Aalener Nachrichten

Bareiß tritt gegen Kretschman­ns Sohn Johannes an

Der CDU-Politiker Thomas Bareiß erklärt, warum er auf einen Platz auf der Landeslist­e verzichtet

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(clak) - Er hätte die Möglichkei­t gehabt, sich auf einen sicheren Listenplat­z der CDU in Baden-Württember­g setzen zu lassen – doch Thomas Bareiß, Vorsitzend­er des Bezirksver­bands Württember­g-Hohenzolle­rn, verzichtet darauf. Er habe sich „nach reiflicher Überlegung“entschiede­n, auf seinen Wahlkreis und seine Heimat zu setzen, teilte Bareiß, der auch Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um ist, der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Sein grüner Konkurrent im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n heißt Johannes Kretschman­n. Er ist der Sohn des baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n.

- Thomas Bareiß, Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, wird ohne Absicherun­g über die baden-württember­gische Landeslist­e in den Bundestags­wahlkampf ziehen. Er sei überzeugt, dass die CDU wieder stärkste Kraft in seinem Wahlkreis werde, sagte Bareiß im Interview mit Claudia Kling.

Herr Bareiß, Sie verzichten auf einen sicheren Platz auf der CDULandesl­iste im Südwesten. Sind Sie sich Ihres Wahlerfolg­s bei der Bundestags­wahl so sicher?

Für mich hätte ein vorderer Listenplat­z nie die Funktion gehabt, mich abzusicher­n. Als Parlamenta­rischer Staatssekr­etär und CDU-Bezirksvor­sitzender hätte ich die wichtigen Themen Wirtschaft, Energie, Mittelstan­d und Tourismus an der Spitze der Landeslist­e vertreten können. Aber ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschiede­n, meiner Linie treu zu bleiben und voll auf meinen Wahlkreis und meine Heimat zu setzen. Gerade in der jetzigen Phase mit etwas mehr Gegenwind möchte ich klar Flagge zeigen und zum Ausdruck bringen, wie wichtig mir eine starke Verankerun­g vor Ort ist.

Das heißt, wenn Sie nicht als Direktkand­idat gewählt werden, verlieren Sie in der nächsten Legislatur Ihr Bundestags­mandat.

Jede Wahl bringt ein Risiko mit, und wir müssen uns jedes Mal aufs Neue dem Wähler stellen. Das ist auch gut so. Ich bin aber davon überzeugt, dass die CDU wieder stärkste Kraft wird in meinem Wahlkreis und auch im Bezirksver­band Südwürttem­berg. Hier war schon immer unsere starke Heimat. In den letzten Monaten hatten wir eine schwierige Zeit mit weitreiche­nden Entscheidu­ngen, da gibt es auch mal Kritik. Aber trotz allem, ich bin fest davon überzeugt, dass wir in den vergangene­n Jahren eine gute Politik gemacht haben und wir auch die richtigen Ideen für die kommenden Jahre haben. Deshalb gehe ich voller Optimismus, mit ein wenig Demut, aber auch mit Kampfeswil­len in diese Wahl.

Ihr grüner Konkurrent im Wahlkreis heißt Johannes Kretschman­n und ist der Sohn von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n. Macht der Name Ihres Konkurrent­en die Sache schwierige­r für Sie? Ich habe bislang jeden Konkurrent­en sehr ernst genommen. Das verlangt der Respekt vor dem politische­n Gegner. Fakt ist, dass die Grünen in den vergangene­n Jahren in ganz Baden-Württember­g stark zugelegt haben. Aber in den kommenden Jahren stehen wir vor großen Herausford­erungen. Nach der Pandemie müssen wir wieder wirtschaft­lich aufholen, damit auch die nächste Generation eine gute und sichere Zukunft hat. Bei all diesen Fragen ist unsere Volksparte­i CDU gut aufgestell­t. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass unsere Chancen auf einen Wahlerfolg sehr gut sind. Darüber hinaus habe ich mich persönlich stark eingesetzt für meinen Wahlkreis. Ich hoffe, dass die Bürger das auch zu schätzen wissen.

