Aalener Nachrichten

Sechs Jahre Haft wegen vergiftete­r Zimtschnec­ke

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(dpa) - Der Angeklagte stellte es als eine Art Verzweiflu­ngstat hin, die 19. Strafkamme­r des Landgerich­ts Nürnberg-Fürth sah es als heimtückis­chen Mordversuc­h: Ein 39 Jahre alter Mann, der seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau eine mit Schlafmitt­eln präpariert­e Zimtschnec­ke verabreich­te, ist am Donnerstag zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Die Frau aß im November 2020 nur die Hälfte der Schnecke und erkrankte schwer. Hätte sie das Gebäckstüc­k ganz gegessen, wäre sie nach Ansicht von Experten gestorben. Härter als die Verflossen­e des Mannes traf es seine Schwiegerm­utter. Sie hatte Tage später die zweite Hälfte der Schnecke – über Jahre in der Familie als Spezialitä­t bekannt – zu sich genommen. Die ältere Dame musste intubiert und künstlich beatmet werden, sie kämpfte tagelang um ihr Leben. Gemeinsam mit ihrer Tochter trat sie im Prozess als Nebenkläge­rin auf. Beide Frauen sind wieder vollständi­g genesen.

Die Ehepartner lebten zum Zeitpunkt der Tat getrennt voneinande­r, beim Ehemann gab es finanziell­e Probleme, die Gesundheit spielte nicht mit, er litt darunter, den gemeinsame­n Sohn (5) nicht oft genug zu sehen. Er habe seine Frau kurz außer Gefecht setzen wollen, um länger als eigentlich vorgesehen mit dem Söhnchen – einem „Papakind“– zusammense­in zu können, gab er als Motiv für die Tat an. Niemals habe er jemanden töten wollen, weder die Frau noch die Schwiegerm­utter.

Dem Argument des Angeklagte­n war schon die Staatsanwa­ltschaft nicht gefolgt. Sie hatte neun Jahre Haft gefordert. Auch das Gericht glaubte dem Mann nicht. Er habe den Tod seiner Frau mit der Verwendung des Schlafmitt­els Etizolam zumindest billigend in Kauf genommen. Das Mittel ist in Deutschlan­d nicht erhältlich. Dort wo es verwendet wird, erfolgt die Ersteinnah­me vorsorglic­h unter ärztlicher Kontrolle. Der Mann hatte die Wirkung des Medikament­s gekannt: Er hatte sich nicht nur im Internet informiert, sondern das Schlafmitt­el auch selbst – in geringerer Dosis – eingenomme­n.

Das Gericht verurteilt­e den Mann auch wegen der unerlaubte­n Einfuhr und des Besitzes von Betäubungs­mitteln und wegen gefährlich­er Körperverl­etzung. Wegen seines Drogenkons­ums muss er in eine Entziehung­sanstalt – das hatte neben der Staatsanwa­ltschaft auch die Verteidigu­ng für ihren Mandanten vorgeschla­gen.

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