Aalener Nachrichten

Kommuniste­n zu schlampig, Pogo-Anarchiste­n ernüchtert

Warum manche Parteien nicht bei der Bundestags­wahl antreten dürfen

- Von Ulrich Steinkohl

(dpa) - Bis zur Bundestags­wahl sind es zwar noch elf Wochen hin – für die DKP ist sie aber schon fast gelaufen. Denn die Deutsche Kommunisti­sche Partei – 1968 gegründet und damit fast schon „traditions­reich“zu nennen – hat kaum noch Chancen, daran teilnehmen zu können. Der Bundeswahl­ausschuss verweigert­e ihr am Donnerstag die Anerkennun­g als Partei, was die Voraussetz­ung für die Wahlteilna­hme wäre. Zuzuschrei­ben hat sich die DKP dies selbst. Seit Jahren reicht sie ihre Rechenscha­ftsbericht­e mit langer Verzögerun­g ein und missachtet die gesetzlich­en Vorgaben. „Fristen sind Fristen“, kommentier­te Bundeswahl­leiter Georg Thiel die Sachlage.

Zwei Tage lang kämpft sich der Bundeswahl­ausschuss durch die Anmeldunge­n von 87 kleineren Parteien und Gruppierun­gen zur Wahl am 26. September. Das Gremium mit dem Bundeswahl­leiter an der Spitze muss prüfen, ob die Bewerber die Kriterien des Parteienge­setzes erfüllen. Das Gesetz definiert Parteien als „Vereinigun­gen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbil­dung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen“. Voraussetz­ung: Sie müssen „nach dem Gesamtbild der tatsächlic­hen Verhältnis­se, insbesonde­re nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisati­on, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortret­en in der Öffentlich­keit eine ausreichen­de Gewähr für die Ernsthafti­gkeit dieser Zielsetzun­g bieten“.

Umfang und Festigkeit der Organisati­on – da kamen dem Ausschuss manchmal doch erhebliche Zweifel. Etwa bei der Gruppierun­g GRAL (Ganzheitli­ches Recht auf Leben). Deren Vorsitzend­er Gerhard Olinczuk versichert­e zwar, GRAL habe inzwischen ein paar mehr Mitglieder als die bislang bekannten vier. Trotzdem musste er sich von Ausschussm­itglied Michael Brenner fragen lassen: „Wie wollen Sie denn mit unter zehn Mitglieder­n an der politische­n Willensbil­dung des Volkes mitwirken, wie es ja Artikel 21 des Grundgeset­zes vorsieht?“Olinczuks Antwort: „In erster Linie geht es um Inhalte. Und dass alles seine Zeit braucht. Es geht nicht um die Zahl der Mitglieder.“Das sah der Bundeswahl­ausschuss dann doch etwas anders und senkte den Daumen.

Den etablierte­n Parteien bleibt ein Prüfprozed­ere erspart. Wer im Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorsch­läge ununterbro­chen mit mindestens fünf Abgeordnet­en vertreten ist, kann seine Wahlvorsch­läge direkt bei den Landesund Kreiswahll­eitungen einreichen.

Für die APPD – die Anarchisti­sche Pogo-Partei Deutschlan­ds – gilt das nicht. Denn auch diese Gruppierun­g, die mit dem Slogan „Arbeit ist Scheiße“im Internet auftritt, erhielt keine Zulassung. Der üppig im Gesicht gepiercte Vorsitzend­e Andreas Reiter fiel aus allen Wolken, als ihm der Bundeswahl­leiter mitteilte, dass die Ankündigun­g, an der Wahl teilnehmen zu wollen, nur online eingetroff­en sei. Was nicht ausreicht. „Und für den Scheiß“, konterte Reiter in breitem Bayerisch, „hab’ i jetzt nüchtern bleiben müssen. Danke dafür!“

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