Der Ostalb-Brocken geht auf die Reise
Kunstprojekt des Künstlerkollektivs K zum 50-jährigen Bestehen des Ostalbkreises
- „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen“, hat Johann Wolfgang von Goethe einmal gesagt. Das Künstlerkollektiv Aalen hat mit seinem Projekt „Brocken – Ein Kunstwerk durchwandert die Ostalb“dieses Zitat neu für sich und die Region ausgelegt. Denn zum einen wird der sogenannte „Ostalb-Brocken“– eine fünf Tonnen schwere Plastik aus Beton – niemandem in den Weg gelegt, sondern stattdessen von Gemeinde zu Gemeinde weitergereicht, zum anderen ist der „Stein“in diesem Fall selbst das Kunstobjekt.
Das Künstlerkollektiv Aalen – bestehend aus Andreas Böhm, Martina Ebel, Silke Schwab, Ines Tartler und Andreas Welzenbach – hat den Brocken als Beitrag zum diesjährigen Ostalb-Kultursommer gestaltet. Am Donnerstagabend war bei einer feierlichen Auftaktveranstaltung am Bucher Stausee der Start der Reise des ortsübergreifenden Kunstprojekts. Auch Landrat Joachim Bläse als Schirmherr des Ostalb-Kultursommers war an diesem Abend zu Gast: „Die Schwäbische Alb ist Teil unseres Kreises, ist Teil unserer Identität. Der Brocken zeigt, was in den 50 Jahren Ostalbkreis geschaffen wurde“, sagte er.
Anlässlich dieses Jubiläums im Jahr 2023 soll der Brocken bis dahin alle 42 Städte und Gemeinden des Kreises „durchwandert“haben. Mit der individuellen Gestaltung des Steins durch die Kommunen, beispielsweise mittels eines Schildes, Bemalungen, einer Pflanze oder Fundstücken mit Lokalbezug, soll der Brocken die Vielfalt der Ostalb symbolisch in einem Kunstwerk vereinen. Der Kreativität seien hierbei keine Grenzen gesetzt, sagte Künstlerin Ines Tartler, die das Projekt vorstellte. Einzige Ausnahme: Der Stein müsse transportierfähig bleiben.
Musikalisch begleitet von der Musikkapelle Dalkingen, übergab Ines Tartler zusammen mit ihren Kollektivkollegen Andreas Böhm den Rohling an die Gemeinde Rainau – und damit an die erste Kommune, die sich auf dem Brocken verewigen darf. Als persönliche Signatur der Gemeinde Rainau gipste Limesexperte und Bürgermeister a.D. Roland Gauermann zwei Steine des Grenzwalls in den Brocken ein. „Alle typischen Einrichtungen der Limesgrenze sind als Originale in der freien Landschaft unüberbaut erhalten geblieben. Das gibt es auf der gesamten Limesstrecke von 550 Kilometer nur noch selten“, erklärte Gauermann die Entscheidung der Gemeinde für die zwei Sandsteinquader. Sie stammen aus einem Waldstück nahe des Limesturms. Ein Sturm hatte dort vor Kurzem einen Baum entwurzelt und darunter Reste der Grundmauern des Limes zutage gefördert. „Das sind Steine, die sind sicher von einem römischen Auxiliar-Soldat vermauert worden. Die hat noch kein anderer in der Hand gehabt“, erklärte Gauermann.
Entstanden ist der Ostalb-Brocken Mitte Juli auf einem unbebauten Grundstück in Essingen. Das Kollektiv hatte dazu zunächst ein Loch gegraben und mittels einer stabilisierenden Metall-Armierung die Plastik vorgeformt. Anschließend brachten die Künstlerinnen und Künstler verschiedene Materialien wie Glas, Kupfer und Ton und Lehm an den Wänden des Erdlochs an.
„Wir wollten ein bisschen einen Glanz haben in dem Brocken. Wir wollten einerseits natürlich diesen Rohling, der die Spur von der Erde aufnimmt, die Steine aus der Erde aufnimmt, aber wir konnten uns nicht verkneifen, diesen Eingriff zu machen, und platzieren etwas, das das Licht einfängt, etwas, das reflektiert, die Blicke auf sich zieht“, sagte Ines Tartler im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten / Ipf- und Jagst-Zeitung“.
Abschließend gossen die Künstlerinnen und Künstler die Form mit Beton aus, ließen sie eine Woche trocknen und bargen sie dann aus der Erde. Eine so große Plastik hat noch keiner der fünf Künstlerinnen und Künstler angefertigt. „Das war auch Neuland für uns, aber eine sehr schöne Gemeinschaftsarbeit“, sagte Andreas Böhm.
Noch bis zum 7. September liegt der Ostalb-Brocken am Ufer des Bucher Stausees. Danach nimmt ihn für zwei Wochen die Gemeinde Gschwend in Obhut. Abholen muss die jeweils nachfolgende Gemeinde den Brocken jeweils selbst. „Unser ganzer Prozess mit dem Brocken, unser Modellieren, unser Arbeiten war auch nur möglich über Zusammenarbeit mit den Menschen. Und genau so wollen wir das jetzt auch weitergeben, deswegen auch die Aufgabe an die Gemeinden, den Brocken jeweils am Vorort abzuholen“, so Ines Tartler.
Die Künstler und Künstlerinnen werden das Projekt weiterhin begleiten und den Gemeinden bei der Suche nach einem passendem Standort helfen. Vor allem sind sie gespannt, wie der Brocken aussieht, wenn er 2023 mit der letzten Station, der Kreisstadt Aalen, sein Ziel erreicht haben wird. So auch Ines Tartler: „Er geht jetzt auf die Reise, für die er bestimmt war. Ich bin total gespannt und würde mich freuen, wenn viele Gemeinden grandiose Gestaltungen anbringen würden.“