RTL lässt TV-Studio in Amsterdam nach Drohungen räumen
(dpa) - Erst ein Mordanschlag gegen einen niederländischen Rporter, dann Drohungen gegen ein Fernsehstudio. Ein Anwalt spricht von Psychoterror und wirft die Frage auf, ob niederländische Medien Schutz der Armee brauchen.
Wenige Tage nach dem Mordanschlag auf den niederländischen Kriminalreporter Peter R. de Vries ist in Amsterdam eine Fernsehsendung wegen Drohungen abgesagt worden. Das Studio im Zentrum der niederländischen Hauptstadt sei am Samstag aus Sicherheitsgründen geräumt worden, teilte der Sender RTL mit. De Vries war am Dienstagabend vor dem Studio auf offener Straße niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden, nachdem er in der Live-Sendung „RTL Boulevard“aufgetreten war.
Ein Behördensprecher erklärte, es sei eine ernst zu nehmende Drohung gegen die Sendung eingegangen. Justizminister Ferd Grapperhaus sagte, es seien „sichtbare und auch unsichtbare Maßnahmen“ergriffen worden. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Der mit De Vries befreundete Rechtsanwalt Peter C. Schouten, schrieb in einer Reaktion auf Twitter: „Vielleicht wird es Zeit, Einheiten der Armee oder der Königlichen Gendarmerie einzusetzen, um Medienunternehmen vor Psychoterror zu schützen.“Der Anwalt steht in einem großangelegten Prozess gegen eine Drogenbande dem Kronzeugen bei, den De Vries bislang als Vertrauensperson beriet.
Medien berichten, dass der Gesundheitszustand des Reporters weiterhin kritisch sei. Derweil bekam dessen Sohn Royce de Vries großen Zuspruch nach der Veröffentlichung eines älteren Familienfotos, das ihn mit seinem Vater zeigt: Tausende Menschen markierten das am Samstag auf Twitter veröffentlichte Bild mit „Gefällt mir“. Einen Tag danach stand der Zähler auf rund 36 000 Likes, zudem wurde das Foto mehr als eintausend Mal weitergeleitet.
Kurz nach dem Anschlag waren zwei Männer festgenommen worden. Ein 21-jähriger Rotterdamer soll der Schütze sein. Ein 35 Jahre alter Pole mit Wohnsitz im Dorf Maurik im Südosten der Niederlande soll das Fluchtauto gefahren haben. Die Untersuchungshaft der beiden Tatverdächtigen wurde am Freitag um zunächst zwei Wochen verlängert. Die Polizei nannte bislang keine Einzelheiten über Hintergründe oder Motive des Anschlags. Weithin gehen Niederländer davon aus, dass das organisierte Verbrechen dafür verantwortlich ist.