„Wir brauchen weiterhin qualifiziertes Personal“
Markus Frei hat sein erstes Jahr als Vorstandsvorsitzender der KSK Ostalb mitten in der Pandemie erlebt
- Ein Jahr nun ist Markus Frei Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Ostalb. Am 1. Juli 2020 trat er die Nachfolge von Andreas Götz an, inmitten der ersten beiden Lockdowns während der Corona-Pandemie. Es gibt sicherlich bessere Zeitpunkte. Wie er den Start dennoch gemeistert hat, was sich in diesem Jahr alles getan hat und was er 2026, nach seiner ersten Amtszeit gerne über sich lesen würde, verriet Frei im Gespräch mit Redaktionsleiter Timo Lämmerhirt.
Kann man nach solch einem Jahr davon sprechen, dass man sich eingelebt hat?
Eingelebt ja, gefestigt dauert aber sicher noch einige Zeit. Der Wechsel im Vorstandsvorsitz verlief reibungslos und gut. Sonderfaktor war sicherlich die Pandemie, die dazwischenkam. Normale Gepflogenheiten wie Veranstaltungen und Termine, die sonst in Präsenz stattfinden, fielen aus. Das war schon ein besonderes Jahr plus die Reaktionskette, die die Pandemie ausgelöst hat im Außenverhältnis zu den Kunden, im Innenverhältnis zu den Mitarbeitern. Angekommen bin ich, freue mich nun aber auf die Normalisierung, sodass ich wirklich ein normales Jahr haben kann.
Zwischen zwei Lockdowns sind Sie in Ihre Amtszeit gestartet. Einen schlechteren Zeitpunkt gibt es wohl kaum. Inwieweit konnten Sie überhaupt Ihren normalen Aufgaben nachgehen?
Termine im Kalender fanden plötzlich nicht mehr in Präsenz statt. Wer mich kennt, der weiß, dass ich den persönlichen Kontakt liebe. Natürlich habe ich mich gefragt, ob dieser Wechsel nun wirklich in dieser Pandemie sein muss. Aber es war ja alternativlos. Es war von Vorteil, dass mir ein Grundvertrauen in jeglicher Hinsicht entgegengebracht wurde. Ich bin seit 47 Jahren in der Region, 25 Jahre im Unternehmen. Man kennt die Kundenseite, man kennt die Mitarbeiter im Haus. Na klar kann man mit dem Zeitpunkt hadern, ich aber habe es relativ schnell abgehakt – und ganz wichtig: wir sind bisher relativ gut durch die Pandemiezeiten gekommen.
Stichwort Digitalisierung. Wie weit ist die Kreissparkasse in diesem Punkt derzeit? Sie sprachen einmal davon, dass die Pandemie als Katalysator gewirkt habe. Ja, der Katalysatoreffekt trat an zwei Stellen auf, zum einen beim Kunden, aber auch in unserem Innenverhältnis.
Zum Glück hatten wir Ende 2019 eine komplett neue digitale Beratungseinheit als Pilotprojekt etabliert. Wir hatten identifiziert, dass ein gewisser Teil unserer Kunden bereits vor der Pandemie recht onlineaffin war und haben daher die digitale Beratung aufgebaut. Da hatten wir glücklicherweise eine Lernkurve bereits vor der Pandemie, was den beschleunigten Ausbau der digitalen Beratung während der Pandemie deutlich erleichtert hat. Das hieß für uns: Mehr Kunden in der digitalen Beratung, aber auch mehr Kunden in der telefonischen Beratung. Im Kundenkontakt war es eine Herausforderung, welches digitale System nun benutzt werden soll.
Alles wird digitaler, aber kann man auf den persönlichen Kundenkontakt überhaupt verzichten?
Wir haben einen Weitblick auf 2030 gerichtet. Unsere Erkenntnis: Der Digitalanteil wird sich sicherlich noch einmal erhöhen. Deshalb bieten wir unseren Kunden schon seit längerem das vollständige Multikanal-Banking und damit die Möglichkeit, alle Bankgeschäfte persönlich in der Filiale oder digital abzuwickeln – ganz nach Wunsch und persönlichen Bedürfnissen. Alles, was digital ist, muss einfach, schnell, sicher und bequem gehen. Den kompletten Verzicht auf die persönliche Ebene kann ich mir aber nicht vorstellen.
