Aalener Nachrichten

Heute vor 40 Jahren: Das Schloss in Flammen

Die Heimattage wurden 14 Tage später trotzdem durchgezog­en – Zwei Ellwanger erinnern sich

- Von Alexander Gässler

- Es war ein Donnerstag. Und es war heiß. Am Wochenende hätten die Heimattage gefeiert werden sollen. Doch auf einmal gingen die Stallungen des Ellwanger Schlosses in Flammen auf. Das war am 9. Juli 1981 – heute vor 40 Jahren.

Manfred Meier, 83, hat den Brand des Ökonomiege­bäudes aus „allernächs­ter Nähe“miterlebt. Er war gerade vor Ort, um zu besprechen, wo an den Heimattage­n geparkt werden darf und wo nicht. Das sei immer ein großes Drama gewesen, erinnert sich der damalige Chef des Ellwanger Bauhofs.

Meier stand also mit zwei Männern der Schlossver­waltung unter den Bäumen am Parkplatz der Schlosssch­enke – er mit Blickricht­ung Schloss. Zuerst sah er ein Flackern hinter einem Fenster im Dach. Dann sah er Rauch hervorquel­len. Da hat er zu den Männern, die immer noch in das Parkproble­m vertieft waren, gesagt: „Das könnt ihr bleiben lassen. Euer Schloss brennt.“

Die Männer wollten das zunächst nicht glauben, hielten es für einen Scherz. Kurz darauf zerbarst das erste Fenster. Meier weiß noch, dass dann alles „rasend schnell“gegangen ist. „An dem Nachmittag war die Hölle los.“

Die Feuerwehr, die damals im Bauhof stationier­t war, wurde gerufen. Doch sie war wohl schon alarmiert, weil ein Regierungs­branddirek­tor aus Stuttgart, der an diesem Tag in Ellwangen zu Besuch war, aus dem Fenster der Funkbude des Feuerwehrh­auses geschaut und den Rauch über dem Schloss bemerkt hatte.

Meier und der Bauer der staatliche­n Domäne waren die ersten am Stall. Gemeinsam versuchten sie, die Tiere zu befreien. Die waren, wie Meier erzählt, in Boxen untergebra­cht, was die Sache erschwerte. War endlich ein Gatter losgeschra­ubt, sprangen die Tiere panisch darüber und aus dem Stall hinaus.

Meier weiß noch, wie die Bullen rasend wurden, weil ihnen brennende Heuballen von oben herab in den Rücken fielen. Und dass vor allem Schweine, die weiter hinten eingestall­t waren, verbrannt sind.

Freilich wurden auch viele Tiere gerettet. Und zwar vor allem von den auswärtige­n Feuerwehre­n, wie Meier erzählt. Die Feuerwehrl­eute aus den Dörfern hätten besser gewusst, wie sie mit den Tieren umgehen müssten, als die aus der Stadt.

Anselm Grupp war nicht so nah dran. Er ist mit einem Freund auf die Benzenruh oberhalb des Wellenbads gefahren. Dort standen sie mit ihren Fahrrädern und haben das Geschehen aus der Ferne beobachtet. Die „gigantisch­e Rauchsäule“, die kilometerw­eit zu sehen war. Angeblich bis Aalen und Mögglingen. Und wie „unheimlich viel“Feuerwehr ausgerückt ist.

Grupp war damals 17. Als das Feuer

abends unter Kontrolle war, ist er mit seinem Freund hinauf zum Schloss geradelt. Er erinnert sich noch an die aufgereiht daliegende­n toten Tiere. An den Rauch und den Gestank nach verbrannte­m Fleisch. Und daran, wie das Gewölbe der Stallung am nächsten Tag eingestürz­t ist.

Ein Funke, der beim Heuabladen ins Abladegebl­äse geraten ist, soll den Brand ausgelöst haben. Das Ökonomiege­bäude mit Schafstall und Meierei ist komplett abgebrannt. Es wurde später wieder aufgebaut. Im Gegensatz zu einem weiteren abgebrannt­en Schafstall hinter der Meierei.

Mehr als 100 Feuerwehrl­eute haben verhindert, dass die Flammen auf weitere Gebäude übergriffe­n. Zum Beispiel auf das bewohnte Brauereige­bäude.

Und die Heimattage? Sie wurden 14 Tage später durchgezog­en, wie Manfred Meier sagt. Er hatte fast schon darauf gehofft, dass er darum herumkommt. Aber er musste wieder den Ochsen braten. Das hat der Bauhofchef vom Metzger Hermann Kurz gelernt und 32 Jahre lang bei den Heimattage­n gemacht – „68 Ochsen“, sagt er.

Und Anselm Grupp? Er leitet heute das Kultur-, Presse- und Touristika­mt

im Ellwanger Rathaus. 2008 hat er eine Doktorarbe­it geschriebe­n mit dem Titel „Residenz- und Amtsschlos­s. Untersuchu­ngen zum Schlossbau in der Fürstprops­tei Ellwangen im 17. und 18. Jahrhunder­t“. Darin vergleicht er das Ellwanger Schloss mit repräsenta­tiven Bauten in Würzburg, Eichstätt und Passau. Dagegen seien die Ellwanger sparsam gewesen, sagt er.

Der Brand kommt in Anselm Grupps Arbeit nur am Rande vor. Wie er erzählt, hat es im Jahr 1704 an gleicher Stelle schon einmal gebrannt. Nass eingebrach­tes Heu soll sich selbst entzündet haben. Die

Stallung ist abgebrannt und wurde neu erbaut.

In der Serie „Weißt du noch“hat sich die Ipf- und Jagst-Zeitung ausführlic­h mit dem Schlossbra­nd am 9. Juli 1981 befasst. Der Bericht ist am 19. November 2019 erschienen und beruht vor allem auf den Erinnerung­en des damaligen stellvertr­etenden Stadtbrand­meisters Anton Rieger.

 ?? FOTOS: ARCHIV DER FEUERWEHR (2) / GÄSS ?? Das brennende Ökonomiege­bäude. In den Ställen waren rund 120 Bullen und 60 Schweine untergebra­cht. Zahlreiche Tiere sind in den Flammen umgekommen. Die meisten konnten aber gerettet werden.
FOTOS: ARCHIV DER FEUERWEHR (2) / GÄSS Das brennende Ökonomiege­bäude. In den Ställen waren rund 120 Bullen und 60 Schweine untergebra­cht. Zahlreiche Tiere sind in den Flammen umgekommen. Die meisten konnten aber gerettet werden.
 ??  ?? Manfred Meier, 83, hat den Brand des Ökonomiege­bäudes aus „allernächs­ter Nähe“miterlebt.
Manfred Meier, 83, hat den Brand des Ökonomiege­bäudes aus „allernächs­ter Nähe“miterlebt.
 ??  ?? Mehr als 100 Feuerwehrl­eute haben ein Übergreife­n der Flammen auf das Torhaus und das Wohnhaus der Domäne verhindert.
Mehr als 100 Feuerwehrl­eute haben ein Übergreife­n der Flammen auf das Torhaus und das Wohnhaus der Domäne verhindert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany