„Wichtig für die Versorgung auf dem Land“
Roman Gottschalk von der Handwerkskammer über Hilfen bei der Übernahme
ULM/OSTALBKREIS (eva) - Wenn Handwerksbetriebe aufgeben müssen, weil es keinen Nachfolger gibt, spüren das auch die Bürger. Denn wenn der Bäcker, Metzger oder Klempner nicht mehr am Ort sind, sinkt die Lebensqualität in ländlichen Regionen. Wie die Handwerkskammer Ulm gegensteuert, erklärt der Experte Roman Gottschalk.
Bei wie vielen Handwerksbetrieben in der Kammerregion steht in den kommenden Jahren die Nachfolge an?
Aktuell haben circa 2900 unserer insgesamt mehr als 19 500 Betriebe im Gebiet von der Ostalb bis zum Bodensee einen Inhaber, der mindestens 60 Jahre alt ist. Das sind etwa 15 Prozent all unserer Mitgliedsbetriebe. In den nächsten fünf Jahren könnten es aufgrund der Altersstruktur bereits 20 Prozent werden.
Warum geht die Zahl der Übergaben innerhalb der Familie zurück? Das Interesse an Gründungen, zu denen auch Gründungen durch Übernahmen zählen, lässt in Deutschland generell nach. Um das mal anhand von Zahlen zu verdeutlichen: Die Anzahl der Existenzgründer ist von 1,5 Millionen im Jahr 2002 auf zuletzt 547 000 gesunken. Das wirkt sich auch verstärkt auf die relative Verteilung zwischen familieninternen Nachfolgen aus.
Ein Grund könnte sein, dass die Möglichkeiten, sich außerhalb des elterlichen Betriebs zu verwirklichen, zunehmen.
Es mangelt auch an externen Kandidaten. Woran liegt das?
Der Mangel an Gründern kommt daher, dass eben auch Angestelltenverhältnisse in ihrer Attraktivität steigen. Abgesehen davon können Betriebsübergaben selbstverständlich an vielen unterschiedlichen Aspekten scheitern: wenn etwa die persönliche „Chemie“nicht stimmt oder die Vorstellungen beim Kaufpreis stark voneinander abweichen.
Das ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Grund für die Anzahl der potenziellen Nachfolger, an denen es eben grundsätzlich mangelt.
Welche Konsequenzen hat das?
Dadurch gehen Arbeits- und Ausbildungsplätze
verloren, die Betroffenen müssen sich nach einer neuen Tätigkeit umschauen. Zudem kann sich dadurch die Versorgung der Bevölkerung speziell im ländlichen Raum verschlechtern, etwa wenn der nächste Bäcker, Metzger oder Klempner dann plötzlich nicht mehr im Ort verfügbar ist – die Bürgerinnen und Bürger spüren das dann tagtäglich ganz konkret. Da geht in den Dörfern viel Lebensqualität verloren. Auch Lieferanten können darunter leiden und die Konsequenzen spüren.
Was kann die Kammer tun?
Die Handwerkskammer Ulm hat vor gut fünf Jahren das Zentrum für Betriebsnachfolge (ZEN) gegründet. Es unterstützt potenzielle Übergeber und Übernehmer von Handwerksbetrieben in ihrer Suche und bringt sie an einen Tisch. Das ZEN begleitet bei allen Fragen, die im Bereich der Übernahme oder Übergabe eines Betriebs aufkommen. So erhalten Betriebsgründer eine Perspektive und ausscheidende Generationen wissen ihren Betrieb in guten Händen.