Das Geschirr wieder mitbringen
Aalen will in der Straßengastronomie ein Mehrwegsystem etablieren.
- Ein Pizzakarton steckt quer in einem Mülleimer der Aalener Innenstadt. Darüber und daneben türmen sich leere Pappbecher, Servietten und Papiere. Im vergangenen Jahr ist es aufgrund der Corona-Pandemie größer geworden, das Aalener Problem mit dem Müll. Sowohl Bauhof als auch Ordnungsamt haben diese Erfahrung gemacht, wie Sascha Kurz, stellvertretender Pressesprecher der Stadt, auf Nachfrage bestätigt. Laut den Vorgaben der Stadt müssen Anbieter von Essen zum Mitnehmen ihren Kunden Mülleimer zur Verfügung stellen. Auf diese Regelung hat das Ordnungsamt kürzlich alle Gastronomen nochmals hingewiesen. Auch der ACA (Verein Aalen City aktiv) will jetzt gegensteuern und hat die Gastronomen in einem Schreiben gebeten, sich an einem Mehrwegmodell für Geschirr zu beteiligen.
In Zukunft soll das sogar gesetzlich verpflichtend werden. Anfang Mai hat der Bundestag eine entsprechende Verpflichtung, die ab dem Jahr 2023 gelten wird, beschlossen. Demnach müssen Imbisse, Cafés und Restaurants beim Straßenverkauf neben Einwegverpackungen künftig auch eine Mehrwegvariante anbieten. Ausnahmen soll es nur für kleinere Betriebe, die maximal 80 Quadratmeter groß sind und nicht weniger als fünf Mitarbeiter beschäftigen, geben. Zudem tritt schon ab Juli 2021 die so genannte Einwegkunststoffverbotsverordnung in Kraft. Demnach dürfen bestimmte Einwegkunststoffprodukte aus geschäumtem expandiertem Polystyrol nicht mehr in Umlauf gebracht werden.
Der ACA schlägt den Aalener Restaurants, Cafés und Imbissen deshalb die beiden Anbieter Vytal und Recup vor. „Schon im September war eine gemeinsame Aktion geplant. Wegen der Corona-Beschränkungen mussten wir diese allerdings verschieben. Es wäre ein großer Vorteil, wenn sich jetzt möglichst viele Gastronomen an einem Modell beteiligen. Dann könnte man seine Sachen bei allen teilnehmenden Betrieben abgeben“, sagt City-Manager Reinhard Skusa.
Davide Amorelli bietet in seinem Restaurant und Feinkostladen an der Stadtkirche seit Mitte April das Pfandsystem Recup an. Das funktioniert so: Kunden erhalten einen Mehrwegbecher für einen Euro oder eine Schale gegen fünf Euro Pfand. Nach Gebrauch können die Gefäße bei den teilnehmenden Betrieben wieder abgegeben oder direkt neu befüllt werden. Auch für Pizzen hat Amorelli Mehrweg-Verpackungsmöglichkeiten bei sich im Laden, die er aber nicht nutzt. „Das ist in der Praxis nicht umsetzbar. Da müsste ich 15 Euro Pfand verlangen, das zahlt kein Kunde“, so der Gastronom. Mit den Kaffeebechern und Schalen hingegen hat er sehr gute Erfahrungen gemacht: Etwa 90 Prozent der Amorelli-Kunden trinken ihren Kaffee mittlerweile aus einem Recup-Becher. Bei der Schale, der so genannten Rebowl, seien etwa 60 Prozent der Kunden bereit, am Pfandsystem teilzunehmen. „Viele Aalener verbringen ihre Mittagspause im Moment draußen und essen ihren Salat oder die Nudeln dann vor der Stadtkirche oder auf einer Bank im Stadtgebiet. Da sind die Rebowl-Schalen wirklich praktisch“, erzählt er.
