Die Abenteuer einer Maus
Als Kommissarin Bella Block hat Hannelore Hoger Fernsehgeschichte geschrieben – Jetzt wird sie 80
(sz) - Ihre Geschichten begeisterten Generationen von Kindern, doch heute kämpfen Micky, Goofy und Donald Duck mit sinkenden Auflagenzahlen: Vor 70 Jahren ist das erste Heft der deutschen „Micky Maus“erschienen. Die beispiellose Erfolgsgeschichte des bei EntenhausenFans beliebten Magazins ist Erika Fuchs zu verdanken, die beim Ehapa-Verlag in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart als Übersetzerin angestellt war. Was sie für Jahrzehnte leistete, geht weit über das reine Übertragen von Texten aus dem Englischen ins Deutsche hinaus.
(epd) - Als Arte im Dezember 1993 einen Kriminalfilm mit einer neuartigen Polizistinnenfigur sendet, plant man für ein einziges Stück. Die Rolle ist für Hannelore Hoger geschrieben, auch wenn die Vorlage von der Romanschriftstellerin Doris Gercke stammt. Aber wer als Hoger könnte eine solche eher halbsympathische Figur glaubhaft verkörpern? „Bella Block – Die Kommissarin“ist eigensinnig bis exzentrisch, sarkastisch, auch ein wenig eitel, mit einem ganz undamenhaften Faible fürs Rauchen, Trinken, Fluchen und pampig Antworten. Mit unbestechlicher Urteilskraft und aufrechter Haltung zeigt die Einzelgängerin Block aber auch ein Gespür für Verbrechensopfer, das Fernsehzuschauer bis dahin nicht kennen.
Hannelore Hoger, die heute 80 Jahre alt wird, hat mit Bella Block Fernsehgeschichte geschrieben. Sie selbst stapelt lieber tief. „Kein bisschen weise“sei die Kommissarin, was ihr die Figur sympathisch mache, „die hatte Möglichkeiten und war ein lebendiger Mensch, im Leben, die hatte eine Meinung und einen Beruf, der ihr gefiel.“Der legendäre ehemalige Fernsehspielchef des ZDF, Hans Janke, sagt es knapper: Sie hat „Format“.
Das gilt für Block wie für Hoger, die 1941 in Hamburg ins Theatermilieu hineingeboren wird. Der Vater war Schauspieler und Inspizient am Ohnsorg-Theater. Schon das Mädchen Hannelore schnuppert Bühnenluft, absolviert dann eine Schauspielausbildung und spielt zunächst am Theater, auch an großen Häusern. Ab den 1960ern sieht man sie im Fernsehen, dann auch im Kino. Von Peter Zadek bis Alexander Kluge – der auch ihr Lebensgefährte war –, von Volker Schlöndorff bis Rainer Kaufmann reicht die Liste großer Theater- und Filmleute, die ihre Arbeit beeinflussen. „Die Patriotin“(Kluge) und „Die Zweite Heimat“(Edgar Reitz), „Die Katze“mit Götz George oder „Rossini“von Helmut Dietl sind nur einige der Werke, die ihr erst bedeutende Preise und seit einigen Jahren viele Auszeichnungen für ihr Lebenswerk einbringen, so die „Besondere Ehrung“des Grimme-Preises.
Hoger inszeniert auch selbst am Theater, etwa in Bochum oder Darmstadt. Dem breiten Publikum bekannt geworden ist sie aber durchs Fernsehen. Und durch ihre Hörspielinterpretationen. Ihre unverwechselbare Stimme prägt auch Kindermärchen, die in ihrer Einlesung eine besonders nachhallende Note haben.
Zu ihren nachhaltig wirkenden Fernsehfilmen zählt etwa „Nichts für Feiglinge“mit Frederick Lau, in dem sie mit großer Würde und Sinn für das Absonderliche eine an Demenz erkrankte alte Frau gibt.
Neugierig sein, mit frischem Blick schauen, durchlässig für neue Erfahrungen bleiben und Standpunkte der Humanität dabei verteidigen, dafür steht Hannelore Hoger auch nach ihrem 80. Geburtstag und hoffentlich noch lange. Ihre Unverwechselbarkeit wird gebraucht.