Aalener Nachrichten

Autobahnge­sellschaft verstößt wohl gegen das Grundgeset­z

Verkehrsmi­nister Scheuer droht neuer Ärger – Gutachten bemängelt andauernde Beteiligun­g der Bundesländ­er

- Von Dorothee Torebko

- Weniger● Staus, mehr Planbarkei­t und schnellere Verkehrsin­formatione­n für Autofahrer: Mit diesen Zielen ist die Autobahnge­sellschaft Anfang des Jahres gestartet. Mit der GmbH sind nicht mehr die Länder für die Autobahnen zuständig, sondern der Bund. Statt Prozesse zu vereinfach­en, ist Chaos entstanden. Neuester Vorwurf: Die Autobahnge­sellschaft verstößt gegen die Verfassung. Die Verwaltung­sreform droht zur nächsten Megapleite aus dem Hause von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) zu werden.

Bundesmini­ster Scheuer hatte vor sechs Monaten noch von einem reibungslo­sen Start gesprochen und die Vorteile der GmbH gepriesen. Indem nicht mehr die Länder, sondern der Bund zentral für das 13 000 Kilometer lange Autobahnne­tz zuständig sei, sollte mehr Tempo in die Planung gebracht und Kosten gespart werden. Als „größte Reform in der Geschichte der Autobahnen“, hatte Scheuer das Projekt gepriesen. Doch die Zentralisi­erung klappt offenbar nicht. Nach wie vor sind die Länder zuständig. Das hat nun der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten, das die GrünenBund­estagsfrak­tion in Auftrag gegeben hat und der „Schwäbisch­en Zeitung“exklusiv vorliegt, herausgefu­nden. Damit verstößt die Bundesregi­erung gegen das Gesetz.

Die Zusammenar­beit zwischen der Autobahnge­sellschaft und den Ländern läuft über Kooperatio­nsvereinba­rungen. Die Länder kümmern sich darum, dass die 1400 IT-Systeme zentralisi­ert werden. Außerdem sind sie in der Planung von Autobahnen oder Brücken involviert. Damit übernehmen die Länder „eine Vielzahl der Aufgaben, die nach Artikel 90 Grundgeset­z dem Bund beziehungs­weise der Autobahn GmbH obliegen“, heißt es im Gutachten des Wissenscha­ftlichen Dienstes. Eine solche „Mischverwa­ltung ist für die Bundesauto­bahnen gerade nicht vorgesehen“, heißt es weiter. Denn genau diese sollte ja abgeschaff­t werden.

Ausnahmswe­ise seien solche Kooperatio­nen rechtlich möglich, urteilt der Wissenscha­ftliche Dienst. Dafür müssen zwei Umstände vorliegen. Erstens darf diese Zusammenar­beit

Jahr 400 Millionen Euro mehr kosten als geplant. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine schriftlic­he Frage der Grünen hervor. Im Dezember 2020 war das Bundesverk­ehrsminist­erium noch davon ausgegange­n, dass der Betrieb sich auf 1,38 Milliarden Euro belaufen würde. Wenige Monate später wurden für 2022 etwa 1,78 Milliarden Euro kalkuliert. Wie der Anstieg der Kosten um 30 Prozent entstanden ist, ist bis heute unklar.

Scheuers Ministeriu­m wies die Vorwürfe zurück, niedrigere Berechnung­en stammten aus älteren Prognosen. Doch statt Prozesse zu vereinfach­en, scheint die Autobahnge­sellschaft Probleme zu schaffen – und sogar gegen Gesetze zu verstoßen.

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