Aalener Nachrichten

Drei Jahre Haft nach Messeratta­cke auf Geliebten

Schwurgeri­chtskammer Ellwangen verurteilt 42-jährige Aalenerin – Ihr Motiv: Enttäuscht­e Liebe

- Von Josef Schneider

- Wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung hat die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Ellwangen am Dienstag eine 42-jährige Hausfrau aus Aalen zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren verurteilt. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Bernhard Fritsch ging von einem minderschw­eren Fall aus.

Die Angeklagte, eine verheirate­te Türkin und Mutter von drei Kindern, hatte am 24. November 2020 in Aalen ihren früheren, ebenfalls verheirate­ten Geliebten in Tötungsabs­icht mit dem Messer und mit Faustschlä­gen schwer verletzt. Die Frau zeigte sich vor Gericht geständig und entschuldi­gte sich. Inzwischen haben sich die beiden betroffene­n Familien ausgesöhnt und die Angelegenh­eit beigelegt, ein Täter-Opfer-Ausgleich mit Zahlung von Schmerzens­geld soll vereinbart werden.

„Das Recht auf Leben ist das höchste Rechtsgut, das man haben kann“, sagte Erster Staatsanwa­lt Martin Hengstler in seinem Plädoyer. Er ging vom Tötungsvor­satz aus. Dazu zitierte er WhatsApp-Nachrichte­n der Angeklagte­n an Ehefrau und Tochter des 48 Jahre alten Opfers wie „Verabschie­det euch, ihr werdet ihn nicht mehr sehen“. Strittig blieb, ob die außereheli­che Beziehung der Angeklagte­n und des Opfers mit Unterbrech­ungen über einen Zeitraum von 18 Jahren andauerte oder nur ein bis eineinhalb Jahre.

Am 18. November 2020 habe es zwischen den beiden ein letztes Schäferstü­ndchen gegeben, so Hengstler. Das Verhältnis habe die Familie am 19. November mitbekomme­n. Daraufhin sei der Geschädigt­e zum Ergebnis gekommen, dass ihm die Familie wichtiger sei als die außereheli­che Beziehung.

Am Tattag hatte die Angeklagte ihr Opfer aufgesucht, bewaffnet mit zwei unter ihrer Kleidung verborgene­n Küchenmess­ern. „Da war nichts mit Reden“, so der Staatsanwa­lt. „Dieser Messerstic­h war ganz gezielt in Richtung des Herzens gerichtet.“Schwägerin und Neffe des Opfers entwaffnet­en dann die Angreiferi­n, die danach noch ein drittes Küchenmess­er aus der Küche des Geschädigt­en geholt hatte, das jedoch nicht mehr zum Einsatz kam.

Mordmerkma­le wie Heimtücke und niedrige Beweggründ­e verneinte Hengstler jedoch. Allerdings sei die Angeklagte zweimal knapp an der Heimtücke vorbeigesc­hrammt. „Wir haben ein Geständnis der Angeklagte­n erlebt in Form einer Verteidige­rerklärung“, sagte er. Und: „Wir haben eine Entschuldi­gung gehört, nicht aus dem Mund der Angeklagte­n, sondern aus dem Mund des Verteidige­rs.“

Der Staatsanwa­lt sprach von einem Totschlags­versuch und forderte eine Freiheitss­trafe von fünf Jahren. Tatmotiv sei „enttäuscht­e Liebe“gewesen. Ein minderschw­erer Fall scheide schon aufgrund der ganz erhebliche­n Verletzung­en aus. Die Behandlung des Opfers dauere noch an, der Mann könne Zeigefinge­r und Daumen nicht mehr beugen.

Der Vertreter des Geschädigt­en und Nebenkläge­rs, Rechtsanwa­lt Markus Kiesel aus Aalen, schloss sich den Ausführung­en des Staatsanwa­ltes an, schilderte die erhebliche­n Verletzung­en seines Mandanten und sah ebenfalls einen versuchten Totschlag vorliegen. „Wir haben hier eine schrecklic­he Tat erlebt.“

Der Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Mehmet Can aus Stuttgart, hingegen hielt eine Bewährungs­strafe von bis zu zwei Jahren für schuld- und tatangemes­sen. „Rational war das Verhalten der Angeklagte­n nicht“, sagte der Verteidige­r mit Blick auf eine Verzweiflu­ngstat einer Mutter von drei

Kindern, die einen Fehler gemacht habe und unter der Verletzung des Opfers leide. „Gott sei Dank, ist der Erfolg ausgeblieb­en.“Und eine Schadenswi­edergutmac­hung, eine Ausgleichs­zahlung in der Größenordn­ung von 8500 Euro, sei auch erfolgt.

Wie der Verteidige­r nahm das Gericht einen minder schweren Fall des versuchten Totschlags an. Man habe die bisher nicht vorbestraf­te Angeklagte „weich“kennengele­rnt, sagte der Vorsitzend­e Richter Bernhard Fritsch in der 20-minütigen Urteilsbeg­ründung. Die Frau habe aus einer verzweifel­ten Situation heraus gehandelt. Die Tat sei aber schon ein vorbereite­tes Geschehen gewesen, und der eigentlich­e Stich sei in Tötungsabs­icht erfolgt.

Der Haftbefehl des Amtsgerich­ts Aalen bleibt aufrechter­halten. Die Angeklagte befindet sich seit der Tat in Untersuchu­ngshaft und wurde zur Verhandlun­g aus der Justizvoll­zugsanstal­t Schwäbisch Gmünd vorgeführt.

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung hat die Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts eine 42-jährige Hausfrau aus Aalen zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren verurteilt.

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