Länderhopping auf zwei Rädern
Südschwarzwald-Radweg, Etappe 4 – Jetzt punktet die Schweiz
Zu Beginn der vierten Etappe empfiehlt es sich, einen kleinen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Zumindest auf den ersten paar Kilometern. Denn die Strecke vom Nachtquartier kurz vor Rheinfelden bis zur Brücke, die im Ort hinüber auf die Schweizer Seite der Stadt führt, birgt – schmeichelhaft ausgedrückt – wenig Reizvolles. Von Schloss Beuggen (siehe Etappe 3) mal abgesehen. Die Route führt zwar direkt am Rhein entlang und die dort angebrachten Schautafeln, die über das Wassermanagement und die Stromgewinnung berichten, wären sicherlich interessant. Genauso wie die Flora und Fauna im sogenannten Gwild, einer einzigartigen ökologischen Ausgleichsmaßnahme. Doch schon das bürokratische Wort „Ausgleichsmaßnahme“lässt entsprechende Schlüsse zu. Und tatsächlich kann das Gwild links das riesige, potthässliche Aluminiumwerk rechterhand nicht unsichtbar machen. Im Anschluss steht das moderne Kraftwerk mit Ausstellungspavillon, in dem man das Laufwerk und den Generator des alten, 1894 gebauten Kraftwerkes bestaunen könnte. Anhalten will man hier aber eigentlich nicht wirklich. Auch das deutsche Rheinfelden bietet wenig Anreize, um einen Stopp einzulegen. Deshalb schnell hinüber in die beschauliche Schweiz Richtung Basel.
Allein schon beim Durchfahren wird klar: Das schweizerische Rheinfelden scheint um einiges ansehnlicher zu sein als sein deutsches Pendant. Alte Mauern, Türme und enge Gassen bestimmen das Stadtbild. Doch leider ist es auch hier schnell vorbei mit der Beschaulichkeit. Der Südschwarzwald-Radweg biegt bei Kaiseraugst, wo man in der Römerstadt Augusta Raurica noch ein wenig in die Vergangenheit eintauchen kann, vom Rhein ab und führt direkt in die Gegenwart mit Industrieansiedlungen und viel befahrenen Ortschaften bis in die Vororte Basels.
Hier heißt es: gut aufpassen und auf die Wegweiser achten. Basel ist eine Großstadt mit rund 180 000 Einwohnern – sie mit dem Fahrrad zu durchqueren, ohne sich dabei zu verfahren oder plötzlich auf einem Autobahnzubringer zu landen, stellt eine Herausforderung dar. Deshalb sollte man sich nicht vom lebensgroßen Dinosaurier am ausladenden Sportgelände, von Kunststücke vollführenden Skateboardern in der Halfpipe oder architektonisch interessanten Büro- und Wohntürmen ablenken lassen. Wer den richtigen Weg findet, radelt mitten durch Basels schöne Altstadt mit Münster, Rathaus und jeder Menge Museen. Je nach Vorlieben können hier Kunstwerke, Bücher, Fossilien, Cartoons, Spielzeug, Originalpräparate des menschlichen Körpers, ja sogar Kleiderbügel bestaunt werden.
Basel liegt am Rheinknie, wo sich der Fluss mit einer scharfer Biegung nach Norden Richtung Oberrheinische
Tiefebene wendet. Der Radweg folgt dem Flusslauf bis nach Huningue. Das hört sich nicht nur französisch an, das ist es auch. Lust auf ein bisschen französisches Lebensgefühl mit Café und Croissant? Dazu ein wenig dem sympathischen französischen Idiom lauschen? Hier ist genau der richtige Platz dafür. Gänzlich ohne Grenzkontrollen hat der Südschwarzwald-Radler in diesem Abschnitt flugs Deutschland, Frankreich und die Schweiz bereist. Denn bei Huningue geht es über die Dreiländerbrücke, die mit ihrer Stützweite von rund 230 Metern als die längste frei tragende Radfahrer- und Fußgängerbrücke der Welt gilt, hinüber ins badische Weil am Rhein.
Was jetzt folgt, mag für den einen Entspannung pur, für den anderen gähnende Langeweile sein: Rund 20 Kilometer lang geht es schnurgerade zwischen Autobahn und Rhein bis nach Bad Bellingen. Abwechslung tut Not während dieses Streckenabschnitts. Dafür entschädigen aber herrliche blühende Auen rechts und links des Radwegs. Schließlich in Bad Bellingen angekommen, lohnt sich der kurze Abstecher in den wunderschön angelegten Kurpark. Auf 24 Hektar wurde hier einerseits ein kunstvolles Mosaik aus verschiedenen Pflanzen aus aller Welt gestaltet, andererseits ist die Hälfte der Fläche der Natur überlassen worden. Außerdem: Der Flammkuchen im Kurpark-Café schmeckt ausgezeichnet.
Gestärkt kann nun der Rest der
Strecke bis Müllheim in Angriff genommen werden.
Die ersten Weinberge des Markgräflerlands tauchen auf. So passt auch der krönende Abschluss dieser längsten Etappe ins
Bild: der Besuch des Weinguts Engler mitten in Müllheim. Winzerin Andrea Engler-Waibel hat den Betrieb, seit 1892 in Familienbesitz, von ihren Eltern 2004 übernommen und spürbar Freude daran, die Gäste im modernen Verkaufsraum selbst zu bewirten – mit einer Markgräfler Schärwaie (ein spezielles Brot), die bestens zu ihren selbst gekelterten Weinen passt. Allen voran Gutedel und Spätburgunder. Dies sind die typischen Rebsorten im Markgräflerland, auf dessen Eroberung am nächsten Tag Andrea Engler-Waibel mit sympathisch vermitteltem Wissen bestens einstimmt.
von Rheinfelden nach Müllheim, 62 Kilometer, flach. Übernachtungsmöglichkeit: Landhotel „Alte Post“.
Während dieser Etappe muss die Stadt Basel durchquert werden. Nicht ganz einfach. Es macht deshalb Sinn, sich bei outdooractive (www.outdooractive.com) oder komoot (www.komoot.de) die entsprechenden GPS-Daten und den Tourenverlauf aufs Smartphone zu laden.