Erlösung für Messi
Das Warten des Superstars auf einen großen Titel mit der Nationalmannschaft hat ein Ende
(dpa) - Der lang ersehnte Erfolg mit dem Nationalteam rührte Lionel Messi zu Tränen. Ergriffen kniete der argentinische Superstar nach dem 1:0 (1:0) im Finale der Copa América über Brasilien auf dem Rasen des Maracanã-Stadions und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Wenig später ließen ihn seine Mitspieler auf ihren Schultern hochleben, als der Pokal anschließend präsentiert wurde, brachen alle Dämme. „Was für ein schöner Wahnsinn. Das ist unglaublich“, kommentierte der 34-Jährige den ersten Gewinn einer bedeutenden Trophäe im Nationaltrikot. „Ich glaube, dass sich Gott diesen Erfolg für mich aufgehoben hat – in einem Finale gegen die Brasilianer in ihrem Land.“
Dank des Siegtreffers von Ángel Di María (Paris Saint-Germain) in der 21. Minute der Partie ging für Messi ein Traum in Erfüllung. Nach zuvor vier verlorenen Endspielen gab es endlich Grund zum Jubeln. Wie von Lasten befreit umarmte der Weltklassestürmer zahlreiche Teamkollegen und Trainer Lionel Scaloni. Die wenigen argentinischen Fans auf den Tribünen bedachte er mit Handküssen. „Ich war früher traurig. Aber ich wusste, dass es irgendwann passieren würde“, schwärmte Messi.
„Ich hatte noch keinen glücklicheren Moment als diesen.“
Argentinien, für das in der Schlussphase der Leverkusener Exequiel Palacios und der vom VfB Stuttgart nach Italien zum AC Florenz abwandernde Nicolás González zum Einsatz kamen, zog mit nun 15 CopaTitel mit Rekord-Champion Uruguay gleich. „Champion im Hof des Feindes“, kommentierte „La Nación“und feierte Messi: „Es ist passiert. Er weint, ist ungläubig und bewegt. Er fliegt durch den Himmel von Rio, angetrieben von seinen Mannschaftskameraden, die seit frühester Kindheit um die Niederlagen ihrer Mannschaft geweint haben müssen.“Nicht minder pathetisch formulierte es „Olé“: „Dieses Gesicht sagte alles. Jenseits der Schutzmaske war das Glück Tausende Kilometer weit zu sehen. Die Freude Lionel Messis ist die Freude von Millionen von Argentiniern.“
Nach dem Abpfiff strömten rund um den Obelisken im Zentrum der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires Tausende Fans zusammen, um den Triumph von Rio zu feiern. Sie schwenkten Flaggen und skandierten „Champion, Champion“. „Danke Messi, das werden wir dir nicht vergessen“, sagte ein Fan im Fernsehsender TN. Ein anderer trug seinen Sohn auf den Schultern. „Für ihn ist es das erste Mal, dass wir Meister sind“, sagte der Vater. „Trotz allem, mit dem wir gerade zu kämpfen haben, können wir nun etwas feiern. Es ist der Wahnsinn. Es ist so schön.“
Im rund 2000 Kilometer entfernten Rio sprach Messi noch auf dem Platz via Telefon mit seiner Familie, nachdem er die Copa-América-Trophäe in Empfang genommen hatte. Dabei hielt er die goldene Medaille in die Kamera und rief: „Ich habe gewonnen, ich habe gewonnen.“
Die letzte Lücke in der imposanten Karriere des sechsmaligen Weltfußballers ist damit geschlossen. Denn bei aller Genialität war ihm ein historischer Sieg mit der Albiceleste bisher verwehrt geblieben. Die im Fußball nicht wirklich bedeutsame Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und der U20-Weltmeistertitel 2005 wurden seinen Ansprüchen nicht gerecht. Aus Frust über die Erfolglosigkeit hatte er am 26. Juni 2016 gar seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt, nachdem Argentinien das Endspiel der Copa América erneut gegen Chile im Elfmeterschießen
Lionel Messi
verloren und Messi dabei einen Elfmeter verschossen hatte. Sein Rücktritt vom Rücktritt nur wenige Monate später sorgte für landesweite Erleichterung.
Der Sieg beendete Argentiniens 28 Jahre währende Durststrecke im Fußball seit dem Copa-Gewinn von 1993. Dazu trug Messi mit vier Toren und fünf Vorlagen maßgeblich bei. Zusammen mit Brasiliens Superstar Neymar wurde er zu den besten Spielern der Südamerika-Meisterschaft gewählt. In jeder Partie hätten sie ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt, die sie zu Spielern mit technischer und taktischer Qualität sowie mit Intelligenz mit und ohne Ball machten, teilte eine Expertenkommission des südamerikanischen Fußballverbandes Conmebol mit. „Es ist unmöglich, nur einen besten Spieler zu küren, denn dieses Turnier hat zwei beste Spieler“, hieß es.
Ähnlich euphorisch wie Messi feierte Siegtorschütze Di Maria den Triumph über den Erzrivalen. „Wir haben so sehr davon geträumt, das zu erreichen“, sagte der Angreifer. Im Rausch des Sieges nahm der 33-Jährige den nächsten Coup ins Visier – und verschwendete keinen Gedanken an einen Rücktritt: „Das reicht, um hier weiterzumachen. Die Weltmeisterschaft steht kurz bevor. Das ist ein großer Schub“, sagte er mit Blick auf die WM Ende 2022 in Katar.
„Ich hatte noch keinen glücklicheren Moment als diesen.“