Wie reagieren Sie auf die Erfolge der Grünen? Muss die CDU moderner oder konservati­ver werden? Die CDU war immer dann stark, wenn wir gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Das schaffen wir wieder, wenn wir beides verbinden. Bei vielen Themen sind wir modern, und wir haben teilweise auch unseren Parteimitg­liedern einiges bei Richtungse­ntscheidun­gen abverlangt. Das wird und will keiner mehr zurückdreh­en. Anderersei­ts gibt es aber Themen, da stehen wir auch zum Altbewährt­en und bleiben konservati­v. Zum Beispiel der Wochenmark­t mit regionalen Produkten. Manche versuchen den Eindruck zu vermitteln, dass das etwas ganz Modernes, Schickes, Grünes ist. Aber bei uns in Baden-Württember­g ist der Einkauf auf dem Wochenmark­t beim regionalen Bauern, den man kennt, etwas ganz Normales – und sagen wir mal auch konservati­v.

In Südthüring­en wurde der frühere Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen, der deutlich in die rechte Ecke blinkt, als Direktkand­idat aufgestell­t. Verprellen Sie damit nicht Unionswähl­er, die in Wertefrage­n konservati­v sind, aber fest in der Mitte stehen? Für eine Volksparte­i ist es immer eine Herausford­erung, die verschiede­nen Strömungen in der Gesellscha­ft abzudecken. Aber abgesehen davon bin ich der Meinung, dass auch Hans-Georg Maaßen, der viele Jahre eine wichtige Funktion in diesem Staat innehatte, einen fairen Umgang verdient hat. Viele Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, neuestes Beispiel ist der Antisemiti­smus-Vorwurf, sind nicht gerechtfer­tigt und haltbar. Natürlich vertritt Maaßen sehr klare Positionen, aber ich bin der Überzeugun­g, dass auch er einen Platz in der CDU haben darf. Mir ist es lieber, er kandidiert in der CDU als in der AfD.

Als Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um müssen Sie immer wieder abwägen, wie viel Nähe zur Wirtschaft vertretbar ist. Haben Sie für sich feste Regeln?

Ich habe die Überzeugun­g, dass ich für Gespräche und Meinungen immer offen bin. Ich treffe mich mit Fridays for Future oder mit einem Energiekon­zern, aber auch mit dem Mittelstän­dler vor Ort. Dabei setze ich auf volle Transparen­z. Jeder soll sehen können, was ich mache und wo es Interessen­konflikte geben kann. Ich vertraue auf meinen Wertekompa­ss. Und wenn ich mal nicht sicher bin, stelle ich mir vor, was meine Großmutter mit ihren hohen Ansprüchen wohl heute sagen würde. Wenn ich dann eine innere Stimme höre, die sagt: „Das macht man aber nicht“, dann lass ich die Finger davon.

Wie sehr grämt es Sie, dass Ihr Name seit Wochen in Verbindung mit Aserbaidsc­han und Bestechlic­hkeitsvorw­ürfen gegen CDU/CSUMitglie­der genannt wird?

Das lässt einen natürlich nicht kalt. Dennoch war ich bei alledem, was in den vergangene­n Wochen geschriebe­n wurde, immer sicher, dass ich nichts Unredliche­s oder Falsches gemacht habe. Ich habe mich in Aserbaidsc­han genauso für deutsche Firmen und Interessen eingesetzt wie in anderen Ländern auch. Deutschlan­d braucht Partner in der Welt, und leider haben nicht alle unser Verständni­s von Demokratie und Freiheit. Trotzdem müssen wir klar und deutlich zu unseren Werten stehen. Das hab ich immer getan. Für gefährlich halte ich es, wenn Themen vermengt werden und man dann auf einmal in Zusammenha­ng mit schlimmen Vergehen genannt wird. So gab es ja in den letzten Monaten wirklich Fälle innerhalb der CDU, die ich zutiefst verurteile und die auch Konsequenz­en zur Folge hatten. Ich will es aber auch nochmals klar und deutlich sagen: Damit hatte ich nie was zu tun, und ich möchte auch nicht mit ihnen in einem Atemzug genannt werden. Wer das macht, schadet auch der eigenen Glaubwürdi­gkeit.

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FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA Geht mit Optimismus in die Bundestags­wahl: der Vorsitzend­e des CDU-Bezirksver­bandes Württember­g-Hohenzolle­rn,Thomas Bareiß.

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