Zurück ins Büro
Die Infektionszahlen sinken, die Homeoffice-Pflicht ist ausgelaufen – Was jetzt für Beschäftigte gilt
Bundesnotbremse? Homeoffice-Pflicht? Corona-Arbeitsschutzverordnung? Wie war das noch mal? Seit Anfang Juli gelten wieder neue Regeln. Was Beschäft, die bisher im Homeoffice gerabeitet haben, jetzt wissen müssen:
Müssen jetzt alle wieder zurück ins Büro?
„Wenn man es auf einen einfachen Nenner bringen möchte, dann lautet die Antwort ,ja’“, bewertet Rechtswissenschaftler André Niedostadek die Lage. Die Homeoffice-Pflicht war eine an die Bundesnotbremse gekoppelte Sonderregelung. Und sie war nur für einen begrenzten Zeitraum gedacht, nun sei die Pflicht nach dem Infektionsschutzgesetz „passé“.
„Ein bisschen ist es wie beim Spiel Monopoly: Da gibt es ja auch die Karte ,Gehe zurück auf Los’. Und so heißt es ;Gehe zurück ins Büro’, wenn Unternehmen diese Karte ziehen“, so der Arbeitsrechtsexperte von der Hochschule Harz.
Uneingeschränkt gilt das aber nicht. Unternehmen können das Arbeiten im Homeoffice auf freiwilliger Basis weiter ermöglichen. Da, wo es vor Corona schon eine Homeoffice-Vereinbarung gab, sei diese auch nach wie vor wirksam, so Niedostadek.
Der Rechtswissenschaftler weist darauf hin, dass Beschäftigte nicht einfach ohne Grund dem Büro fernbleiben und weiter im Homeoffice arbeiten sollten. „Man riskiert gegebenenfalls eine Abmahnung oder sogar die Kündigung.“ verlängert. Es kann demnach sein, dass Beschäftigte nicht ins Büro zurückkehren können, selbst wenn sie das wollen. „Etwa, weil es einfach zu eng ist. Viele Unternehmen sind aber dabei, Regelungen zu schaffen, die den Interessen der Beschäftigten gerecht werden“, so Niedostadek.
Welche Corona-Regeln gelten dann jetzt am Arbeitsplatz?
Die Corona-Arbeitsschutzverordnung schreibt weiterhin bestimmte Regeln vor, um den Infektionsschutz sicherzustellen. Dazu gehört laut Niedostadek zum Beispiel, dass Beschäftigten, die nicht zu Hause, sondern vor Ort arbeiten, nach wie vor zwei Tests pro Woche anzubieten sind.
Das gelte jedenfalls dann, wenn sich der Infektionsschutz nicht auch anders gewährleisten lässt. „Hier kommen die landläufigen 3G-Regeln ins Spiel, die auch für andere Einrichtungen wie Restaurants gelten, also neben getestet auch genesen und geimpft.“
Vieles hänge von den Begebenheiten vor Ort in den Unternehmen ab. „Dazu ist eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, um etwaige Schutzmaßnahmen treffen zu können.“Das kann sich dann beispielsweise auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Pausenund Arbeitszeiten oder auch den Mund-Nase-Schutz sowie anderes mehr auswirken. Leitlinie seien weiterhin die Kontaktreduzierung und die betrieblichen Hygienekonzepte.
Viele Unternehmen arbeiten mit einem Wechselmodell. Muss ich meinen Schreibtisch jetzt teilen? Ein Recht auf einen eigenen Schreibtisch oder sogar ein eigenes Büro haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer laut Niedostadek in der Regel nicht. Gerade, wenn man nicht mehr jeden Tag im Büro ist, habe man vielleicht nur noch einen Rucksack mit wichtigen Utensilien und werde sich dann einen Arbeitsplatz teilen oder an dem Tag schauen, wo sich ein freier Platz findet. Das ist auch als Desksharing bekannt, also geteilte Schreibtische.
Wie sieht es mit dem Arbeitsplatz zu Hause aus: Muss der nicht vom Arbeitgeber vollständig eingerichtet werden? Hier muss man zwischen Homeoffice und Telearbeit unterscheiden. Telearbeitsplätze seien ausführlicher geregelt und im Prinzip fest eingerichtete Bildschirm-Arbeitsplätze, erklärt Niedostadek. „Auf Telearbeitsplätze gibt es jedoch keinen Anspruch. Das muss zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten vereinbart werden.“Hat man sich geeinigt, dann gelten für Telearbeitsplätze eigene Anforderungen, die in der Arbeitsstättenverordnung näher geregelt sind.
„Auf einem anderen Blatt steht das Homeoffice“, so der Rechtsexperte. „Ein sehr vager Begriff.“Auch das Homeoffice könne ein fester Arbeitsplatz zu Hause sein, was dann einem Telearbeitsplatz entsprechen würde. Gerade in Corona-Zeiten sei aber viel zu improvisieren gewesen. „Viele wurden ja dazu verdonnert und müssen vielleicht zwischen Küchentisch und Couch wechseln. Das ist dann kein klassischer Telearbeitsplatz.“
Dennoch müssen Beschäftigte auch im Homeoffice ihrer Arbeit ordnungsgemäß nachgehen können. Die nötige Ausstattung müssen Arbeitgeber bereitstellen. Genauso gelten eine ganze Reihe von Arbeitsschutzvorschriften. Da gebe es allerdings eine rechtliche Grauzone, da manche Regelungen bislang explizit nur für die klassischen Telearbeitsplätze zutreffen.
Sind nach Monaten Isolation im Homeoffice jetzt Konflikte vorprogrammiert?
Nach der teilweisen oder kompletten Rückkehr aus dem Homeoffice werden die alten sozialen Muster im Umgang sehr schnell wieder aktiv sein, da ist sich Konfliktmanagement-Trainer Timo Müller sicher. „So, als sei man nie fortgewesen.“
Die Freude, der Isolation entkommen zu sein, werde manchem Team kurzfristig eine positive Dynamik geben. Das kann manche Konflikte sogar vergessen machen, so der Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (Ikuf ). Er gibt aber zu bedenken, dass andere nun wieder direkt auf ihre Konfliktgegner treffen. Er sieht auch, dass Konflikte zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Onlinerahmen wenig oder gar nicht ausgetragen wurden, nun „nachgeholt“werden.
Müller empfiehlt Führungskräften grundsätzlich, das Gespräch mit ihren Mitarbeitern zu suchen, um diese sehr spezielle Zeit der Rückkehr gut zu begleiten. Es brauche „tendenziell mehr Beziehungsarbeit“als vor der Pandemie, so der Trainer.
Ich bin mit der aktuellen Situation nicht zufrieden. Wie sage ich es meiner Führungskraft?
Wichtig ist laut Trainer Timo Müller an dieser Stelle, wie es mit der Feedback-Kultur im Team oder der Abteilung generell bestellt ist. Teams und Abteilungen, in denen bereits zuvor offen angesprochen wurde, wenn etwas als störend erlebt wird, haben Müller zufolge „gute Karten“. Wo konstruktive Kritik eher nicht üblich ist, kann es schwerer werden.
Müller rät, in Gesprächen mit der Führungskraft Raum dafür zu schaffen, über Interessen und Konflikthaftes ins Gespräch zu kommen: Welche Bedürfnisse und Wünsche habe ich als einzelner Beschäftigter? Führungskräfte, die das bislang noch nicht getan hätten, seien gefragt, auch aktiv bei den Beschäftigten nachzuhören. (dpa)