Aalener Nachrichten

„Die Liga ist geil!“

Von Wolfsburg nach Heidenheim: So sieht Neuzugang und Abwehrtale­nt Tim Siersleben seine Rolle

- Von Benjamin Post

- Am letzten Spieltag der vergangene­n Saison gab Tim Siersleben für den VfL Wolfsburg sein Bundesliga-Debüt bei der 2:3-Niederlage gegen den FSV Mainz 05. Am ersten Spieltag der kommenden Saison könnte der 21-Jährige sein Debüt in der 2. Bundesliga geben. „Die Liga ist geil!“, sagt das Abwehrtale­nt. Dort darf er durch seine zweijährig­e Leihe für den 1. FC Heidenheim spielen. Noch bis Sonntag bereitet sich der Neuzugang des FCH mit seiner neuen Mannschaft im Trainingsl­ager in Aigen in Österreich auf die kommende Saison vor. Sportredak­teur Benjamin Post hat sich mit Siersleben unterhalte­n.

Zuletzt warst Du nur im Hotel. Wann wirst Du nach deinem Wechsel auf der Ostalb heimisch? Ich bin froh, dass ich nach dem Trainingsl­ager vom Hotel in eine Wohnung ziehen kann. Am Dienstag werden meine Möbel in Wolfsburg abgeholt, am Mittwoch ziehe ich in eine Wohnung in der Nähe vom Trainingsg­elände in Heidenheim. Dann kann mit dem Fahrrad zum Training fahren.

Drei Testspiele mit drei Halbzeiten von Dir und viel Training: Wie ist dein erster Eindruck vom FCH? Ich habe mich sehr gut eingelebt, die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenomme­n. Es ist eine super Truppe. Wir trainieren sehr intensiv. Es ist normal, dass die Beine in der Vorbereitu­ng schwer sind. Auf dem Platz wird es immer besser. Aber ich merke schon, dass mir die Spielpraxi­s fehlt. Wenn man eine zweijährig­e Leihe macht, ist es auch wichtig, dass man ein gutes Gefühl beim Trainer hat. Das hatte ich von Anfang an.

Dein neuer Trainer Frank Schmidt verkörpert den FCH wie kein Zweiter. Wie bekannt ist Dir der Verein aus der Ferne?

Der 1. FC Heidenheim ist seit Jahren in der 2. Liga präsent – und wenn man die 2. Liga wie ich des Öfteren geschaut hat, sah man die Spiele des FCH immer wieder mal. Und zum Beispiel hatte ich auch das DFB-Pokalspiel gegen Bayern (4:5 im Viertelfin­ale im April 2019, Anm. d. R) noch im Kopf.

Wie hast Du die Spiele wahrgenomm­en?

In den Spielen hat man es gesehen und jetzt, wo ich ein Bild von dem Verein habe, merke ich auch: Viel Arbeit und Leidenscha­ft. Als der Kontakt zustande kam, hatte ich ein sehr positives Gefühl. Es ist eine sehr gute Adresse, gerade auch für junge Spieler. Hier wird profession­ell in einem ruhigen Umfeld gearbeitet. Heidenheim und den Süden hatte ich noch nicht gekannt. Wolfsburg ist auch keine Metropole. Ich komme ja gebürtig aus Magdeburg, da ist mehr los. Ich bin aber kein Typ, der die Großstadt braucht. So wie in Heidenheim ist es gut. Da kann man sich mehr auf den Fußball konzentrie­ren.

„Arbeit-Fußball-Leidenscha­ft“ist der Markenclai­m des VfL Wolfsburg. Passt ja irgendwie auch zu Heidenheim, auch eine Industries­tadt im Grünen. Und Frank Schmidt hat mal gesagt: Wir müssen so Fußball spielen wie die Menschen hier arbeiten.

Ja, genau. In Wolfsburg ist es der Bezug zum VW-Werk. Und hier sind es die Unternehme­n Voith und Hartmann. Die Berührungs­punkte sind schon da.

Wie willst Du arbeiten?

Mein Plan ist, dass ich Gas gebe und mich hier entwickeln kann. Dafür habe ich zwei Jahre Zeit. Ich will gesund bleiben, dass ich ganz wichtig, damit man sein Potenzial ausschöpfe­n kann. Ich möchte in den beiden Jahren möglichst viele Spiele machen.

Das war in Wolfsburg nicht gegeben. Du hast mehr in der Regionalli­ga-Mannschaft gespielt, warst zwar oft an Spieltagen im Kader der Bundesliga-Mannschaft, kamst aber nur zu einem Einsatz. Gestandene Profis wie John Brooks, Maxence Lacroix und Marin Pongracic standen vor Dir. Wie kam es zur Leihe nach Heidenheim?

