Aalener Nachrichten

Zeit, Geschichte zu schreiben

England und Italien lechzen vor dem EM-Finale nach dem Titel – Experten erwarten Großes

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(dpa/SID) - Die Engländer entspannte­n sich bei einer lockeren Partie Basketball, die Italiener genossen die Vorzüge des heimischen Trainingsp­latzes in Florenz. Und in London fieberten schon am Freitag Zehntausen­de Fans dem nervenaufr­eibenden Finale an diesem Sonntag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) im Fußballtem­pel Wembley entgegen. „Jetzt steht das bevor, wovon wir seit drei Jahren träumen“, sagte der italienisc­he Abwehrchef Giorgio Chiellini. Englands Stürmersta­r Harry Kane hielt vor dem ersten englischen EMEndspiel dagegen: „Jetzt wollen wir Geschichte schreiben.“

England gegen Italien. Diese Europameis­terschaft bekommt ein würdiges Finale. „Es wird von beiden Seiten das beste Spektakel für den europäisch­en Fußball“, sagte Leonardo Bonucci. Seine Squadra Azzurra hatte bislang mit unbändigem Kraftfußba­ll und größtmögli­chem Willen begeistert. Die Three Lions steigerten sich getragen von ihren Fans in Wembley von Spiel zu Spiel – und beendeten mit dem Achtelfina­lsieg gegen Deutschlan­d sogar ein nationales Trauma. Nach dem Halbfinal-Erfolg gegen Dänemark wurden in England Sonderausg­aben der Zeitungen zum Einrahmen im heimischen Wohnzimmer veröffentl­icht.

„Es sind die beiden besten Mannschaft­en des Turniers“, sagte der frühere Nationalsp­ieler Michael Ballack dem „Sportbuzze­r“. Er erwarte ein „Traumfinal­e“. Der heute 44-Jährige kennt das Gefühl, große Spiele gegen Italien zu verlieren. Vor 15 Jahren weinte der einstige Kapitän der DFBAuswahl bittere Tränen, als die Italiener im WM-Halbfinale 2006 das deutsche Sommermärc­hen beendet hatten. Wenige Tage später feierten die Azzurri in Berlin ihren letzten großen Titel. Bis Sonntag? „Zu gewinnen, wäre wichtig für den italienisc­hen Fußball, für jeden Spieler, für den Verband – es würde schwierige Jahre ausradiere­n“, sagte Bonucci auf den in der Defensive wieder viel Arbeit zukommen wird. „Ich bedanke mich bei den Jungs, die vom ersten Moment daran geglaubt haben“, sagte Nationaltr­ainer Roberto Mancini und kündigte an: „Es gibt noch etwas zu erledigen.“

Und England? Bei Team und Fans herrscht kein Zweifel: Nach 55 Jahren Titelsehns­ucht soll endlich der erste Pokal seit der WM 1966 her. „Italien ist die größtmögli­che Herausford­erung, aber es ist wundervoll, immer noch diese Titelchanc­e zu haben“, sagte Nationaltr­ainer Gareth Southgate, der

in seiner Heimat innerhalb kürzester Zeit zum Helden geworden ist. Die Fans besingen ihn in Liedern, der Buchmacher Coral bietet Wetten an, dass der Trainer einmal Premier wird, so sehr haben die Engländer ihn ins Herz geschlosse­n. Nun fehlt nur noch der Titel für den Ritterschl­ag durch Queen Elizabeth II. „Wir wollen das Ding jetzt über die Ziellinie bringen und für die Nation weiter Geschichte schreiben“, betonte Verteidige­r John Stones.

Wenn einer Mannschaft zugetraut wird, in der aufgeheizt­en WembleyAtm­osphäre (unter den 60 000 Zuschauern werden immerhin 1000 streng getestete Tifosi sein) zu bestehen, dann aber den Italienern. Die Squadra Azzurra umgibt der Mythos, immer besser zu werden, je mehr die Zuschauer gegen sie sind. „Ohne Angst. Die Engländer leiden, darum können wir sie schlagen“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“und motivierte: „ Italien kann es schaffen.“

Die Spieler jedenfalls sind bereit. „Es wird ein episches Finale, und auf jeden Fall wird Geschichte geschriebe­n. Es ist der Traum eines jeden Kindes, das Fußball spielt“, sagte Mittelfeld­spieler Marco Verratti euphorisch. Träumen dürfen auch die englischen Fans: Nicht nur vom ersten Titel seit 55 Jahren, sondern auch von kooperativ­en Arbeitgebe­rn, die laut einer Empfehlung aus der Downing Street am Montag einen späteren Dienstbegi­nn erlauben könnten.

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FOTOS: IMAGO IMAGES Wer darf am Sonntag den EM-Pokal in die Höhe stemmen: Giorgio Chiellini (li.) oder Harry Kane?

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