Da gibt es ohnehin aktuell eine Rückbesinnung. Eine Art umgekehrter Katalysatoreffekt: Die persönliche Begegnung hat wieder einen deutlichen Mehrwert. 2030 wird es also beides geben.
Man hörte zuletzt immer wieder von Bankschließungen. Kann man das schon Bankensterben nennen? Bankensterben ist relativ. Es findet derzeit schon eine Konzentration statt. Diese hat aber nichts mit Corona zu tun, sondern resultiert aus dem Niedrigzinsumfeld heraus. Es wird für Kreditinstitute, ganz gleich welche Farbe sie haben, immer schwieriger, ordentliche Erträge aus der Zinsseite zu generieren. Dadurch müssen teilweise Verdichtungen stattfinden, weil die Betriebsergebnisse
schrumpfen. Diese Konzentrationseffekte werden sicherlich noch eine Zeit lang anhalten, weil wir bei der Zinssituation keine Wende sehen. Auch sehen wir in diesem Jahr eine Inflation zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. 2022 sollte die Inflationsrate dann aber wieder auf ein normales Niveau zwischen 1,5 und 2 Prozent zurückkehren.
Wieso hörte man nichts von FilialSchließungen bei der KSK Ostalb? Wir haben 2018/2019 bereits den Multikanal-Ansatz gewählt. Und jetzt erscheint es uns sinnvoll, erst einmal die Pandemie abzuwarten und zu schauen, wie sich das Kundenverhalten weiter entwickelt. Unsere Erkenntnis bislang ist: Das digitale Angebot ist wichtig und wird angenommen, aber der Kundenwunsch nach persönlicher Beratung ging nach den jeweiligen Lockdowns wieder eins zu eins hoch. Dienstleistungen auf persönlicher Ebene werden wieder nahezu auf Vorpandeminiveau nachgefragt – diese Erkenntnisse gilt es, auszutarieren und zu schauen, wie es sich in den kommenden Jahren entwickelt und ob es weitere Auswirkungen auf das Filialnetz hat. Stand jetzt gibt es keine Erkenntnis, dass bei uns mittelfristig weitere Anpassungen erforderlich sind.
Hört sich so an, als müssten sich die Mitarbeiter aktuell keine Sorgen machen, was betriebsbedingte Kündigungen angeht?
Spannend war für uns zuletzt: Wie attraktiv bist du als Bank beziehungsweise Sparkasse? Aber auch: Wie wirst du als Arbeitgeber wahrgenommen? Wir waren bei den Top-100-Arbeitgebern, haben viel in die Mitarbeiter investiert, beispielsweise in die Aus- und Weiterbildung. Wir hatten auch schon rückläufige Bewerberzahlen auf unser Ausbildungsangebot. Während der Krise stieg dann aber wieder die Bewerberanzahl. Hier scheint sich ein Wandel vollzogen zu haben. Wir brauchen weiterhin qualifiziertes Personal. Wir brauchen es in der digitalen Beratung, neben der persönlichen und sozialen Kompetenz muss hier dann noch die Medienkompetenz mit reinspielen. Die Anforderungen an den Arbeitsplatz wandeln sich. Wenn man bis 2030 denkt, dann sollte man nicht einseitig Personalabbau planen, sondern vielmehr kreativ versuchen, die Geschäftsmodelle zu erweitern.
Das könnte also auch bedeuten, dass die Entwicklung dahin gehen wird, dass man nicht nur den klassischen Bankkaufmann bei der Kreissparkasse erlernen kann, sondern in ganz anderen Sparten einsteigen könnte?
Ja, zum Teil haben wir damit schon begonnen. Im vergangenen Jahr haben wir bereits eine Ausbildungsstelle „E-Commerce“besetzt, um den digitalisierten Bereich mit reinzunehmen. Da können durchaus noch andere Ausbildungsplätze dazukommen. Wir bilden auch einen Informatikkaufmann aus, an der Schnittstelle zu unserem IT-Bereich.
2026 endet ihre erste Amtszeit als Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Ostalb. Was würden Sie zu diesem Zeitpunkt gerne für eine Überschrift in der Zeitung lesen? (lacht) Eine sehr gute Frage. (überlegt). Die Sparkasse ist gut gerüstet für die Zukunft, weiterhin Finanzdienstleister Nummer eins in der Region, sowohl auf der persönlichen als auch der digitalen Seite. So ungefähr könnte ich mir die Überschrift vorstellen (schmunzelt).