Lernbrücken schließen Lernlücken
Lernrückstand durch Corona: Viele Schüler nutzen in den Ferien das Nachhilfe-Angebot der Ellwanger Schulen
- Auch in diesen Sommerferien wird in den Ellwanger Schulen wieder schwer gebüffelt. Rund 100 Schüler nehmen hier seit rund anderthalb Wochen an den sogenannten Lernbrücken teil. Bei diesem Angebot des baden-württembergischen Kultusminsteriums handelt es sich um einen intensiven Nachhilfeunterricht für Schüler, die pandemie-bedingte Lernrückstände aufholen müssen.
Das Nachhilfe-Angebot ist freiwillig. Kein Schüler wird in den Lernbrücken-Unterricht gezwungen. Trotzdem ist die Nachfrage in Ellwangen groß. Sogar noch größer als in den letzten Sommerferien. Damals hatten sich – nach dem ersten Corona-Lockdown – etwa 30 Schüler für den Nachhilfeunterricht gemeldet. In diesen Sommerferien sind es rund 100. Sie werden derzeit an der Mittelhof- und Buchenbergschule sowie am Hariolf-Gymnasium und an der Grundschule Röhlingen in kleinen Lerngruppen unterrichtet.
„Das Arbeiten in kleinen Einheiten ist ein riesiger Vorteil. Gerade für etwas schwächere Schüler“, betont Anne Schneider, Lehrerin an der Mittelhofschule. Die Kinder trauten sich, nachzufragen, wenn etwas unklar ist. Ein weiterer Vorteil sei es, dass die Lehrer an derMittelhofschule in den Lernbrücken vornehmlich Kinder unterrichten, die sie auch sonst im regulären Unterricht haben. „Wir kennen diese Schüler und ihre Lerndefizite bestens und können sie deshalb auch da abholen, wo sie gerade stehen. Das ist ideal.“
Dass während der Corona-Pandemie
bei vielen Schülern Lernlücken entstanden sind, steht für die Pädagogin Schneider übrigens außer Frage.
Joseph Ott, Rektor der Buchenbergschule, verweist in diesem Zuge auf eine Schätzung der Ständigen wissenschaftlichen Kommission. Demnach hat sich während der Pandemie rund ein Drittel der Kinder schulisch verbessert, ein Drittel ist leistungstechnisch auf dem gleichen Niveau geblieben, das letzte Drittel ist abgefallen – „und zwar immens“, sagt Ott. Für diese Kinder seien die Lernbrücken ein echter Segen. Hier könnten sie „ohne Druck“und in „gechillter Atmosphäre“Wissen auffrischen und Lernrückstände aufholen. Der Schulstart nächste
Woche verliere damit seinen Schrecken. „Die Schüler fühlen sich gut vorbereitet und sind schon im Lernmodus“, sagt Ott.
Der Leiter der Buchenbergschule bedauert in diesem Zusammenhang nur, dass nicht noch mehr Schüler die Lernbrücken nutzen. „Wir haben leider nicht alle Schüler bekommen, die wir hier gerne hätten und die diesen Förderunterricht auch dringend bräuchten“, sagt Ott. Deshalb werde der Unterrichtsbeginn nach den Ferien auch durchaus zu einer Herausforderung. Vor allem für die Lehrkräfte. Man bekäme es mit Schüler zu tun, die unterschiedlich gut in den Unterricht zurückfinden werden.
Wie Harald Rathgeb verdeutlicht, hätten die Ellwanger Schulen tatsächlich problemlos noch weitere Schüler in den Lernbrücken betreuen können. Denn: Es habe keinerlei Schwierigkeiten gegegeben „hauseigenes Personal“für den Zusatzunterricht in den großen Ferien zu finden. „Im Gegenteil: Bei uns hatten sich mehr Lehrkräfte gemeldet als bei uns gebraucht wurden“, berichtet Rathgeb. Auch einige Refendare seien aktuell im Einsatz. Sie würden für dieses Engagement mit einer um zwei Wochen vorgezogenen Einstellung ins Beamtenverhältnis belohnt.
Bei der Stadt freut man sich derweil, dass die Lernbrücken in Ellwangen so gut laufen und von den Schülern auch entsprechend angenommen werden. Bürgermeister Volker Grab zeigte sich vor allem vom Einsatz der Lehrkräfte und vom „positiven Feedback“der Schüler beeindruckt. Den Kindern mache der Unterricht in der Ferienzeit offenkundig Spaß. Was Lehrerin Anne Schneider und Rektor Joseph Ott bestätigte. Die Kinder hätten genug vom Homeschooling. Und es gehe beileibe auch nicht für jedes Kind in den Ferien auf große Urlaubsreise. „Viele sitzen zuhause und haben sehr viel Zeit. Für diese Kinder ist der Unterricht tatsächlich eine willkommene Abwechslung“, so Ott. Manche würden regelrecht bedauern, dass die Nachhilfe am Vormittag nur drei Zeitstunden dauert, ergänzt Schneider, die von Schülern schon gefragt wurde, ob sie Lernmaterial mit nach Hause nehmen dürften.