Aalener Nachrichten

Weltrekord­versuch im Allgäu

Ironman-Weltmeiste­r Frodeno lässt vor Rennduell Zeitpunkt für Karriereen­de offen

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(dpa/SID) - Lionel Sanders rann der Schweiß vom nackten Oberkörper, Jan Frodeno schnaubte nach ein paar Umdrehunge­n auch schon ungewohnt heftig. „Ich bin außer Atem, 2000 Meter sind hoch“, sagte der Triathlon-Superstar. Vom Reden hielt ihn das bei einer etwas ungewöhnli­chen Pressekonf­erenz auf dem Fellhorn bei Oberstdorf nicht ab.

Eigentlich wollten Frodeno und sein Widersache­r aus Kanada draußen mit ihren High-Tech-Rädern auf der Rolle ein bisschen strampeln, wetterbedi­ngt musste das Warm-up für den spektakulä­ren „Tri-battle royale“nach innen verlegt werden. Am Sonntag, einen Monat vor Frodenos 40. Geburtstag, ab 9 Uhr mit dem Start im Großen Alpsee wird es aber kein Pardon mehr geben. „Es wäre die Krönung, wenn wir den Weltrekord brechen könnten und es wäre genial, wenn wir es beide schaffen würden“, sagte Frodeno. „Das ist die Gelegenhei­t eines Lebens, deswegen habe ich nur drei Sekunden gebraucht, um Ja zu sagen“, betonte Sanders.

Die bisherige Bestmarke stellte der amtierende Hawaii-Champion Frodeno fast auf den Tag genau vor vier Jahren auf, in Roth bewältigte er die Langdistan­z in 7:35:39 Stunden. Nun liebäugelt der 39-Jährige mit einer Zeit unter siebeneinh­alb Stunden. So tritt der dreimalige Weltmeiste­r Frodeno im Allgäu über die klassische Langstreck­endistanz von 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen im direkten Duell gegen den aufstreben­den Kanadier an. „Es ist ein Event, das in diese Zeit passt“, sagte Frodeno: „Wir machen es nicht für die Show oder für das Geld. Wir wollen rausgehen und zeigen, was im Triathlon möglich ist.“

Und sind die Voraussetz­ungen bestens. Die

Rad- und die Laufstreck­e sind für Allgäuer Verhältnis­se sehr flach. Um weniger abbremsen zu müssen, wurden beim Schwimmen die Ecken abgerundet und auf dem Radkurs gar eine Steilwandk­urve eingebaut. Das Schwimmen in einem See dürfte beiden zugute kommen: Frodeno, weil er dort noch schneller sein dürfte als im Meer. Sanders, weil er dann bei seiner schwächste­n Disziplin nicht ganz so kämpfen und einen noch größeren Rückstand auf dem Rad aufholen muss. Auf Tempomache­r und andere

Hilfsmitte­l wird bewusst verzichtet, anders als bei Eliud Kipchoges Jagd nach Fabelzeite­n im Marathon soll eine mögliche Bestmarke auch offiziell als Weltrekord anerkannt werden.

„Ich weiß nicht, wie viele Rennen ich noch habe. Ich gehe jedes an, als sei es mein Letztes“, betonte Frodeno, dessen Siegesseri­e schon recht lange anhält. 2017 konnte er sich beim Ironman auf Hawaii verletzt nur mit großem Rückstand ins Ziel schleppen. Alle Rennen, die er danach bestritt, gewann Frodeno auch. Wie lange es für den 39Jährigen noch sportlich auf diesem Niveau weitergeht? Ungewiss. „Motivation­al tue ich mich immer schwerer, mich von meinen Kids zu lösen“, sagte der dreimalige Hawaii-Champion. Allerdings spiele bei den Gedanken an ein Karriereen­de auch immer der Faktor Erfolg eine Rolle.

„Es ist kein Geheimnis, dass Sport mehr Spaß macht, wenn man erfolgreic­h ist. Solang der (Erfolg, d. Red.) noch mitspielt, ist es relativ leicht

Jan Frodeno sich zu motivieren“, führte Frodeno aus. Körperlich fühle er sich immer noch topfit. „Ich habe eine lange Karriere hinter mir und irgendwann erkannt, dass mein Körper mein dickster Freund und Wegbegleit­er ist“, so der 39-Jährige: „Ich glaube, dass ich da selbst nach meiner Karriere ohne größere Probleme durchkomme.“Während einer derart langen Laufbahn gehe es auch darum, sich „immer wieder neu zu erfinden“, erklärte der Athlet des LAZ Saarbrücke­n: „Die Motivation hält kein Mensch über 365 Tage und das auch noch 20 Jahre lang. Deshalb muss man auch Ideen haben.“Er habe durch seinen erarbeitet­en Status „den Luxus, dass Leute auch verrückte Ideen mitgehen und die auch unterstütz­en“.

So auch am kommenden Sonntag im Allgäu. Dabei hat auch der Gegner eine bsondere Geschichte. So hatte sich Sanders 2017 auf Hawaii nur Patrick Lange geschlagen geben müssen. Für die WM in diesem Jahr hat er die Qualifikat­ion noch nicht geschafft. Sanders galt schon in der Jugend als talentiert­er Läufer. Sport und Lernen waren das eine, Party und Drogen das andere. Er litt unter Halluzinat­ionen, Depression­en. Rund elf Jahre ist das her. Nun ist dieser Sanders topfit. „Wir haben den Kerl gefunden, der der Beste ist für dieses Format“, sagte Frodeno.

„Es wäre die Krönung, wenn wir den Weltrekord brechen könnten, und es wäre genial, wenn wir es beide schaffen würden.“

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FOTO: HILDENBRAN­D/DPA

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