Im Vollsprint zur Traumerfüllung
Ravensburger Bahnradfahrerin Laura Süßemilch hat in Tokio gute Chancen auf eine Medaille – wenn sie denn zum Einsatz kommt
RAVENSBURG - Den vorerst größten Erfolg ihrer Karriere hat Laura Süßemilch bereits vor ihrer Abreise nach Japan erreicht. Mit der Nominierung für die Olympischen Spiele in Tokio geht für die Bahnradfahrerin aus Ravensburg ein Lebenstraum in Erfüllung. „Das Gefühl ist schwer in Worte zu fassen. Ich glaube, ich werde es erst ganz begreifen, wenn ich in Japan bin und die deutschen Mannschaftsklamotten trage“, sagt die Ravensburgerin, die einst beim RSC Biberach das Radfahren lernte und heute auch für den RSV Seerose Friedrichshafen startet. „Ich freue mich extrem drauf.“
Noch vor zwei Jahren konnte sich Süßemilch nicht vorstellen, bei den Spielen in Tokio dabei zu sein. Der Karriereplan war voll und ganz auf Paris 2024 ausgerichtet. „Doch dann habe ich gemerkt dass ich sehr gut dabei bin und 2024 noch sehr weit weg ist“, berichtet die 24-Jährige. Bei der Heim-WM in Berlin im vergangenen Jahr rückte sie erstmals in den Nationalkader auf. Auch wenn sie den Bronzemedaillen-Gewinn ihrer Teamkolleginnen nur von der Tribüne aus verfolgen durfte, war es für Süßemilch ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt.
Wie in Berlin ist sie auch in Tokio eine von fünf deutschen Fahrerinnen für die Vierer-Mannschaftsverfolgung, außerdem steht die Ravensburgerin als Ersatzfahrerin für das Madison, das Zweier-Mannschaftsfahren, bereit. Anders als bei der WM hofft sie, bei den Spielen zumindest in einem Lauf zum Einsatz zu kommen – nur dann dürfte sie bei einer Siegerehrung mit aufs Podium steigen. „Eine Medaille ist auf jeden Fall unser Ziel“, sagt Süßemilch selbstbewusst. Nach WM-Bronze im Vorjahr ist das durchaus realistisch.
Seit Jahren kann sich die deutsche Olympiamannschaft auf die Bahnradfahrer als Medaillengaranten verlassen. Auch bei den Spielen in Tokio ist Edelmetall wieder fest eingeplant. Allerdings sind die Voraussetzungen in diesem Jahr ganz andere. Schließlich reisen alle Teams fast gänzlich ohne Wettkampferfahrung an, wissen nicht, wo die Konkurrenz steht. Der letzte internationale Vergleich in der Mannschaftsverfolgung war jener bei der WM im März 2020. „Die Spiele werden für alle ein große Überraschung“, sagt Süßemilch, die sich selbst in guter Form fühlt. Sie habe ihr Level und die Anspannung trotz der Verschiebung der Spiele um ein Jahr halten können. „Es war nicht einfach, den richtigen Weg zu finden, aber ich denke, es ist mir gut gelungen.“
Als Lohn für die Strapazen der letzten Monate wartet nun ihre Premiere bei Olympia – auch wenn Laura Süßemilch nicht mittendrin sein wird. Das Velodrome liegt auf der Izu-Halbinsel südlich von Tokio – über zwei Autostunden vom Olympiastadion entfernt. Die Bahnradfahrer werden sich in einer eigenen Blase befinden und nichts vom Leben im Olympischen Dorf mitbekommen. „Das ist schon sehr schade“, sagt Süßemilch. „Ich hoffe, dass 2024 in Paris alles wieder normal ist und ich dann auch ganz nah dran bin.“Doch zunächst möchte sie ihre ersten Spiele trotz aller Einschränkungen in vollen Zügen genießen.