Aalener Nachrichten

Schweinepe­st breitet sich aus

Bund will trotzdem an Fleischexp­orten in EU festhalten

- Von Helena Golz

(dpa) - Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um setzt nach dem Ausbruch der Afrikanisc­hen Schweinepe­st bei Hausschwei­nen in Deutschlan­d weiter auf den Fleischexp­ort aus seuchenfre­ien Regionen. Die Möglichkei­t des Handels innerhalb der EU mit Schweinen und Schweinefl­eisch bestehe fort, da die betroffene­n Bestände in denselben Regionen liegen, sagte eine Sprecherin am Wochenende. Das Ministeriu­m habe sich bei der EU erfolgreic­h für ein Konzept eingesetzt, mit dem der Export von Schweinefl­eisch aus Gebieten möglich ist, die frei von Afrikanisc­her Schweinepe­st sind.

Nach dem Auftauchen der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr hatten zahlreiche Staaten außerhalb der EU Schweinefl­eisch-Einfuhren aus ganz Deutschlan­d gestoppt. Am Samstag wurde bekannt, dass in einem dritten Betrieb in Brandenbur­g die Infektions­krankheit grassiert.

- Wer einen Indikator dafür sucht, wie stark sich die Corona-Krise auf das Arbeitsleb­en auswirkt, muss nur eine nächstgele­gene Textilrein­igung besuchen. Beispielsw­eise die von Andrea Hellmann in Tuttlingen. Ihr kleines Geschäft liegt im Zentrum der Tuttlinger Innenstadt, nahe der Fußgängerz­one.

Seit 20 Jahren leitet Hellmann den Betrieb, den sie von ihren Eltern übernommen hat. Im Schnitt bringen die Kunden monatlich zwischen 800 und 1000 Hemden zu ihr zum Reinigen und Bügeln – zumindest war das vor der Corona-Krise so. Doch während der Pandemie wechselten viele Beschäftig­te ins Homeoffice, wo sie meist keine perfekt gereinigte und gebügelte Kleidung benötigen. Die Zahl der zu reinigende­n Hemden reduzierte sich bei Hellmann auf im Schnitt 300 bis 400 Stück.

Das Reinigungs­geschäft sei direkt davon abhängig, wie viele Menschen zu Hause arbeiten und wie viele im Büro, bestätigt Winfried Maier, Geschäftsf­ührer des baden-württember­gischen Fachverban­ds Textilpfle­ge (Fatex), der 100 Mitglieder zählt. Auch sei es ausschlagg­ebend, ob die Reinigunge­n beispielsw­eise im Einzugsgeb­iet eines großen Unternehme­ns mit vielen Mitarbeite­rn liegen.

„Ich hatte normalerwe­ise sehr viel Businesskl­eidung, Anzüge, Hemden“, sagt Hellmann. Viele der rund 3600 Beschäftig­ten des in Tuttlingen ansässigen Medizintec­hnikuntern­ehmens Aesculap seien beispielsw­eise zu ihr gekommen, „aber wenn man im Homeoffice arbeitet, benötigt man eben kein Oberhemd“, sagt Hellmann. In der Corona-Krise habe sie Umsatzeinb­rüche von 50 bis 70 Prozent verzeichne­t – und das obwohl Reinigunge­n geöffnet bleiben durften. Aber es sei ja nicht nur die Business-Kleidung, die in Hellmanns Reinigung fehlt, sondern auch Kleider und Anzüge für Hochzeiten, Kommunione­n oder sonstige Feiern. „Das ist alles komplett weggebroch­en“, sagt Hellmann.

Vor der Krise beschäftig­te sie vier Angestellt­e, jetzt seien es nur noch zwei. „Eine Dame hat die Stelle gewechselt, eine andere ist in Rente gegangen, obwohl sie gerne noch weitergear­beitet hätte“, sagt Hellmann, „aber ich konnte ihr nichts anbieten, weil ich einfach keine Arbeit für sie hatte.“Die zwei Angestellt­en, die noch bei ihr sind, seien noch immer in Kurzarbeit beschäftig­t.

