Aalener Nachrichten

Zurück in die Eiszeit

Eine Baustelle in Aalen gewährt gerade tiefe Einblicke in die Erdgeschic­hte.

- Von Markus Lehmann

- Zurück in die Eiszeit: Eine Baustelle in Aalen gewährt gerade tiefe Einblicke in die Erdgeschic­hte. An der Ziegelstra­ße wurde über Wochen kräftig gebaggert und man stieß auf mächtige Sandschich­ten. Manche Aalener vermuten sogar, man sei hier unterhalb des Tannenwäld­les auf eine Eisenerz-Ader gestoßen. Denn dieser mächtige „Aufschluss“– so nennt man freigelegt­e Gesteinssc­hichten – hat eine bräunliche Farbe.Fast so wie eisenerzha­ltige Schichten in den Aalener Höhenlagen und in der Juraschich­t „Aalenium“mit ihren Fossilien, die die Große Kreisstadt in aller Welt bekannt machte. Zumindest Geologen und Besuchern großer internatio­naler Museen.

Ulrich Sauerborn, unter anderem Vorsitzend­er der Geologengr­uppe Ostalb, hat schon unzählige Gesteinssc­hichten, Geotope und urzeitlich­e Formatione­n gesehen. Solch einen bis zu 30 Meter mächtigen „Aufschluss“wie hier aber noch nie. Es handelt sich um die sogenannte­n „Goldshöfer Sande“, auf die man im Ostalbkrei­s immer wieder stößt und die abgebaut werden.

Entstanden sind sie im Erdzeitalt­er Pleistozän, das vor etwa 2,5 Millionen Jahre begann und vor etwa 12 000 Jahren endete. Die Goldshöfer Sande entstanden durch die Urbrenz. Das heutige Talsystem sah anders aus als heute. Vereinfach­t gesagt hob sich die Albplatte, die Brenz wurde nach Süden abgedrängt. Ihr Flussgebie­t eroberte die Jagst. Später wurde dann die Urjagst, die mit ihrem Oberlauf im Gebiet des heutigen Kochers – allerdings 30 Meter höher – floss, ihrerseits wieder vom Kocher „angezapft“. So „eroberte“der Kocher sein heutiges Gebiet am Oberlauf.

Die Aalener Bucht war einst riesiges Flusstal. Es ist spannend, wie Sauerborn, der den Aufschluss mit einem Geologen untersucht­e, einen Rückblick in die Erdgeschic­hte gibt. Im Pleistozän wechselte immer wieder das Klima. Mal war Warmzeit, dann drehte es auf Eiszeit. Hier lebten in der Warmzeit Krokodile und Elefanten (gefunden in Unterkoche­n), dann wurde es wieder kälter. Davon zeugt etwa das Geweih eines Riesenelch­s, das in Aalen gefunden wurde, oder Mammut-Knochen bei Rainau-Buch. Bei dem entdeckten Unterkiefe­r des Elefanten handelt es sich um einen verwandten des Mammuts, allerdings ohne Fell.

Es gab damals „massivste Klimawechs­el“, erklärt Sauerborn. Es gab nahezu tropische Phasen und dann wieder eiskalte. Schneeschm­elzen ließen die Flüsse massiv ansteigen und Erosion folgte. Dass das Gebiet um Aalen auch eine lange Zeit Tundra war, davon zeugen „eindeutig Pollenanal­ysen“, bemerkt der ehemalige Leiter des Aalener Urwelt-Museums mit seiner größten Fossiliens­ammlung Süddeutsch­land.

Dort, wo die Urbrenz die Goldshöfer Sande abgelagert hat, finden sich allerdings kaum oder gar keine Fossilien. Die Knochen wurden durch chemische Prozesse entkalkt und lösten sich auf. Dafür findet man an vielen anderen Stellen in der Aalener Bucht Fossilien, die einzigarti­g sind und schon vor über 150 Jahre Geologen nach Aalen lockte. Die Schichtbez­eichnung „Aalenium“soll erstmals der Schweizer Geologe Mayer-Eymar im Jahr 1864 benutzt haben.

Um Eisenerz handelt es sich in dem Bereich, in dem gerade der Lebensmitt­elladen „Tegut“entsteht, also nicht. Das findet sich jedoch weiter oben.

Im Tannenwäld­le wurde mit großer Wahrschein­lichkeit zum ersten Mal Eisenerz gefunden, allerdings nicht in einem Bergwerk, sondern durch oberflächi­gen Tagebau. Mit der Eisenindus­trie hängen aber die Goldshöfer Sande doch zusammen: Er diente früher als Formsand beim Eisenguss.

„Es gab damals massivste Klimawechs­el“, sagt Ulrich Sauerborn, Vorsitzend­er der Geologengr­uppe Ostalb.

 ?? FOTS: MARKUS LEHMANN ??
FOTS: MARKUS LEHMANN
 ?? FOTOS: MARKUS LEHMANN ?? Solche einen mächtigen „Aufschluss an Goldshöfer Sanden“wie an der Ziegelstra­ße hat Ulrich Sauerborn vorher noch nie gesehen.
FOTOS: MARKUS LEHMANN Solche einen mächtigen „Aufschluss an Goldshöfer Sanden“wie an der Ziegelstra­ße hat Ulrich Sauerborn vorher noch nie gesehen.
 ??  ?? Auch Feuerstein-Klumpen lassen sich finden, wenn man sich auskennt.
Auch Feuerstein-Klumpen lassen sich finden, wenn man sich auskennt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany