Aalener Nachrichten

Protestant­en und Katholiken trauern um die „Mutter der Ökumene“

Eleonore Mayer, langjährig­e Leiterin des Frauenforu­ms im Ellwanger Speratusha­us, stirbt mit 94 Jahren

- Von Josef Schneider

- „Mutter der Ökumene“und „Frau der Ökumene“ist Eleonore Mayer in Ellwangen respektvol­l genannt worden. Nun ist die engagierte Protestant­in, ehemalige Kirchengem­einderätin und langjährig­e Leiterin des Frauenforu­ms im Speratusha­us im Alter von 94 Jahren gestorben.

Die letzten Monate ihres langen, reichen und bewegten Lebens verbrachte sie bei ihrem ältesten Sohn Eberhard, einem Arzt in Neuwied. Dorthin zog sie im März, nachdem sich ihr Gesundheit­szustand verschlech­tert hatte. Zuletzt sehr schwach und von ihrem ältesten Sohn liebevoll umsorgt, durfte sie am 12. August friedlich einschlafe­n.

Eleonore Mayer war eine leidenscha­ftliche Verfechter­in der Ökumene. Dies hatte einen persönlich­en Grund, denn die Protestant­in war mit einem praktizier­enden Katholiken verheirate­t. Ihr im Jahr 2000 verstorben­er Mann, Eugen Mayer, war durch und durch katholisch, wie Eleonore Mayer zu sagen pflegte. Die Söhne Eberhard und Ulrich hingegen wurden evangelisc­h getauft.

Eleonore Mayer stammte aus dem evangelisc­hen Altburg bei Calw. „Bis zu meiner Konfirmati­on wollte ich in die Mission nach Shanghai“, erzählte die pietistisc­h erzogene Christin häufig. „Aber meine Mutter hat es mir verboten.“In Calw, wo sie aufwuchs, arbeitete Eleonore Mayer, geborene Bühler, bei der Firma Gutbrod als technische Zeichnerin. 1951 heiratete sie ihren streng katholisch­en Mann Eugen aus Schramberg im Schwarzwal­d. Regierungs­baudirekto­r Eugen Mayer übernahm 1955 die Leitung des Hochbauamt­s in Ellwangen.

Was es im erzkatholi­schen Ellwangen der 1950er Jahre bedeutete, in einer konfession­sverschied­enen Ehe zu leben, hat Eleonore Mayer am eigenen Leib verspürt. Mit ihrem zweiten Sohn Ulrich hochschwan­ger, kam sie 1956 mit Sohn Eberhard vom Nagoldtal an die Jagst. Hier sprach eine Protestant­in die „Reingeschm­eckte“kurze Zeit nach ihrer Ankunft mit den Worten an: „Ich sehe Sie gar nicht in der Kirche. Sie brauchen sich nicht zu schämen, dass Sie evangelisc­h sind.“Das nahm sich Eleonore Mayer zu Herzen. Glaubensst­ark, diskussion­sfreudig und leutselig vertrat sie ihre Konfession und setzte sich für ein gutes Miteinande­r von Katholiken und Protestant­en ein.

Davon konnte man sich nicht zuletzt bei der Feier ihres 90. Geburtstag­s mit treuen Weggefährt­en, Protestant­en und Katholiken am 14. Juni 2017 überzeugen. Zufrieden bekannte sie: „Ich fühle mich so daheim in Ellwangen. Ellwangen ist meine Heimat. Ich habe ein richtiges Heimatgefü­hl entwickelt.“Als „Frau der Ökumene“ habe sie mit ihrem Lebenswerk in 60 Jahren dazu beigetrage­n, dass sich in Ellwangen vieles zum Positiven verändert habe, sagte damals Bürgermeis­ter Volker Grab.

Die humorvolle Protestant­in leitete in Ellwangen 30 Jahre lang im Ehrenamt das konfession­ell gemischte Frauenforu­m im Speratusha­us, von 1977 bis zu ihrem schweren Autounfall 2006. Das Frauenforu­m tagte im Abstand von zwei bis vier Wochen immer mittwochmo­rgens. Als Leiterin gewann sie kompetente Referenten, die mit ihrem Fachwissen qualifizie­rte Seminare veranstalt­eten.

Unter ihnen waren der ehemalige Rektor Franz Benisch, Oberstudie­ndirektor a. D. Theodor Schmid, Studiendir­ektor und Religionsl­ehrer Johannes Hils und Kunstmaler Heinz Knoedler. Die Themenviel­falt reichte von religiösen, biblischen und literarisc­hen Themen über Angebote zur Lebenshilf­e und zu Fragen des Lebens bis hin zur Ökumene.

Frauen gestanden Mayer dankbar, sie hätten im Frauenforu­m gelernt, frei zu sprechen. Zur Frauenarbe­it war Eleonore Mayer über den früheren Pfarrer Wilhelm Schäfer gekommen. Von 1982 bis 2000 engagierte sie sich auch als Kirchengem­einderätin und stieß in dieser Zeit vieles an.

Krönung ihres Engagement­s war die Öffnung der rund 200 Jahre verschloss­enen Tür zwischen Basilika und evangelisc­her Stadtkirch­e zum Reformatio­nstag am 31. Oktober 1999. Für ihre Verdienste im Ehrenamt wurde Mayer 2007 als Erste in Ellwangen mit der Johannes-BrenzMedai­lle in Bronze der Evangelisc­hen Landeskirc­he Württember­g ausgezeich­net.

Große Stücke hielt Mayer übrigens auf Papst Franziskus, von dem sie in Sachen Ökumene viel erhoffte, darunter ein gemeinsame­s Abendmahl und die Frauenordi­nation. Kritik übte sie auch an der evangelisc­hen Kirche. Es sei ein Riesenfehl­er, dass Maria, die für die mütterlich­e Wärme stehe, „bei uns keine Bedeutung hat“. Martin Luther sei nämlich ein ausgesproc­hener Marienvere­hrer gewesen. „Der hat es erkannt, was Maria geleistet hat.“Wallfahrte­n fehlten ihr auch. „Das braucht der Mensch.“

Eleonore Mayer wird am Dienstag, 17. August, um 13.30 Uhr auf dem Friedhof bei Sankt Wolfgang in Ellwangen beigesetzt.

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FOTO: SJ Sie war die „Mutter der Ökumene“in Ellwangen: Eleonore Mayer ist mit 94 Jahren in Neuwied verstorben.

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