurde, waren offensichtlich zunächst provozierende Blicke des Pärchens in Richtung der beiden Schwestern. Dem folgten diverse Beleidigungen („Schlampe“wurde immer wieder exemplarisch genannt), ehe es schließlich handfest zur Sache ging. Die beiden Beschuldigten gaben die Attacken nur teilweise zu. Sie hätten die 15-Jährige lediglich geschubst, weil sie sich provoziert fühlten, dabei sei die gestolpert und hingefallen. Vom Ziehen an den Haaren oder gar von Tritten gegen das bereits am Boden liegende Mädchen oder den jungen Mann könne jedenfalls keine Rede sein, so die Schwestern.
Dem widersprachen die beiden Geschädigten allerdings nachdrücklich. Auch der Bericht des Ostalb-Klinikums, wohin das Mädchen mit dem Krankenwagen gebracht worden war, ließ die harmlose Variante der Prügelei eher unwahrscheinlich erscheinen. Ein junger Mann, der die Kontrahentinnen schließlich getrennt hatte, konnte sich als Zeuge auch nicht mehr daran erinnern, wer wen wann während der Auseinandersetzung geschubst, getreten oder geschlagen hat.
Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bescheinigte den beiden jungen Frauen, die im Jahr 2016 zusammen mit ihren Eltern aus Serbien nach Deutschland gekommen waren, gewisse Reifeverzögerungen, und empfahl deshalb, auch bei der älteren
Jugendstrafrecht anzuwenden. Die Jüngere habe in der Vergangenheit öfters familiäre Probleme gehabt, sodass auch das Jugendamt eingreifen musste. Der Zwist zwischen den jungen Damen nahm auch die beiden Mütter – als Zuhörerinnen im Gerichtssaal – emotional mit, sodass die Staatsanwältin mit dem Verweis aus dem Gerichtssaal drohen musste. Richter Martin Reuff riet den beiden Schwestern in seiner Urteilsbegründung, ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen. Die Kurse, zu denen sie verurteilt wurden, müssen innerhalb der nächsten sechs Monate absolviert werden, sonst droht dem Duo eine Jugendstrafe.