Der Mann, der ins nächste Jahrhundert sprang
Bob Beamon, 1968 in Mexiko mit jahrelang unerreichten 8,90 Meter Weitsprung-Olympiasieger, wird 75
76. Spanien-Rundfahrt, 13. Etappe: Belmez - Villanueva de la Serena (203,7 km): 1. Senechal (Frankreich/Deceuninck-Quick Step) 4:58:23 Std., 2. Trentin (Italien/UAE Team Emirates) gl. Zeit, 3. Dainese (Italien/DSM) 0:02 Min. zur., 4. Mezgec (Slowenien/Bike Exchange) 0:03, 5. San Dewulf (Belgien/ AG2R), 6. Allegaert (Belgien/Cofidis) alle gl. Zeit, 11. Krieger (Stuttgart/Alpecin-Fenix) 0:09, 16. Denz (Waldshut-Tiengen/DSM) 0:11, 69. Palzer (Berchtesgaden/Bora-hansgrohe) 0:39, 108. Zwiehoff (Essen/Borahansgrohe) 1:39; nicht gestartet: Schachmann (Berlin/Bora-hansgrohe). – Gesamtwertung (nach 13 von 21 Etappen): 1. Eiking (Norwegen/Intermarché-Wanty-Gobert) 50:31:52, 2. Martin (Frankreich/Cofidis) 0:58, 3. Roglic (Slowenien/Jumbo-Visma) 1:56, 4. Mas (Spanien/Movistar) 2:31, 5. Lopez (Kolumbien/Movistar) 3:28, 6. Haig (Australien/Bahrain-Victorious) 3:55, 79. Zwiehoff 1:28:06 Std. zurück, 131. Palzer 1:59:42, 135. Krieger 2:01:10, 137. Denz 2:03:07.
35. Deutschland-Tour, 2. Etappe: Sangerhausen - Ilmenau (180,6 km): 1. Kristoff (Norwegen/UAE-Team Emirates) 4:24:12,
2. Bauhaus (Bocholt/Bahrain Victorious),
3. Ackermann (Kandel/Bora-hansgrohe) alle gl. Zeit, 4. Steimle (Weilheim/Teck/Deceuninck-Quick Step) 0:02 Min. zur., 5. Byström (Norwegen/UAE-Team Emirates), 6. Tiller (Norwegen/Uno-X), 7. Koch (Schwäbisch Hall/Intermarché-Wanty-Gobert), 11. Degenkolb (Gera/Lotto Soudal), 110. Buchmann (Ravensburg/Bora-hansgrohe) 8:07. – Gesamtwertung (nach zwei von vier Etappen): 1. Ackermann 8:30:59, 2. Bauhaus 0:02, 3. Kristoff 0:04, 113. Buchmann 10:51.
(SID) - Ein Tequila. Noch ein Tequila. Und noch einer. Am Abend vor dem Tag, der sein Leben in ein Davor und ein Danach teilen sollte, zog Bob Beamon rastlos durch Mexiko-Stadt. Die Scheidung von seiner Frau, die Aufregung um den Ausschluss der Black-Power-Protestler John Carlos und Tommie Smith, die Spannung vor dem größten Wettkampf seiner Karriere, all das wühlte ihn auf. „Mann, was habe ich mich verloren gefühlt“, sagte Beamon, der am Sonntag seinen 75. Geburtstag feiert, einst.
Nur ein paar Stunden nachdem sich Beamon „einige Tequila genehmigt“hatte, staunte die ganze Welt über diesen damals 22 Jahre alten Schlaks, den Waisenjungen aus New York. Olympische Spiele 1968, Finale im Weitsprung, Beamon steht mit der Startnummer 4 am Anlauf, er wartet 20 Sekunden – dann rennt er los und hebt ab. Er springt nicht, er fliegt. „Es war, als würde ich nie wieder landen“, sagte Beamon einmal über den Satz, der ihn unsterblich machte. Irgendwann landete er dann doch – bei sagenhaften 8,90 Meter.
Dass der Sprung weit war, wusste sofort das ganze Stadion. Aber es dauerte und dauerte, bis die Sensation endlich perfekt war. Weil die elektronische Messung versagte, musste erst ein herkömmliches Maßband besorgt werden. Die Kampfrichter liefen wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen umher. Immer wieder wurde nachgemessen. 65 000 Menschen im Stadion warteten gespannt auf die Weitenanzeige. Nach knapp 20 Minuten wird schließlich gemeldet: 8,90 Meter. Der Jahrhundertsprung. Aber Bob Beamon verstand zunächst überhaupt nichts.
„Ich wusste natürlich nicht einmal, was Meter sind“, sagte Beamon später. Erst als ihm ein Teamkollege zuruft, dass er mit seinen „29 Fuss und zweieinhalb Inches“in der Höhe von Mexiko-Stadt mit der damals neuartigen Tartanbahn eine der wohl größten Sensationen in der Sportgeschichte geschrieben hatte, riss Beamon die Arme hoch und sank überwältigt zu Boden, schluchzend kauerte er auf der Bahn.
Um satte 55 Zentimeter hatte er den Weltrekord verbessert, erst 23 Jahre später sollte in Mike Powell (8,95 Meter) ein Mensch weiter springen als Beamon an diesem 18. Oktober 1968.
Der große Jesse Owens prägte damals den Spruch vom „Sprung ins nächste Jahrhundert“, stellte aber auch fest: „Es gehört große moralische Widerstandskraft dazu, einen solchen Rekord zu ertragen. Die Menschen wollen die Steigerung.“Beamon, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, als Jugendlicher Mitglied in Schlägerbanden, bekannte zwei Jahre nach dem Wahnsinnssprung, dass ihn die Bürde des Rekordes fast erdrücke: „Es ist, als ob ich keine Luft mehr bekäme. Der Rekord macht mich fertig.“
Mehrmals erklärte Beamon, der bei der Siegerehrung wie Carlos und Smith gegen den Rassismus in der Heimat protestierte, seinen Rücktritt, wurde Basketballprofi bei den berühmten Harlem Globetrotters, scheiterte 1972 beim Comeback (6,96 Meter), war als gelernter Schneider Sozialarbeiter, leitete eine Diskotheken-Kette und Trainingszentren. Er startete viele Projekte und führte doch nichts erfolgreich zu Ende. Reich und wirklich glücklich wurde Bob Beamon nie. Nicht weniger als viermal trat er vor den Traualtar.
Dieser 18. Oktober 1968, dieser Sprung, den alle gesehen haben, war „der Höhepunkt in meinem Leben“, sagte Bob Beamon. Auf Autogrammkarten kritzelt er oft schlicht „8,90“.