Betrüger tarnen sich mit fremden Rufnummern
Sogenanntes Call-ID Spoofing ermöglicht es Anrufern, fremde Rufnummern zu kapern
- Praktisch täglich wird ein älteres Ehepaar aus dem Raum Ellwangen mit Anrufen belästigt – und das mehrere Wochen lang und manchmal sogar mehrmals am Tag. Die Anrufer fordern das Ehepaar auf, den Preis für ein Paket mit italienischen Spezialitäten zu bezahlen. Dieses Paket haben die beiden aber nicht nur nie erhalten, wie sie beide beteuern: Sie haben es auch nie bestellt. Als das Ehepaar zum ersten Mal von den angeblichen Lebensmittelversendern kontaktiert wurde, hatten sie klar gesagt, kein Interesse an den italienischen Lebensmitteln zu haben.
Für das betroffene Ehepaar weitete sich die Belästigung durch die Anrufer zum regelrechten „Telefonterror“aus, wie sie der „Ipf- und JagstZeitung“erzählen. Denn die Anrufe rissen nicht ab. Beteuerungen, man habe nichts bestellt, kein Paket bekommen und werde deshalb auch nichts bezahlen, fruchteten nicht. Schließlich ging das Ehepaar dazu über, das Gespräch nicht mehr anzunehmen, wenn im Display ihres Telefons eine Nummer erschien, die mit 0039 begann – der Landesvorwahl für Italien.
Wie Polizeisprecher Holger Bienert erläutert, ist diese spezielle Masche der Anrufbelästigung in unserer Region noch nicht häufig vorgekommen. Dass die Rufnummer, die auf dem Telefondisplay erscheint, mit der italienischen Landesvorwahl 0039 beginnt, könne zwar darauf hindeuten, dass der Anruf aus Italien komme. Das sei aber nicht zwingend der Fall. Denn häufig nutzen Telefonbetrüger die Technik der Rufnummernmanipulation, das sogenannte „Call-ID Spoofing“. Bei diesem Verfahren benutzt ein Anrufer sozusagen eine fremde Telefonnummer als Tarnkappe. Er leiht sich quasi eine wirklich existierende Nummer aus, die im Display des Angerufenen angezeigt wird – etwa die einer amtlichen Dienststelle oder die eines nahen Verwandten.
Dieser Trick komme unter anderem beim berüchtigten Enkeltrick zum Einsatz, bei dem sich Anrufer bei älteren Menschen als nahe Verwandte ausgeben, um sie um Geld oder Sachwerte zu betrügen, erläutert der Polizeisprecher. Auch Betrüger, die sich als falsche Polizisten ausgeben, nutzen teilweise dieses Verfahren. Es gebe sogar kommerzielle Firmen, die im Internet dieses Rufnummern-Hijacking als Dienst anbieten, weiß Holger Bienert.
Im Fall der angeblichen Lebensmittelversender aus Italien sei bei den belästigenden Anrufen noch nicht notwendig von einer betrügerischen Absicht auszugehen, erläutert Polizeisprecher Bienert. Ein Anfangsverdacht für einen Betrug sei nach Rücksprache mit seinen Kollegen noch nicht gegeben. Bienert rät jedoch dazu, sich an die Polizei zu wenden, wenn man durch solche Anrufe verunsichert sei.
Und er hat noch weitere Tipps parat: Wer per Telefon unerwünschte Angebote erhält, sollte unmissverständlich sagen „Ich möchte das nicht“und bestimmt ablehnen. Außerdem rät er dazu, niemals persönliche Angaben wie Name oder Adresse über das Telefon preiszugeben. Auch durch telefonische Geldforderungen dürfe man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.
„Berechtigte Forderungen werden schriftlich gestellt“, erläutert Polizeisprecher
Holger Bienert. „Wenn jemand trotzdem am Telefon Geld fordert, dann kann das nur Schmu sein.“
Erst vor Kurzem war eine 33-jährige Frau aus Ellwangen Opfer eines angeblichen Microsoft-Mitarbeiters geworden, der sich Zugriff auf den Rechner der Frau sowie ihre Zugangsdaten für das Online-Banking verschaffte. Auf diese Weise hatte der Anrufer Überweisungen in Höhe von 3300 Euro tätigen können, bis einer Bankarbeiterin das Treiben suspekt vorkam und sie die 33-Jährige kontaktierte.
Mit Bezug auf diesen Fall rät die Polizei dazu, sofort den Hörer aufzulegen, sobald sich ein angeblicher Mitarbeiter einer Firma unaufgefordert per Telefon meldet. In keinem Falle solle man private Daten sowie Kontooder Kreditkartendaten herausgeben und auch keinem Unbekannten den Fernzugriff auf den Rechner gewähren.
Das eingangs genannte ältere Ehepaar hat inzwischen übrigens Ruhe. Dem Sohn des Paares gelang es, den Rufnummernbereich mit der Landesvorwahl 0039 zu sperren. Seitdem kam keiner der Anrufe der angeblichen italienischen Spezialitätenhändler mehr durch.