Ostalb organisiert Tausende Zweitimpfungen neu
Firma Kicherer muss Hunderte Impftermine umbuchen – Allgemeinarzt Krombholz wartet auf Johnson&Johnson
- Die Ständige Impfkommission empfiehlt Kreuzimpfungen. Sie sollen besonders vor der Delta-Variante des Coronavirus schützen. Heißt: Wer das erste Mal mit Astrazeneca geimpft wurde, soll als zweite Dosis einen mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna erhalten. Spätestens seit der StikoEmpfehlung bliebt Astrazeneca liegen. Und die Kreisimpfzentren und Impfärzte müssen umorganisieren. Was teilweise mit beträchtlichem Aufwand verbunden ist.
Die Firma Kicherer war eine der ersten weit und breit, die Impfungen für ihre Mitarbeiter angeboten hat. Am 20. Mai ging es los. Verimpft wurde Astrazeneca, rund 200 Dosen. Weitere Impfaktionen folgten. Auch für Mitarbeiter der Gastronomie und anderer Ellwanger Betriebe. Wie üblich wurden gleich die Zweittermine vereinbart.
Dann kam die Empfehlung der Stiko. Und jetzt muss alles rückgängig gemacht werden. Betroffen sind im Fall der Kicherer-Aktion 460 Erstgeimpfte mit Astrazeneca.
Momentan zeichnet sich ab, dass fünf Prozent von ihnen Astrazeneca auch als Zweitimpfung wählen. Das teilt Friederike Frick von der Firma Kicherer auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“mit. Heißt im Umkehrschluss: Die allermeisten entscheiden sich für Biontech und buchen deshalb neue Termine für die Zweitimpfung.
Das funktioniert online. Die Firma Kicherer hat dazu einen Link verschickt. Der führt zu einer Auswahlmaske. Dort kann als Zweitimpfung Astrazeneca oder Biontech gebucht werden. „Wir versuchen, es so bedienerfreundlich wie möglich zu machen“, sagt Katja Frick.
Übrigens: Wer sich für Biontech entscheidet, muss nochmals ein Anamnese- und Einwilligungsformular ausfüllen und zur Impfung mitbringen – weil es sich um einen anderen Impfstoff handelt. Und: Wer sich bis 20. Juli gar nicht zurückmeldet, dessen Termin gilt als abgesagt.
Friederike und Katja Frick haben die Impfstraße bei Kicherer organisiert – maßgeblich unterstützt vom Ellwanger Hausarzt Dr. Franz Josef Grill und dessen Praxisteam. „Wir stellen fest“, sagt Friederike Frick, „dass viele der bei uns geimpften Personen bereits eine Zweitimpfung über andere Kanäle beispielsweise den Betriebsarzt in den jeweiligen Unternehmen erhalten haben.“
Wer will welchen Impfstoff? Und wer hat vielleicht schon eine Zweitimpfung anderswo bekommen? Das zu kontrollieren, sei ein immenser Aufwand, sagt Katja Frick. Dennoch ist sie froh, dass die Firma Kicherer ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern samt Angehörigen ein Impfangebot
gemacht hat. Entscheidend sei, dass nun ausreichend Impfstoff für die Zweitimpfung zur Verfügung stehe. Übrigens: Insgesamt wurden bei Kicherer bislang gut 1000 Menschen geimpft.
Keinen zusätzlichen Aufwand durch die Stiko-Empfehlung hat dagegen der Ellwanger Allgemeinmediziner Dr. Matthias Krombholz, Chef einer Corona-Schwerpunktpraxis. Verändert hätten sich dadurch nur die Impfabstände, sagt er. Die Listen würden abgearbeitet. „Wir haben es organisatorisch gut im Griff.“
Das Problem sieht Krombholz trotz des Impffortschritts eher darin: „Auffällig ist, dass sich viele gar nicht impfen lassen wollen.“
In der Praxis Krombholz wird mittwochs, donnerstags und freitags geimpft. Der Chef hat zwei Helferinnen abgestellt, die ausschließlich Termine vergeben und impfen. Krombholz schätzt, dass in seiner Praxis inzwischen schon gut 2000
Menschen geimpft worden sind.
Aber reicht der Impfstoff? Vor allem der mRNA-Impfstoff, der Astrazeneca nach der Stiko-Empfehlung mehr oder weniger überflüssig macht? „Es hat sich entspannt“, sagt Allgemeinarzt Krombholz. Zurzeit sei genug Impfstoff verfügbar. Auch von Biontech.
Nur nicht von Johnson&Johnson. Den hätte Krombholz gerne. „Aber der ist gar nicht lieferbar.“Hintergrund: Johnson&Johnson ist besonders bei jüngeren Menschen beliebt. Weil nur eine Impfung nötig ist. Man muss also nur einmal zum Arzt.
Astrazeneca hat Krombholz dagegen schon seit zwei, drei Wochen nicht mehr gespritzt, wie er sagt. Auch nicht bei Erstimpfungen. Der Mediziner kritisiert die „verheerende Informationspolitik“. Astrazaneca sei eigentlich abgeschrieben. Krombholz bestellt den Impfstoff jedenfalls nicht mehr. Es frage auch keiner danach, sagt er. „Den Patienten ist Biontech lieber.“