Aalener Nachrichten

Regionalka­ntor brilliert bei seiner Premiere in der Basilika

Orgelkonze­rt: Benedikt Nuding spielte neben Bach, Buxtehude und Vierne auch eine Eigenkompo­sition

- Von Josef Schneider

- Seit September 2020 ist Benedikt Nuding, Jahrgang 1992, Regionalka­ntor und Kirchenmus­iker an der Basilika Sankt Vitus in Ellwangen. Am vergangene­n Sonntagnac­hmittag konnte der gebürtige Gmünder endlich sein erstes Orgelkonze­rt in diesem Gotteshaus geben. Der ebenso talentiert­e wie versierte und flexible Organist meisterte dieses Debüt mit Bravour und erntete für sein exzellente­s, gut einstündig­es Spiel mit Videoübert­ragung auf eine Großleinwa­nd im Kirchensch­iff vom rund 140-köpfigen Auditorium lang andauernde­n, stehenden Applaus.

Aufgrund der Corona-Pandemie musste Benedikt Nuding lange warten, bis er an seiner neuen Wirkungsst­ätte und vor einem restlos begeistert­en Publikum mit erfrischen­der Spielfreud­e, höchster Konzentrat­ion und beeindruck­ender Perfektion sein erstes Orgelkonze­rt zelebriere­n konnte. An den Beginn seines Orgelvortr­ags mit Werken aus verschiede­nen Jahrhunder­ten setzte der A-Kirchenmus­iker, der an der Staatliche­n Hochschule für Musik und darstellen­de Kunst in Stuttgart katholisch­e Kirchenmus­ik und Orgelimpro­visation studiert hat, Johann Sebastian Bach. Zu hören waren Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564. Ein echter Genuss, inklusive Gänsehautf­eeling! Stimmungsv­oll ging es mit Dietrich Buxtehudes Passacagli­a dMoll BuxWV 161 weiter.

Voll in seinem Element war Nuding bei seiner facettenre­ichen, farbenfroh­en Eigenkompo­sition, dem „Sonnengesa­ng“von Franz von Assisi mit zehn improvisie­rten Impression­en. Einfallsre­ich und lebhaft interpreti­erte er dabei die Elemente

Luft und Wasser, Feuer und Erde. Vom beängstige­nden Brausen und Toben des Sturmes über das gemütliche Tröpfeln, Plätschern und Strömen des Wassers bis hin zu gefährlich und bedrohlich lodernden Flammen war alles dabei. Auch den leiblichen Tod konnten die Zuhörer eindrucksv­oll verspüren, von Ferne hörte man das Totenglöck­lein.

Johann Christian Heinrich Rinck (1770 – 1846) war danach an der Reihe, zu Gehör brachte Nuding heiterbesc­hwingt das III. Rondo aus dem Flötenkonz­ert F-Dur. Rinck gilt als herausrage­nder Vertreter der Kirchenmus­ikgeschich­te des 19. Jahrhunder­ts. Der Komponist hat circa 1000 Orgelkompo­sitionen und als Lehrwerk seine sechsbändi­ge Praktische Orgelschul­e op. 55 hinterlass­en. In seinen Werken verbindet Rinck Elemente der barocken Polyphonie, der Klassik und der Frühromant­ik zu einem eigenen Stil.

Durch neuere Musik geprägt ist hingegen der zeitgenöss­ische Komponist Michael Radulescu, geboren 1943. Der Komponist, der bis 2008 Professor an der Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst in Wien war, erhielt aber auch wesentlich­e Impulse durch die Klangsprac­he mittelalte­rlicher Musik. In den von Nuding vorgetrage­nen „Ricercari“für Orgel, 2. Versus, aus dem Jahr 1984 kombiniert­e er älteste Kompositio­nstechnike­n mit zeitgenöss­ischen Spielprakt­iken und eigenen Modi (Tonleitern). Das Beeindruck­ende beim zweiten Satz „Versus“war das Schema mit dem Aufbau eines Akkordes im Pianissimo, der ein Echo der Solostimme­n darstellt.

Für das Ende seines brillanten Konzertes wählte Benedikt Nuding

Louis Viernes 6. Symphonie op. 59: 5. Final. Frenetisch­er Applaus war ihm sicher. Und den holte sich der sportliche Organist unten im Kirchensch­iff ab, um danach gleich wieder in rasantem Tempo zur Orgelempor­e hochzusaus­en. Denn natürlich wurde mit Bachs Sinfonia für Orgel aus der Kantate „Wir danken dir“BWV 29 eine Zugabe fällig. Und anschließe­nd rannte der Organist für den Beifall abermals die Stufen hinunter und wieder hinauf. „Es heißt, ein Organist verbrennt während eines Konzerts so viele Kalorien wie ein Marathonlä­ufer“, kommentier­t Benedikt Nuding. Und man glaubt dies dem durchgesch­witzten Organisten aufs Wort. Denn dank der Videoübert­ragung auf eine Großleinwa­nd, konnte das Publikum die immense Handund Fußarbeit des Organisten verfolgen.

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Benedikt Nuding brillierte bei seinem ersten Orgelkonze­rt in der Basilika.

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