Seit er seine Gäste nicht mehr am Tisch bedienen darf und das Essen nur noch abgeholt werden kann, hat sich nach seiner Erfahrung das Müllaufkommen verzehnfacht, sagt der Gastronom. „Ich bin in der Straße der einzige, der offen hat. Den Mülleimer vor dem Laden musste ich zeitweise stündlich leeren. Mittlerweile hat die Stadt dort auch einen aufgestellt“, erklärt Amorelli.
Bestellt hat er zunächst 200 Becher und 200 Schalen. Investiert hat er zunächst etwa 3000 Euro, dazu kommt noch eine Servicegebühr, die Recup erhebt. „Sollte es in Zukunft ein gemeinsames System in Aalen geben, wäre das auf jeden Fall interessant für uns“, so Amorelli.
Neben den Recup-Schalen muss Amorelli seinen Kunden aber Einwegbesteck mitgeben. „Die Firmen sind hier zwar an Lösungen dran, das ist aber noch Zukunftsmusik. Man müsste bei dem aktuell erhältlichen pro Besteck 10 Euro Pfand verlangen. Das zahlt niemand. Da müsste eine Familie, die Essen bestellt, ja etwa 80 Euro nur an Pfand hinterlegen“, erklärt Amorelli.
Das System Recup wird aber nicht nur in der Gastronomie verwendet. Auch der Metzger Jürgen Vetter hat mit den Rebowl-Schalen gute Erfahrungen gemacht. In seiner
Metzgerei in Wasseralfingen bietet er neben Fleisch- und Wurstwaren auch einen täglichen Mittagstisch an. Seit etwa 10 Tagen können seine Kunden ihre Ware in den Schalen mit nach Hause nehmen. „Wir haben ein System gesucht, um dem wachsenden Verpackungsmüll Herr zu werden. Recup hat uns am meisten zugesagt“, so der Metzger. Vor allem seine Mittagstisch-Kunden schätzen das Angebot und bringen ihre Schale zum Teil täglich zum Neubefüllen vorbei, sagt Vetter. Zunächst hat er 400 Schalen bestellt, mit denen er jetzt testen will, wie lange diese Menge ausreicht.
Durch die Fernsehserie „Die Höhle der Löwen“, sind Karen Kronwald und Cüneyt Fettan, die zusammen das Rosmarie in Aalen betreiben, auf das Mehrwegsystem Vytal aufmerksam geworden. „Seit Corona ist das mit dem Müll richtig ausgeartet. Deshalb haben wir beschlossen, hier eine Lösung anzubieten“, sagt Kronwald.
Und so funktioniert es: Über die Vytal-App bestellt und bezahlt der
Kunde sein Essen. Beim Abholen im Laden werden ein QR-Code aus der App und die Box gescannt. Die Essensbox kann der Kunde dann innerhalb von 14 Tagen wieder zurückbringen. Versäumt er diese Frist, muss er das Behältnis bezahlen. Kosten entstehen dem Gastronom bei diesem Modell kaum. „Die Boxen bekommt man kostenlos. Der Gastronom bezahlt pro Befüllung einer Box lediglich 20 Cent an Vytal“, erklärt Karen Kronwald.
Etwa 150 Boxen verschiedenster Form und Größe sind bei Rosmarie mittlerweile im Umlauf. „Das Essen bleibt darin lange warm und man kann sie einfach sicherer transportieren als beispielsweise Pappkartons“, so Kronwald.
„Den Mülleimer vor dem Laden musste ich zeitweise stündlich leeren“, sagt Davide Amorelli.
„Etwa 20 bis 25 Prozent unserer Kunden nutzen das System bisher“, sagt Karen Kronwald über Vytal.
Die Rosmarie-Kunden nehmen das System bisher gut an. „Etwa 20 bis 25 Prozent unserer Kunden nutzen das System bisher. Wir rechnen aber damit, dass es noch mehr Anklang findet, wenn weitere Aalener Gastronomen Vytal anbieten“, so Kronwald.