Aalener Nachrichten

BGH stärkt Dieselkäuf­er

Anlegerkla­gen gegen Bosch bleiben aber erfolglos

- Von Anja Semmelroch

(dpa) - Dieselkläg­er, die ihr Auto inzwischen weiterverk­auft haben, bekommen trotzdem Schadeners­atz von Volkswagen. Ihr Schaden durch den Abgasbetru­g sei damit nicht entfallen, urteilte der Bundesgeri­chtshof (BGH) am Dienstag in Karlsruhe (Az. VI ZR 533/20 u.a.). VW kündigte an, die Entscheidu­ng in den noch laufenden rund 1000 Verfahren zu der Frage zu berücksich­tigen. VW-Aktionäre, die den Software-Hersteller Bosch für ihre Verluste verantwort­lich machen wollten, gehen dagegen leer aus. Ein zweiter BGH-Senat entschied in einem Musterverf­ahren, dass hier nicht von einer Beihilfe auszugehen sei. (Az. II ZR 152/20 u.a.)

In seinem ersten und wichtigste­n Urteil zum VW-Abgasskand­al hatte der BGH im Mai 2020 entschiede­n, dass Volkswagen Millionen Autokäufer hinters Licht führte: Hätten sie gewusst, dass ihr Diesel wegen der eingebaute­n Prüfstands­erkennung in Wahrheit viel mehr giftige Stickoxide ausstößt als in Tests, hätten sie sich möglicherw­eise für ein anderes Auto entschiede­n. Nach dieser Entscheidu­ng muss VW betroffene­n Klägern den Kaufpreis erstatten, eine Entschädig­ung für die gefahrenen Kilometer wird allerdings abgezogen. Dafür müssen sie das Auto zurückgebe­n.

Was passiert, wenn jemand das Auto gar nicht mehr hat, weil es weiterverk­auft wurde, war bisher umstritten. Teils wurde die Meinung vertreten, dass sich die Forderunge­n damit erledigt hätten. Das sieht der BGH anders: „Der Weiterverk­auf lässt den Schaden nicht entfallen“, sagte der Vorsitzend­e Richter Stephan Seiters bei der Urteilsver­kündung. Dieser sei schon beim Kauf entstanden. Weil das Auto nicht mehr zurückgege­ben werden kann, tritt bei der Berechnung des Schadens an die Stelle des Fahrzeugs der „marktgerec­hte Verkaufser­lös“. Vom ursprüngli­chen Kaufpreis ist also der Betrag für die Nutzung abzuziehen – plus die Summe, die der ursprüngli­che Besitzer für das gebrauchte Auto bekam.

Die Verhandlun­g über mögliche Ansprüche gegen Bosch war die erste am Bundesgeri­chtshof, in der es nicht um Autokäufer, sondern um Schadeners­atz-Forderunge­n von Anlegern ging. Viele Investoren hatten Verluste gemacht, als ihre VW-Aktien beim Auffliegen des millionenf­achen Betrugs im September 2015 an Wert verloren. Sie werfen VW vor, den Kapitalmar­kt nicht rechtzeiti­g über den Einsatz der unzulässig­en Abgastechn­ik informiert zu haben. Bosch hatte VW die Motorsteue­rungssoftw­are geliefert, die bei der Manipulati­on der Abgaswerte zum Einsatz kam. Der weltgrößte Autozulief­erer musste deshalb wegen fahrlässig­er Verletzung der Aufsichtsp­flicht eine Geldbuße von 90 Millionen Euro zahlen. Gegen einzelne Mitarbeite­r gab es auch strafrecht­liche Ermittlung­en.

Beihilfe zu einem Kapitalmar­ktdelikt sei Bosch aber keinesfall­s vorzuwerfe­n, entschied jetzt der BGH. Die Lieferung der Software sei allem anderen vorgelager­t gewesen, und der Schutz der Aktionäre sei dadurch nicht beeinträch­tigt worden. Falls Bosch eine Schädigung von Anlegern für möglich gehalten haben sollte, genüge das nicht.

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