Zurück in die Eiszeit
Eine Baustelle in Aalen gewährt gerade tiefe Einblicke in die Erdgeschichte.
- Zurück in die Eiszeit: Eine Baustelle in Aalen gewährt gerade tiefe Einblicke in die Erdgeschichte. An der Ziegelstraße wurde über Wochen kräftig gebaggert und man stieß auf mächtige Sandschichten. Manche Aalener vermuten sogar, man sei hier unterhalb des Tannenwäldles auf eine Eisenerz-Ader gestoßen. Denn dieser mächtige „Aufschluss“– so nennt man freigelegte Gesteinsschichten – hat eine bräunliche Farbe.Fast so wie eisenerzhaltige Schichten in den Aalener Höhenlagen und in der Juraschicht „Aalenium“mit ihren Fossilien, die die Große Kreisstadt in aller Welt bekannt machte. Zumindest Geologen und Besuchern großer internationaler Museen.
Ulrich Sauerborn, unter anderem Vorsitzender der Geologengruppe Ostalb, hat schon unzählige Gesteinsschichten, Geotope und urzeitliche Formationen gesehen. Solch einen bis zu 30 Meter mächtigen „Aufschluss“wie hier aber noch nie. Es handelt sich um die sogenannten „Goldshöfer Sande“, auf die man im Ostalbkreis immer wieder stößt und die abgebaut werden.
Entstanden sind sie im Erdzeitalter Pleistozän, das vor etwa 2,5 Millionen Jahre begann und vor etwa 12 000 Jahren endete. Die Goldshöfer Sande entstanden durch die Urbrenz. Das heutige Talsystem sah anders aus als heute. Vereinfacht gesagt hob sich die Albplatte, die Brenz wurde nach Süden abgedrängt. Ihr Flussgebiet eroberte die Jagst. Später wurde dann die Urjagst, die mit ihrem Oberlauf im Gebiet des heutigen Kochers – allerdings 30 Meter höher – floss, ihrerseits wieder vom Kocher „angezapft“. So „eroberte“der Kocher sein heutiges Gebiet am Oberlauf.
Die Aalener Bucht war einst riesiges Flusstal. Es ist spannend, wie Sauerborn, der den Aufschluss mit einem Geologen untersuchte, einen Rückblick in die Erdgeschichte gibt. Im Pleistozän wechselte immer wieder das Klima. Mal war Warmzeit, dann drehte es auf Eiszeit. Hier lebten in der Warmzeit Krokodile und Elefanten (gefunden in Unterkochen), dann wurde es wieder kälter. Davon zeugt etwa das Geweih eines Riesenelchs, das in Aalen gefunden wurde, oder Mammut-Knochen bei Rainau-Buch. Bei dem entdeckten Unterkiefer des Elefanten handelt es sich um einen verwandten des Mammuts, allerdings ohne Fell.
Es gab damals „massivste Klimawechsel“, erklärt Sauerborn. Es gab nahezu tropische Phasen und dann wieder eiskalte. Schneeschmelzen ließen die Flüsse massiv ansteigen und Erosion folgte. Dass das Gebiet um Aalen auch eine lange Zeit Tundra war, davon zeugen „eindeutig Pollenanalysen“, bemerkt der ehemalige Leiter des Aalener Urwelt-Museums mit seiner größten Fossiliensammlung Süddeutschland.
Dort, wo die Urbrenz die Goldshöfer Sande abgelagert hat, finden sich allerdings kaum oder gar keine Fossilien. Die Knochen wurden durch chemische Prozesse entkalkt und lösten sich auf. Dafür findet man an vielen anderen Stellen in der Aalener Bucht Fossilien, die einzigartig sind und schon vor über 150 Jahre Geologen nach Aalen lockte. Die Schichtbezeichnung „Aalenium“soll erstmals der Schweizer Geologe Mayer-Eymar im Jahr 1864 benutzt haben.
Um Eisenerz handelt es sich in dem Bereich, in dem gerade der Lebensmittelladen „Tegut“entsteht, also nicht. Das findet sich jedoch weiter oben.
Im Tannenwäldle wurde mit großer Wahrscheinlichkeit zum ersten Mal Eisenerz gefunden, allerdings nicht in einem Bergwerk, sondern durch oberflächigen Tagebau. Mit der Eisenindustrie hängen aber die Goldshöfer Sande doch zusammen: Er diente früher als Formsand beim Eisenguss.
„Es gab damals massivste Klimawechsel“, sagt Ulrich Sauerborn, Vorsitzender der Geologengruppe Ostalb.