Aalener Nachrichten

Sühnekreuz erinnert an eine Mordtat

Jeremias Heisler wurde vor 500 Jahren von marodieren­den Soldaten erschlagen

- Johannes Müller

- Kurz vor dem Ende des dreißigjäh­rigen Krieges wurde Jeremias Heisler von marodieren­den Straßenräu­bern ausgeraubt und erschlagen. Ein Sühnekreuz unweit der Kreisstraß­e von Neuler nach Ebnat erinnert an die schrecklic­he Mordtat. Vor einigen Jahren war die Schrift, die davon berichtet, noch gut lesbar.

„Anno 1647, den 6. Mayen, ist der Jeremias Heisler vershlagen worten, seines Alters ungefähr 47 Jar“. So war auf dem Steinkreuz zu lesen. Konrad Kugelart in Schrezheim hat für seine umfangreic­he Fotosammlu­ng von Kleindenkm­alen im Raum Ellwangen, das Kreuz, als es noch in gutem Zustand war, festgehalt­en und unserer Zeitung zur Verfügung gestellt. Das Kreuz steht fünf Meter von dem Feldweg entfernt, der von Neuler nach Ebnat links von der Kreisstraß­e abgeht. Kugelart hat auch den Hintergrun­d des Mordes recherchie­rt, soweit dies noch möglich war. Demnach wirkte zu jener Zeit Pfarrer Vögelin

in Neuler. Das von ihm geführte Tauf-, Toten- und Trauungsbu­ch ist noch vorhanden. Vögelin datiert den gewaltsame­n Tod auf 15. Mai 1648, ein Jahr später als auf dem Kreuz geschriebe­n steht. Die unterschie­dlichen Zeitangabe­n seien aus den Wirren der letzten Kriegsjahr­e verständli­ch, so Kugelart.

Jeremias Heisler, so hält Vögelin in seinem Totenbuch fest, sei von Soldaten erschlagen und halb tot liegen gelassen worden. Der Pfarrer hat den Schwerverl­etzten noch in der Nacht in die Burg Niederalfi­ngen gebracht. Dort sei er gestorben.

Lange Zeit hat sich der Landwirt Bernhard Strobel um das Kreuz gekümmert. Sein Vater hat ganz in der Nähe des Sühnekreuz­es ein Holzkreuz errichtet zum Gedenken an seine beiden im zweiten Weltkrieg gefallenen beziehungs­weise vermissten Brüder Georg und Franz Strobel. Für die Erhaltung und Pflege des fast 500 Jahre alten Steinkreuz­es fühlt sich der 82-jährige Bernhard Strobel nicht zuständig.

Bei der Gemeinde Neuler zeigt man zwar Verständni­s für die Bitten einiger Leser unserer Zeitung, das Steinkreuz von Moos und Schmutz zu befreien, damit die historisch­e Schrift wieder lesbar wird. Aber so schnell wird das nicht gehen. „Wir nehmen das gerne in unsere Aufgabenli­ste mit auf“, versichert Bürgermeis­terin Sabine Heidrich in Neuler auf Anfrage. Sobald es in den Zeitplan passe, komme auch diese Maßnahme dran.

Wie sich Landwirt Strobel erinnert, haben in der Nachkriegs­zeit Jugendlich­e vom Bund Neudeutsch­land, die auf der Burg Niederalfi­ngen ihre Ferien verbrachte­n, sich um das Sühnekreuz gekümmert und es gesäubert.

Es seien Buben aus Stuttgart gewesen, weiß Strobel, die ihn neugierig nach dem Zweck der Garben auf dem Feld gefragt hätten. „Daraus wird Mehl für Weißbrot gemacht“, gab er zur Antwort. Darauf sagten die Großstadt-Buben: „Das kauft man bei uns beim Bäcker!“Noch lange habe man in Strobels Familie darüber gelacht. „Doch zur Pflege des Kreuzes kommen längst keine Neudeutsch­en mehr“, bedauert der Landwirt.

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FOTO: MARK MASUCH Das an Jeremias Heisler erinnernde Kreuz steht in der Nähe von Neuler.

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