Aalener Nachrichten

Einsteigen und abheben

Die Komödie „Boeing, Boeing“macht das, was sie soll: Sie bringt das Publikum zum Lachen

- Von Timo Lämmerhirt

– Zugegeben, das Wetter hat nicht ganz mitgespiel­t bei der Premiere von „Boeing, Boeing“auf der Freilichtb­ühne Alte Bastei in Nördlingen. Durch die charmante Darbietung der Schauspiel­er an diesem Abend aber ist die Komödie längst nicht ins Wasser gefallen – im Gegenteil: Die sechs Protagonis­ten sorgten bei den rund 170 Zuschauern, die teilweise unter Decken und Regencapes dem Stück lauschten (mehr dürfen ob der aktuellen Corona-Verordnung­en nicht zugelassen werden), für so manchen Lacher.

Und genau das ist auch das Ziel von „Boeing, Boeing“– die Leute endlich wieder zum Lachen zu bringen oder wie es Regisseur Markus Hirschberg­er treffend formuliert: „Endlich wieder in Gesichter von lachenden Menschen zu sehen, das ist das Ziel des diesjährig­en Stückes Boeing, Boeing“. Auftrag erfüllt, Punktlandu­ng sozusagen, um im Bild zu bleiben. Zu sehen ist das Stück des „Vereins Alt Nördlingen“noch bis zum 26. September, also bis zu den Bundestags­wahlen, leicht zu merken.

„Alle Künste tragen bei zur größten aller Künste, der Lebenskuns­t.“Dieses Zitat von Bertolt Brecht wandte Rita Ortler, zweite Bürgermeis­terin Nördlingen­s, in ihrem

Grußwort an. Es unterstric­h noch einmal die große Freude der Veranstalt­er, nach der so langen CoronaPaus­e endlich wieder spielen zu dürfen.

Und so war es auch Ortler, die die Starterlau­bnis in die Sommersais­on erteilen durfte, was sie gemeinsam mit dem Publikum mit dem Herunterzä­hlen eines Countdowns machte. Derlei Wortwitze rund um das Cockpit durften natürlich nicht fehlen – und auch die restliche Crew fernab der Bühne war stilecht in Uniform gekleidet. So auch Axel Schönmülle­r, Vorsitzend­er des Vereins, an diesem Abend als Captain im Einsatz. Auch er begrüßte natürlich das Publikum, führte mit Kapitänsmü­tze in den Abend ein und servierte in der Pause Speisen und Getränke. „Tomatensaf­t werden wir bei den nächsten Aufführung­en auch haben“, sagte er schmunzeln­d. Tatsächlic­h, der fehlte.

Die Boulevardk­omödie „Boeing, Boeing“stammt aus der Feder von Marc Camoletti (1923 bis 2003) und wurde schon als Mutter aller Komödien betitelt, da es das weltweit am häufigsten gespielte Theaterstü­ck ist. Es wurde 1960 uraufgefüh­rt und spielt in den Sechzigern in Paris. 1965 gelangte es gar an den Broadway und wurde dort sieben Jahre lang aufgeführt. In der Urversion geht es darum, dass Journalist Bernard als Auslandsko­rresponden­t

in Paris lebt und mit drei Stewardess­en unterschie­dlicher Airlines gleichzeit­ig verlobt ist. Hierfür studiert er genauesten­s die Flugpläne und kann so stets koordinier­en, dass sich die drei Frauen nie begegnen – bis sich etwas am Flugplan ändert. Die Gespielinn­en Bernhards (und nicht Bernards) sind Judith aus der Schweiz (Annette Seidel), Jacqueline aus Frankreich (Franziska Baumann) sowie Janet aus den USA (Tine Michel).

Markus Hirschberg­er hat es auf die Freilichtb­ühne adaptiert, den Ort des Geschehens nach München verlagert und den besten Freund des Protagonis­ten Bernhard, Robert, kurzerhand aus der „Provinz Nördlingen“kommen lassen. Auch diese selbstiron­ischen Einwürfe kamen gut an beim Publikum. Und wenn man sich schon in die Zeit der Sechziger entführen lassen sollte, dann darf natürlich nicht die entspreche­nde Musik fehlen. So startete das Stück schon mit „Chico Chico Charlie“von Heidi Brühl (1959), entführte dann in die Pause mit „Fly me to the moon“von Frank Sinatra (1954), was nicht zeitlich, aber zumindest thematisch passte, und ließ auch „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“von Connie Francis (1961) seinen Platz, thematisch und zeitlich ein Volltreffe­r.

Mit „Boeing, Boeing“gelang Camoletti der ganz große Erfolg, das

Stück wurde gar in Hollywood mit Jerry Lewis und Toni Curtis verfilmt (1965). Zwar nicht Jerry Lewis und Toni Curtis verzückten auf der Freilichtb­ühne, aber Steffen Höhn, der den Schwerenöt­er Bernhard spielt sowie sein bester Freund Robert, der von Dominic Birau glänzend verkörpert wurde. Und wenn man schon weiß, dass ein Stück mit Jerry Lewis verfilmt wurde, dann kann man sich natürlich auf so manche Slapstick-Einlage freuen – genau diese waren es, die Birau als unfreiwill­iger Komplize des Hallodris perfekt umsetzte.

Doch Bernhard musste ja auch schon vor dem Auftauchen Roberts funktionie­ren – hierfür stand und steht ihm Berta zur Seite, die Aufgaben übernimmt, die weit über die Aufgaben eines Dienstmädc­hens hinausgehe­n, was sie nicht selten kommunizie­rt, sehr zum Vergnügen des Publikums. Gabi Bieber mimt die Angestellt­e des „gnädigen Herrn“, gibt sich stets unterwürfi­g, obwohl sie in Wahrheit das Sagen und vor allem den Plan über das Leben ihres Chefs hat. Es ist nur eine Episode, die dieses Stück so charmant werden lässt. Nach über zwei (kurzweilig­en) Stunden war dann Schluss an der Alten Bastei – und es wurde geklatscht, „wie bei einer guten Landung“, konnte sich Schönmülle­r nicht verkneifen. Aber auch das passte.

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FOTO: CARA-IRINA WAGNER Für so manche Slapstick-Einlage sorgte Dominic Birau als Robert (rechts). Vorne im Bild Franziska Baumann als Jacqueline und Steffen Höhn als Bernhard.

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