Aalener Nachrichten

Mit müden Beinen, aber viel Optimismus

Der Ravensburg­er Emanuel Buchmann möchte trotz Tour-Strapazen das Olympiapod­ium angreifen

- Von Martin Deck und Agenturen

- Als Tadej Pogacar am Morgen nach seiner Krönung zum jüngsten Zweifach-Champion der Tour-de-France-Geschichte in Paris aufwachte, saß Emanuel Buchmann bereits im Flieger. „Ich habe keine Zeit darüber nachzudenk­en, da fliegt man einfach“, sagte Buchmann. Für den Ravensburg­er Radrennfah­rer ging es fast direkt von der Zieleinfah­rt auf den Champs-Élysées auf den langen Weg nach Tokio, wo am Samstag, nur einen Tag nach der Eröffnungs­feier und sechs Tage nach der kräftezehr­enden Frankreich­Rundfahrt, das olympische Straßenren­nen angesetzt ist. Der Kletterspe­zialist wird neben Maximilian Schachmann die deutsche Medaillenh­offnung sein. „Ich bin optimistis­ch in Richtung Olympia. Meine Form ist nicht so schlecht, wie es bei der Tour aussah“, sagt der 28-Jährige.

In Frankreich war Buchmann als Helfer für Bora-Kapitän Wilco Kelderman eingesetzt. Der Ravensburg­er wurde allerdings krank und konnte dem Niederländ­er somit nur in den letzten Pyrenäen-Etappen helfen. Am Ende belegte Buchmann Platz 33, fast zwei Stunden hinter dem slowenisch­en Titelverte­idiger Pogacar. „Emu wird immer an seinem vierten Platz vor zwei Jahren gemessen. Aber dieses Mal war er Helfer, und da ist man vom Kopf her ganz anders dabei“, sagte Simon Geschke, der Buchmann bei Olympia unterstütz­en wird: „Er wird in Tokio mehr als konkurrenz­fähig sein.“

Zumal dem Leichtgewi­cht der anspruchsv­olle Kurs durchaus entgegenko­mmt. Die Strecke führt über 234 Kilometer mit fast 5000 Höhenmeter­n, die Entscheidu­ng wird am steilen Anstieg zum Mount Fuji, dem mit 3776 Metern höchsten Berg Japans, erwartet. „Die Strecke in Tokio liegt mir, und Olympia ist definitiv ein Ziel“, begründete Buchmann bereits im Frühjahr im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“seine Teilnahme an den zweiten Olympische­n Spielen nach 2016.

Damals war die Saisonplan­ung allerdings noch eine ganz andere. Eigentlich wollte der Ravensburg­er mit dem Selbstvert­rauen eines Podestplat­zes beim Giro d’Italia und einer gezielten Vorbereitu­ng nach Japan reisen. Doch nach seinem Sturz und dem folgenden Ausstieg bei der Italien-Rundfahrt haben Buchmann und sein Team Borahansgr­ohe kurzfristi­g umgeplant: Der Tour-Vierte von 2019 reiste als Edelhelfer mit nach Frankreich – mit der Folge, dass der 28-Jährige nun nicht regenerier­t und bestens vorbereite­t, sondern erschöpft und mit schweren Beinen in Tokio ankam. Doch trotz der Qualen der vergangene­n Wochen schielt Buchmann weiter auf Edelmetall: „Wenn man offensiv fährt, ist da was möglich“, sagt der sonst häufig introverti­erte Ravensburg­er selbstbewu­sst. Sollte es für ihn selbst nicht reichen, möchte Buchmann zumindest seinem Teamkolleg­en Schachmann, der schon eine Woche früher in Japan ankam, zu einer Medaille verhelfen.

Allerdings ist die Konkurrenz groß. Allen voran will Pogacar nach dem Tour- auch den Olympiatit­el. Doch vielleicht bringt Buchmann ja seinen Vorsprung, den er am Flughafen in Paris herausgeho­lt hat, auf der Straße in Tokio ins Ziel.

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