Die meisten der in Baden-Württember­g tätigen Reinigunge­n sind familienge­führte kleine und mittelstän­dische Unternehme­n, sagt Maier. Viele von ihnen hätten im Jahr 2020 das Wort „Kurzarbeit“praktisch zum ersten Mal gehört, eigentlich galt die Branche als krisensich­er. Mit einer Pandemie hatte keiner gerechnet.

Jürgen Merkle, Inhaber von Textilpfle­ge Merkle aus Biberach, hat in der Krise zwar keinen seiner elf Mitarbeite­r verloren, aber auch er sagt: „Ohne die Kurzarbeit sähe es ganz dunkel aus.“Vor Corona landeten 3500 bis 4500 Hemden monatlich zur Reinigung bei ihm. Jetzt seien es gerade noch 2000 bis 2500, „ein erhebliche­r Rückgang“, sagt Merkle. Bis zu 40 Prozent Umsatzeinb­ußen verzeichne­te er im Jahr 2020. Er hatte noch versucht gegenzuste­uern und seine Werbung verstärkt, einen messbaren Erfolg habe das nicht gebracht.

Merkles Geschäft fußt aber glückliche­rweise noch auf einem zusätzlich­en Standbein. Neben der Reinigung von Hemden, Hosenanzüg­en oder Sakkos, die in der Regel Privatkund­en in Anspruch nehmen, wäscht Merkle auch Wäsche aus Hotels und Restaurant­s und die Textilien aus Altersheim­en. Im Gesundheit­sund Pflegebere­ich habe die Auslastung zuletzt wiederum über 100 Prozent gelegen, sagt Winfried Maier vom Verband. In der CoronaKris­e seien noch höhere hygienisch­e Standards an die Sauberkeit von Altersheim-, Krankenhau­swäsche oder bestimmter Berufsklei­dung gelegt worden, sodass es zumindest in diesem Bereich viel Arbeit gegeben habe.All die Auswirkung­en der Pandemie haben sich bis zuletzt also in den Auftragsbü­chern der Reinigunge­n und Wäschereie­n widergespi­egelt. Ebenso bemerkt die Branche derzeit wiederum die Entspannun­g der Lage. Mit den gesunkenen Inzidenzen werden Hochzeiten und andere Feste nachgeholt. Mehr und mehr Menschen kehren aus dem Homeoffice ins Büro zurück. Im Juni ist der Anteil der Beschäftig­ten, die zumindest zeitweise im Homeoffice tätig sind, laut Schätzung des Münchner ifo-Instituts, von 31 auf 28,4 Prozent gefallen. Im Juni waren die Arbeitgebe­r noch verpflicht­et, ihre Beschäftig­ten daheim arbeiten zu lassen, wenn diese das wollten. Im Juli gilt diese Pflicht nicht mehr.

„Die Firmen stocken wieder auf, die Leute dürfen wieder mehr in den Betrieb“, sagt Andrea Hellmann. Es geschehe nicht von einem Tag auf den anderen, sagt Maier, „aber Schritt für Schritt würden die Menschen zurück ins Büro kommen. Und damit kommt auch das Geschäft für unsere Betriebe wieder in Gang“, ist der Verbandsge­schäftsfüh­rer überzeugt. „Wir rechnen damit, dass es wieder aufwärts geht.“

Ob die Reinigunge­n an alte Umsätze im Bereich der Business-Kleidung anknüpfen können, ist ungewiss, schließlic­h werden wohl auch künftig viele Menschen von Zuhause aus arbeiten. Aber Winfried Maier könnte sich vorstellen, dass ein anderer Bereich besonders jetzt in der Sommerzeit lukrativ sein könnte: Urlaubswäs­che. Mit gerade gereinigte­r Kleidung ließe es sich schließlic­h besonders angenehm verreisen. Und auf dem Rückweg könne man den Koffer ja gleich wieder bei der Reinigung abgeben – damit schnell alles wieder frisch und sauber ist. Auch das letzte Hemd.

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FOTO: UZXPHOTO/IMAGO IMAGES Das Geschäft von Reinigunge­n ist direkt davon abhängig, wie viele Menschen im Homeoffice arbeiten – und wie viele ins Büro gehen.

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