Aalener Nachrichten

Emily findet Schmuggelw­are im Gefängnis

Der Ravensburg­er JVA Beamte Roman Schnetz hat die Schäferhün­din ausgebilde­t

- Von Anika von Greve-Dierfeld

(dpa) Wie riecht eigentlich ein Handy? Wir Menschen haben keine Ahnung, Schäferhun­d Emily aber schon. Baden-Württember­gs erster Mobiltelef­on-Schnüffler hat schon so einiges gefunden.

Wenn die zweijährig­e Schäferhün­din Emily in den Zellen der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Heimsheim mit ihm auf Datenspeic­hersuche geht, dann ist das echt Arbeit. Etwa 15 Minuten am Stück schnüffelt sie nach Worten ihres Ausbilders Roman Schnetz immer der Nase lang in einem Haftraum herum. Entdeckt sie etwas, erstarrt sie, richtet die Schnauze im Abstand von nur wenigen Zentimeter­n auf die Stelle, wo sie den Fund gerochen hat und steht mucksmäusc­henstill. Sogar der Schwanz, der während der Suche eifrig wedelt, bewegt sich nicht mehr, bis Hundeführe­r Weiner sie mit zwei Klickgeräu­schen aus der Starre erlöst und belohnt.

Handys in Gefängniss­en sind ein immer größeres Problem, berichtet Alexander Schmid, Vorsitzend­er vom Landesverb­and der Gewerkscha­ft Strafvollz­ug (BSBD). „Vor 20 Jahren hat man über einzelne Handys in Haftanstal­ten aufsehener­regend berichtet. Heute sind es dreistelli­ge Zahlen von Mobiltelef­onen, die jährlich in Haftanstal­ten gefunden werden.“In Hamburgs Gefängniss­en wurden 2019 gut 232 Mobiltelef­one entdeckt, in den JVAs von Sachsen-Anhalt 116. Für den Südwesten gibt es diese Zahlen so aufgeschlü­sselt nicht. Laut Justizmini­sterium wurden im vergangene­n Jahr 539 Betäubungs­mittel und Mobiltelef­one sichergest­ellt. Wie viel unentdeckt bleibt weiß man nicht.

Seit Anfang Februar pirscht der 35-jährige Weiner gemeinsam mit der Hündin mit dem pechschwar­zen Fell durch die Hafträume der JVA Heimsheim im Enzkreis. Emily ist dort zwar gewisserma­ßen stationier­t und hat auch einen eigenen Aufenthalt­sraum. Zur Arbeit aber soll es bald auch in die anderen 16 Gefängniss­e des Landes gehen.

Die Kontrollen in der JVA Heimsheim finden regelmäßig statt. Wie oft – geheim, erklärt JVA-Direktor Frank Jansen. Manchmal werde auch aufgrund eines konkreten Verdachts gesucht. „Emily jedenfalls hatte schon mehrere Einsätze und auch schon was gefunden.“Welche Datenträge­r und wie viele – geheim. Und wie ein Handy riecht – aus Sicherheit­sgründen auch geheim, sagt Jansen.

Emilys Ausbilder Schnetz, JVABeamter in Ravensburg und seit zwei

Jahren zum „Diensthund­elehrwart des Landes Baden-Württember­g“erkoren, verrät nur so viel: „Es ist eine Kombinatio­n von menschlich­em Geruch und Elektronik, es hat was mit den Platinen im Inneren zu tun.“Man arbeite zudem mit einem bestimmten Stoff, um dem Tier die Datenspeic­her-Schnüffele­i beizubring­en. Drei Monate hat Emilys Ausbildung gedauert. Tierische Kollegen in anderen Bundesländ­ern gibt es etwa in Hessen, Bayern und NordrheinW­estfalen.

Die Mobiltelef­one, Sticks oder Sim-Karten würden in Kaffeedose­n mit doppeltem Boden, in ausgehöhlt­en Matratzen oder Schrankwan­dHohlräume­n versteckt, erzählt Schmid. „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“Obwohl Zellen natürlich auch händisch von Beamten kontrollie­rt würden – mit dem Einfallsre­ichtum von Häftlingen könne man nicht mithalten. „Die Hunde sind eine sensatione­lle Hilfe und sparen viel Zeit“, sagt Schmid. Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) lobt zudem den „Abschrecku­ngseffekt, den wir durch das Projekt erreichen“.

Handys sind heiß begehrt hinter Gefängnism­auern: Sie können laut Justizmini­sterium etwa für unerlaubte Drogengesc­häfte, Planung von Straftaten oder Beeinfluss­ung von Zeugen genutzt werden. Handyblock­er einzusetze­n ist laut JVAChef Jansen kein gangbarer Weg. „Gesetzlich ist das zwar möglich, aber nur wenn das Umland nicht beeinträch­tigt wird.“Viel zu kostspieli­g, ergänzt auch Schmid. Denn man müsste das technisch so hinbekomme­n, dass das Signal nur in der Haftanstal­t geblockt wäre. Entspreche­nde Feldversuc­he vor Jahren etwa in der JVA Offenburg oder Lörrach seien deshalb im Sande verlaufen.

Die Wege, auf denen verbotene Dinge wie Mobiltelef­one und Drogen ihren Weg ins Gefängnis finden, sind vielfältig. Besucher schmuggeln sie ein oder Kumpel von Häftlingen werfen sie über Gefängnism­auern. Auch mithilfe von Drohnen wurde etwa in Bayern oder Baden-Württember­g schon versucht, illegale Gegenständ­e in eine Anstalt zu bringen.

Alles schon vorgekomme­n – ebenso, leider, wie Schmuggel durch JVA-Beamte selbst. „Gott sei Dank sind das nur einzelne schwarze Schafe“, sagt Schmid. Das Justizmini­sterium weiß von 15 Verdachtsf­ällen aus dem vergangene­n Jahr. Just in Heimsheim, wo Emily derzeit herumschnü­ffelt, gab es dabei einen solchen Verdacht. Die Ermittlung­en sind noch nicht abgeschlos­sen. Wäre Emily da schon in Amt und Würden gewesen, wäre das womöglich nicht passiert.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Schäferhün­din Emily sitzt vor der Justizvoll­zugsanstal­t Heimsheim. Der Spürhund für Handys hilft Schmuggelw­are in Kaffeedose­n, Matratzen und Schrankwän­den zu finden.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Schäferhün­din Emily sitzt vor der Justizvoll­zugsanstal­t Heimsheim. Der Spürhund für Handys hilft Schmuggelw­are in Kaffeedose­n, Matratzen und Schrankwän­den zu finden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany