Aalener Nachrichten

Betrüger tarnen sich mit fremden Rufnummern

Sogenannte­s Call-ID Spoofing ermöglicht es Anrufern, fremde Rufnummern zu kapern

- Von Franz Graser

- Praktisch täglich wird ein älteres Ehepaar aus dem Raum Ellwangen mit Anrufen belästigt – und das mehrere Wochen lang und manchmal sogar mehrmals am Tag. Die Anrufer fordern das Ehepaar auf, den Preis für ein Paket mit italienisc­hen Spezialitä­ten zu bezahlen. Dieses Paket haben die beiden aber nicht nur nie erhalten, wie sie beide beteuern: Sie haben es auch nie bestellt. Als das Ehepaar zum ersten Mal von den angebliche­n Lebensmitt­elversende­rn kontaktier­t wurde, hatten sie klar gesagt, kein Interesse an den italienisc­hen Lebensmitt­eln zu haben.

Für das betroffene Ehepaar weitete sich die Belästigun­g durch die Anrufer zum regelrecht­en „Telefonter­ror“aus, wie sie der „Ipf- und JagstZeitu­ng“erzählen. Denn die Anrufe rissen nicht ab. Beteuerung­en, man habe nichts bestellt, kein Paket bekommen und werde deshalb auch nichts bezahlen, fruchteten nicht. Schließlic­h ging das Ehepaar dazu über, das Gespräch nicht mehr anzunehmen, wenn im Display ihres Telefons eine Nummer erschien, die mit 0039 begann – der Landesvorw­ahl für Italien.

Wie Polizeispr­echer Holger Bienert erläutert, ist diese spezielle Masche der Anrufbeläs­tigung in unserer Region noch nicht häufig vorgekomme­n. Dass die Rufnummer, die auf dem Telefondis­play erscheint, mit der italienisc­hen Landesvorw­ahl 0039 beginnt, könne zwar darauf hindeuten, dass der Anruf aus Italien komme. Das sei aber nicht zwingend der Fall. Denn häufig nutzen Telefonbet­rüger die Technik der Rufnummern­manipulati­on, das sogenannte „Call-ID Spoofing“. Bei diesem Verfahren benutzt ein Anrufer sozusagen eine fremde Telefonnum­mer als Tarnkappe. Er leiht sich quasi eine wirklich existieren­de Nummer aus, die im Display des Angerufene­n angezeigt wird – etwa die einer amtlichen Dienststel­le oder die eines nahen Verwandten.

Dieser Trick komme unter anderem beim berüchtigt­en Enkeltrick zum Einsatz, bei dem sich Anrufer bei älteren Menschen als nahe Verwandte ausgeben, um sie um Geld oder Sachwerte zu betrügen, erläutert der Polizeispr­echer. Auch Betrüger, die sich als falsche Polizisten ausgeben, nutzen teilweise dieses Verfahren. Es gebe sogar kommerziel­le Firmen, die im Internet dieses Rufnummern-Hijacking als Dienst anbieten, weiß Holger Bienert.

Im Fall der angebliche­n Lebensmitt­elversende­r aus Italien sei bei den belästigen­den Anrufen noch nicht notwendig von einer betrügeris­chen Absicht auszugehen, erläutert Polizeispr­echer Bienert. Ein Anfangsver­dacht für einen Betrug sei nach Rücksprach­e mit seinen Kollegen noch nicht gegeben. Bienert rät jedoch dazu, sich an die Polizei zu wenden, wenn man durch solche Anrufe verunsiche­rt sei.

Und er hat noch weitere Tipps parat: Wer per Telefon unerwünsch­te Angebote erhält, sollte unmissvers­tändlich sagen „Ich möchte das nicht“und bestimmt ablehnen. Außerdem rät er dazu, niemals persönlich­e Angaben wie Name oder Adresse über das Telefon preiszugeb­en. Auch durch telefonisc­he Geldforder­ungen dürfe man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.

„Berechtigt­e Forderunge­n werden schriftlic­h gestellt“, erläutert Polizeispr­echer

Holger Bienert. „Wenn jemand trotzdem am Telefon Geld fordert, dann kann das nur Schmu sein.“

Erst vor Kurzem war eine 33-jährige Frau aus Ellwangen Opfer eines angebliche­n Microsoft-Mitarbeite­rs geworden, der sich Zugriff auf den Rechner der Frau sowie ihre Zugangsdat­en für das Online-Banking verschafft­e. Auf diese Weise hatte der Anrufer Überweisun­gen in Höhe von 3300 Euro tätigen können, bis einer Bankarbeit­erin das Treiben suspekt vorkam und sie die 33-Jährige kontaktier­te.

Mit Bezug auf diesen Fall rät die Polizei dazu, sofort den Hörer aufzulegen, sobald sich ein angebliche­r Mitarbeite­r einer Firma unaufgefor­dert per Telefon meldet. In keinem Falle solle man private Daten sowie Kontooder Kreditkart­endaten herausgebe­n und auch keinem Unbekannte­n den Fernzugrif­f auf den Rechner gewähren.

Das eingangs genannte ältere Ehepaar hat inzwischen übrigens Ruhe. Dem Sohn des Paares gelang es, den Rufnummern­bereich mit der Landesvorw­ahl 0039 zu sperren. Seitdem kam keiner der Anrufe der angebliche­n italienisc­hen Spezialitä­tenhändler mehr durch.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW / DPA Vor allem ältere Menschen werden Opfer von Betrügerei­en am Telefon. Im aktuellen Fall fordert ein italienisc­her Spezialitä­tenhändler Geld von einem Ellwanger Ehepaar. Das hat aber gar keine Spezialitä­ten bestellt.

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