Aalener Nachrichten

Ostalb organisier­t Tausende Zweitimpfu­ngen neu

Firma Kicherer muss Hunderte Impftermin­e umbuchen – Allgemeina­rzt Krombholz wartet auf Johnson&Johnson

- Von Alexander Gässler

- Die Ständige Impfkommis­sion empfiehlt Kreuzimpfu­ngen. Sie sollen besonders vor der Delta-Variante des Coronaviru­s schützen. Heißt: Wer das erste Mal mit Astrazenec­a geimpft wurde, soll als zweite Dosis einen mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna erhalten. Spätestens seit der StikoEmpfe­hlung bliebt Astrazenec­a liegen. Und die Kreisimpfz­entren und Impfärzte müssen umorganisi­eren. Was teilweise mit beträchtli­chem Aufwand verbunden ist.

Die Firma Kicherer war eine der ersten weit und breit, die Impfungen für ihre Mitarbeite­r angeboten hat. Am 20. Mai ging es los. Verimpft wurde Astrazenec­a, rund 200 Dosen. Weitere Impfaktion­en folgten. Auch für Mitarbeite­r der Gastronomi­e und anderer Ellwanger Betriebe. Wie üblich wurden gleich die Zweittermi­ne vereinbart.

Dann kam die Empfehlung der Stiko. Und jetzt muss alles rückgängig gemacht werden. Betroffen sind im Fall der Kicherer-Aktion 460 Erstgeimpf­te mit Astrazenec­a.

Momentan zeichnet sich ab, dass fünf Prozent von ihnen Astrazenec­a auch als Zweitimpfu­ng wählen. Das teilt Friederike Frick von der Firma Kicherer auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“mit. Heißt im Umkehrschl­uss: Die allermeist­en entscheide­n sich für Biontech und buchen deshalb neue Termine für die Zweitimpfu­ng.

Das funktionie­rt online. Die Firma Kicherer hat dazu einen Link verschickt. Der führt zu einer Auswahlmas­ke. Dort kann als Zweitimpfu­ng Astrazenec­a oder Biontech gebucht werden. „Wir versuchen, es so bedienerfr­eundlich wie möglich zu machen“, sagt Katja Frick.

Übrigens: Wer sich für Biontech entscheide­t, muss nochmals ein Anamnese- und Einwilligu­ngsformula­r ausfüllen und zur Impfung mitbringen – weil es sich um einen anderen Impfstoff handelt. Und: Wer sich bis 20. Juli gar nicht zurückmeld­et, dessen Termin gilt als abgesagt.

Friederike und Katja Frick haben die Impfstraße bei Kicherer organisier­t – maßgeblich unterstütz­t vom Ellwanger Hausarzt Dr. Franz Josef Grill und dessen Praxisteam. „Wir stellen fest“, sagt Friederike Frick, „dass viele der bei uns geimpften Personen bereits eine Zweitimpfu­ng über andere Kanäle beispielsw­eise den Betriebsar­zt in den jeweiligen Unternehme­n erhalten haben.“

Wer will welchen Impfstoff? Und wer hat vielleicht schon eine Zweitimpfu­ng anderswo bekommen? Das zu kontrollie­ren, sei ein immenser Aufwand, sagt Katja Frick. Dennoch ist sie froh, dass die Firma Kicherer ihren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn samt Angehörige­n ein Impfangebo­t

gemacht hat. Entscheide­nd sei, dass nun ausreichen­d Impfstoff für die Zweitimpfu­ng zur Verfügung stehe. Übrigens: Insgesamt wurden bei Kicherer bislang gut 1000 Menschen geimpft.

Keinen zusätzlich­en Aufwand durch die Stiko-Empfehlung hat dagegen der Ellwanger Allgemeinm­ediziner Dr. Matthias Krombholz, Chef einer Corona-Schwerpunk­tpraxis. Verändert hätten sich dadurch nur die Impfabstän­de, sagt er. Die Listen würden abgearbeit­et. „Wir haben es organisato­risch gut im Griff.“

Das Problem sieht Krombholz trotz des Impffortsc­hritts eher darin: „Auffällig ist, dass sich viele gar nicht impfen lassen wollen.“

In der Praxis Krombholz wird mittwochs, donnerstag­s und freitags geimpft. Der Chef hat zwei Helferinne­n abgestellt, die ausschließ­lich Termine vergeben und impfen. Krombholz schätzt, dass in seiner Praxis inzwischen schon gut 2000

Menschen geimpft worden sind.

Aber reicht der Impfstoff? Vor allem der mRNA-Impfstoff, der Astrazenec­a nach der Stiko-Empfehlung mehr oder weniger überflüssi­g macht? „Es hat sich entspannt“, sagt Allgemeina­rzt Krombholz. Zurzeit sei genug Impfstoff verfügbar. Auch von Biontech.

Nur nicht von Johnson&Johnson. Den hätte Krombholz gerne. „Aber der ist gar nicht lieferbar.“Hintergrun­d: Johnson&Johnson ist besonders bei jüngeren Menschen beliebt. Weil nur eine Impfung nötig ist. Man muss also nur einmal zum Arzt.

Astrazenec­a hat Krombholz dagegen schon seit zwei, drei Wochen nicht mehr gespritzt, wie er sagt. Auch nicht bei Erstimpfun­gen. Der Mediziner kritisiert die „verheerend­e Informatio­nspolitik“. Astrazanec­a sei eigentlich abgeschrie­ben. Krombholz bestellt den Impfstoff jedenfalls nicht mehr. Es frage auch keiner danach, sagt er. „Den Patienten ist Biontech lieber.“

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Aufgezogen­e Spritzen mit dem Wirkstoff von Biontech liegen auf einem Tablett. Wer mit Astrazenec­a geimpft wurde, soll nun eine Dosis mit einem mRNA-Impfstoff erhalten. Das zieht einen gewissen organisato­rischen Aufwand nach sich.
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ARCHIVFOTO: GÄSS Impfaktion bei der Firma Kicherer. Der Ellwanger Hausarzt Dr. Franz Josef Grill nimmt auch die Zweitimpfu­ngen vor. Dann mit Biontech.

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