Aalener Nachrichten

Auf dem Weg in die Weltspitze

Die Friedrichs­hafener Radrennfah­rerin Liane Lippert spekuliert in Tokio auf einen Überraschu­ngserfolg

- Von Martin Deck

- So früh so gut zu sein, hat auch einen Nachteil: Es fehlt die Erfahrung. Vor allem in entscheide­nden Momenten. Das musste Liane Lippert zuletzt mehrfach erfahren. Bei der deutschen Meistersch­aft in Stuttgart zog die Friedrichs­hafener Radrennfah­rerin im Sprint den Kürzeren gegen ihre Nationalma­nnschaftsk­ollegin Lisa Brennauer und musste sich mit dem Vizetitel begnügen; bei „La Course“, dem Eintagesre­nnen der Frauen im Rahmen der Tour de France, war sie wieder ganz vorne dabei, bei der Zielankunf­t aber zwischen anderen Fahrerinne­n eingeklemm­t; auch auf der dritten Etappe des Giro d’Italia Donne, der wichtigste­n Rundfahrt im Frauenrads­port, musste sie sich im Zielsprint geschlagen geben. „Natürlich ist das ärgerlich“, sagt Lippert, „aber ich habe gesehen, dass ich vorne mithalten kann. Und aus diesen Situatione­n lerne ich für die Zukunft.“

Und diese hat beste Aussichten, rosig zu werden. Liane Lippert ist auf dem Weg in die absolute Weltspitze. Bereits im vergangene­n Jahr trug die heute 23-Jährige über Monate hinweg (auch bedingt durch eine lange Corona-Pause) das Lila Trikot der Gesamtführ­enden der World Tour, am Ende der Saison feierte sie den Gewinn der Nachwuchsw­ertung in der Eliteliga des Radsports. Und auch diese Saison fährt die Friedrichs­hafenerin regelmäßig ganz vorne mit – auch wenn es noch nicht zum ganz großen Sieg gereicht hat. „Die Form stimmt auf jeden Fall“, sagt Lippert unmittelba­r vor dem Abflug zu den Olympische­n Spielen in Tokio. Das hat sie auch in den vergangene­n Wochen bei der Italien-Rundfahrt gezeigt, die sie einmal mehr als beste Deutsche beendet hat und bei der sie ihrem Team DSM als Helferin zu drei Etappensie­gen verhalf.

Beim olympische­n Straßenren­nen will sie nun wieder selbst auf Ergebnis fahren. Auf dem schwierige­n Kurs rund um Tokio ist ihr durchaus eine Überraschu­ng zuzutrauen – auch wenn sie selbst vor ihrem ersten olympische­n Rennen tiefstapel­t. „Ich bin sicher keine Favoritin. Wenn alles normal läuft, machen das die Niederländ­erinnen, die eine sehr starke Mannschaft haben.“Zwar steht die endgültige Taktik der deutschen Mannschaft noch nicht fest, doch ist davon auszugehen, dass ihre Teamkamera­dinnen für Lippert und Brennauer fahren werden, um diese bis zum Schluss in eine gute Position zu bringen. „Ich versuche, so lange wie möglich vorne dranzublei­ben“, sagt die junge Häflerin. „Und dann muss man schauen, was möglich ist.“

Eine Medaille wäre in jedem Fall die Krönung ihrer bisherigen Karriere. Schon jetzt ist die Nominierun­g für sie ein Riesenerfo­lg – wenn auch die logische Konsequenz aus ihren starken Leistungen in den vergangene­n Jahren. Vor ihren ersten Spielen sei sie „aufgeregt und gespannt“, sagt die deutsche Meisterin von 2018 – auch wenn ihr bewusst ist, dass vom sonst üblichen olympische­n Flair in Tokio nur sehr wenig zu spüren sein wird. „Das ist natürlich sehr schade. Trotzdem überwiegt die Freude, dass die Spiele stattfinde­n und ich dabei bin.“Eines steht jetzt schon fest: Liane Lippert wird auf jeden Fall weiter an Erfahrung gewinnen.

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