An der personelle­n Situation hätte sich in Wolfsburg in der kommenden Saison nicht viel geändert. Da muss man realistisc­h sein, dass es die beste Option war, etwas anderes zu machen. Der VfL spielt in der nächsten Saison in der Champions League. Die Mannschaft hat es sehr gut gemacht in der letzten Saison. Das Niveau ist sehr hoch. Als ich mit VfLSportdi­rektor Marcel Schäfer geredet habe, sagte er: Du kannst auch gerne hierbleibe­n. Aber es war klar, dass es das Beste ist, etwas anderes zu machen. Es geht nichts über Spielpraxi­s.

Und in der 2. Liga warten tollen Spiele. In dieser Saison wird es die bisher stärkste 2. Liga aller Zeiten. War das auch ein Anreiz, dorthin zu wechseln?

Die Liga ist geil! Was man da für Spiele hat! Das Niveau ist extrem hoch. Da muss man schon alles geben. Da freue ich mich darauf, wenn ich zum Beispiel an die Auswärtssp­iele in Bremen, Dresden oder Rostock denke. Aber auch auf die Heimspiele, das ist schön wenn wir bei uns in der Voith-Arena wieder Zuschauer haben dürfen. Darauf bin ich sehr gespannt. Das ist ein enges Stadion, das kann schon ein kleiner Hexenkesse­l werden, wenn die Bude bebt.

Wie schätzt Du die Rolle des FCH in seiner achten Zweitliga-Saison ein?

Das ist schwer zu sagen. Wichtig ist, dass wir erst einmal die 40 PunkteMark­e erreichen und dann schauen, was noch möglich ist. Bei uns ist vieles möglich. Ich denke, wir werden eine gute Rolle spielen. Ich bin positiv gestimmt. Natürlich wollen wir alle Spiele gewinnen – wichtig ist, dass wir alles dafür geben.

Wie schätzt Du deine Rolle ein?

Ich sehe meine Stärken im Spielaufba­u, anzudribbe­ln, Mut zu haben, Diagonalbä­lle spielen, was auch immer wieder der Plan ist. In der Dreierabwe­hrkette links fühle ich mich wohl. Mit Patrick Mainka und Oliver Hüsing passt es sehr gut. Das ist super, wenn man Spieler neben sich hat, die erfahren sind. Mit dem System in einer Dreier- beziehungs­weise Fünferkett­e komme ich sehr gut klar. Aber auch als Innenverte­idiger in der Viererkett­e. Beide Systeme habe ich lange in Wolfsburg gespielt.

Dein Vater Frank war auch ein guter Fußballer, spielte seinerzeit in der DDR-Oberliga für den 1. FC Magdeburg. Jetzt hat er es weiter, sich deine Spiele anzuschaue­n. Wie bewertet er deinen Wechsel? Er findet den Wechsel gut. Er hat gesagt, dass es guter Schritt ist, um Spielpraxi­s zu sammeln. Und da viele Spiele im Norden sind, kann er auch mit weniger Fahrzeit zum Zuschauen

hinfahren (lacht).

Wie sind deine Kontakte nach Wolfsburg?

Aus der Mannschaft ist Xaver Schlager ein enger Freund geworden, aber auch Maximilian Arnold, mit dem ich mich immer gut verstanden habe und mit dem ich regelmäßig telefonier­e. Aber ich habe auch außerhalb der Mannschaft gute Freundscha­ften geschlosse­n.

Schlager und Arnold sind beide Nationalsp­ieler vom VfL. Du warst U 20-Nationalsp­ieler. Wie siehst du die Zukunft, beispielwe­ise hinsichtli­ch der U21-Nationalma­nnschaft? In Heidenheim wurde das zuletzt Niklas Dorsch.

Wenn die Leistungen passen, kann man sich immer empfehlen. Es wäre mir immer wieder eine Ehre, zur Nationalma­nnschaft eingeladen und zu werden und zu spielen. Wichtig ist, dass ich meine Leistung bringe, dann kommt das andere von ganz alleine. Dann bist du auch beim DFB im Blickfeld. „Dorschi“hatte ja zwei gute Jahre in Heidenheim.

 ?? FOTO: MICHAEL MEMMLE/EIBNER PRESSEFOTO/IMAGO IMAGES ?? Viel Training: Tim Siersleben (Mitte) bereitet sich mit dem FCH im Trainingsl­ager in Österreich vor.
FOTO: MICHAEL MEMMLE/EIBNER PRESSEFOTO/IMAGO IMAGES Viel Training: Tim Siersleben (Mitte) bereitet sich mit dem FCH im Trainingsl­ager in Österreich vor.

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