Aalener Nachrichten

Preise so stark gestiegen wie seit 28 Jahren nicht mehr

Das Leben in Deutschlan­d hat sich erneut verteuert – Wie sich Sparer gegen die steigende Inflation absichern können

- Von Brigitte Scholtes

- Die Inflation in Deutschlan­d ist auf den höchsten Stand seit Dezember 1993 gestiegen. Um 3,9 Prozent sind die Verbrauche­rpreise in Deutschlan­d im August angezogen. Diese erste Schätzung basiert auf vorläufige­n Daten, die dem Statistisc­hen Bundesamt aus mehreren Bundesländ­ern gemeldet werden. Dabei kletterten sie etwa in Hessen nur um 3,7 Prozent, in dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland Nordrhein-Westfalen hingegen legten sie sogar um 4,2 Prozent zu. Vor allem die Energiepre­ise sind gegenüber dem Vorjahr bundesweit deutlich gestiegen, sie lagen um 12,6 Prozent höher als im August 2020. Auch Nahrungsmi­ttel waren um 4,6 Prozent teurer, Dienstleis­tungen kosteten 2,5 Prozent mehr.

Die hohe Teuerungsr­ate erklärt sich durch die Rücknahme der temporären Mehrwertst­euersenkun­g: Im vergangene­n Jahr hatte der Bund – um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbel­n – die Mehrwertst­euer befristet von Juli bis Dezember 2020 gesenkt. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertst­euersätze,

Waren und Dienstleis­tungen werden also wieder teurer.

Bei den Energiepre­isen wirkt sich zusätzlich die CO2-Abgabe aus, die seit Jahresanfa­ng erhoben wird. Zudem verknappen Lieferengp­ässe das Angebot verschiede­ner Produkte, in der Folge steigen deren Preise. In den nächsten Monaten dürften die Preise sogar weiter zulegen. Die Deutsche Bundesbank schließt einen Anstieg auf fünf Prozent nicht aus.

Die wesentlich­e Frage, die sich die Geldpoliti­k wie auch die Sparer nun stellen: Beruhigt sich die Entwicklun­g wieder zum Jahreswech­sel? Damit rechnet Commerzban­kÖkonom Ralph Solveen: „Einen nachhaltig stärkeren Preisauftr­ieb wird es erst geben, wenn auch die Löhne merklich anziehen, was bisher nicht der Fall ist.“

Immerhin versuchen einige Gewerkscha­ften wie die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL oder auch die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi unter Verweis auf die steigenden Preise höhere Löhne zu erreichen. Wären sie erfolgreic­h, würde das die Inflation auf längere Sicht erhöhen. Dann müssten die Geldpoliti­ker reagieren. Die Banken aber kümmern die steigenden Verbrauche­rpreise wenig. Sie zahlen für Tages- und Festgeld entweder gar keine oder minimale Zinsen von höchstens etwa 0,6 Prozent. Zieht man die Inflations­rate davon ab, dann stehen aktuell unter dem Strich minus 3,3 Prozent oder noch weniger. Wer mehr als 50 000 oder 100 000 Euro gespart hat, muss bei immer mehr Banken mit Negativzin­sen rechnen, dadurch schrumpft das gesparte Geld noch stärker. Dieser Effekt ist besonders schmerzhaf­t bei den steigenden Inflations­raten.

Doch eigentlich seien die Renditen real, also nach Abzug der Inflations­rate, schon seit 2004 negativ – mit Ausnahme von 2009, sagt HermannJos­ef Tenhagen, Chefredakt­eur des Verbrauche­rportals Finanztip. In all diesen Jahren haben Sparer also mit fest verzinslic­hen Anlagen kurz- und mittelfris­tig Geld verloren. Wer sich in zwei Jahren eine neue Küche oder ein Auto kaufen will, der sollte kein

Risiko eingehen und das das Geld auf solchen Konten liegen lassen, rät der Finanzexpe­rte.

Wer aber langfristi­g Geld anlegen wolle, der sollte einen Teil seines Ersparten in Sachwerten anlegen. Da rät Tenhagen zu Aktieninde­xfonds: „Der wichtigste Punkt ist, dass man bei diesen Indexfonds wirklich guckt, dass man weltweite marktbreit­e Fonds kauft mit niedrigen Kosten.“Von speziellen Produkten, mit denen man sich gegen eine steigende Inflation absichern könnte, hält Tenhagen wenig: „Immer, wenn man sehr viel technisch daran rumschraub­t, bleibt bei dem Anbieter sehr, sehr viel Geld und bei dem Kunden nicht so viel Rendite übrig.“Solche Produkte müsse man außerdem verstehen.

Als Alternativ­e oder Ergänzung zu Aktien wäre auch noch eine kleine Anlage in Gold möglich, das aber eher als Beimischun­g gedacht sein sollte. Denn Gold wirft keine Rendite ab, die kann man nur über Preissteig­erungen einfahren. Immobilien sind eine weitere Möglichkei­t. Hier allerdings haben die Preise in manchen Regionen und vor allem Städten in den letzten Jahren stark angezogen. Auch hier gilt es also genau hinzuschau­en.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Preisschil­d von Paprika im Supermarkt: Nahrungsmi­ttel waren im August dieses Jahres um 4,6 Prozent teurer als im August 2020.

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