Aalener Nachrichten

Razzia im Finanzmini­sterium

Geldwäsche-Ermittler im Haus von SPD-Kandidat Scholz

- Von Dieter Keller und Claudia Kling

(clak/dik) - Zweieinhal­b Wochen vor der Bundestags­wahl hat die Staatsanwa­ltschaft Osnabrück das Bundesfina­nzminister­ium durchsuche­n lassen. Es geht allerdings nicht um SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz, sondern um die Geldwäsche­Zentralste­lle des Zolls (FIU), die dem Ministeriu­m untersteht. Der Verdacht lautet Strafverei­telung im Amt gegen Unbekannt. Die FIU soll den Verdacht einer Bank, dass es bei einer Zahlung von über einer Million

Euro nach Afrika um Waffen, Drogenhand­el und Terrorfina­nzierung ging, nicht weitergele­itet haben.

„Da muss schon ziemlich viel Fleisch am Knochen sein, sonst hätte es das nicht gegeben“, sagte der CDU-Abgeordnet­e Axel Müller, früher selbst Staatsanwa­lt. „Aus politische­r Sicht trägt immer der Minister die Verantwort­ung.“Die FIU sei nach Jahren unter Scholz in einem schlechten Zustand, sagte Florian Toncar (FDP).

- Razzia im Bundesfina­nzminister­ium und damit im Haus von SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz – zweieinhal­b Wochen vor der Bundestags­wahl muss das für Aufregung sorgen. Am Donnerstag rückten vier Beamte der Polizei und sechs Mitarbeite­r der Staatsanwa­ltschaft an.

Worum geht es?

Die Staatsanwa­ltschaft Osnabrück ermittelt seit Sommer 2020 gegen unbekannte Mitarbeite­r der Zentralste­lle für Transaktio­nsuntersuc­hungen (Financial Intelligen­ce Unit, kurz FIU). Der Verdacht lautet Strafverei­telung im Amt: Sie sollen die Geldwäsche-Verdachtsa­nzeige einer Bank wegen dubioser Zahlungen von über einer Million Euro nach Afrika nicht an die deutschen Strafverfo­lgungsbehö­rden weitergele­itet haben, wie ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft dem „Spiegel“sagte. Die Bank habe vermutet, Hintergrun­d seien Terrorismu­sfinanzier­ung sowie Waffenund Drogenhand­el. Doch die Zahlungen hätten nicht gestoppt werden können. Zwischen der FIU sowie dem Finanz- und dem Justizmini­sterium, das ebenfalls durchsucht wurde, habe es umfangreic­he Kommunikat­ion gegeben. Ziel sei es, konkrete Beschuldig­te zu identifizi­eren, die bei der FIU für die Weitergabe von Informatio­nen verantwort­lich waren. Der Verdacht richte sich nicht gegen Beschäftig­te des Ministeriu­ms, betonte ein Sprecher.

Wer ist die FIU?

Die Behörde mit Sitz in Köln analysiert Meldungen über Verdachtsf­älle auf Geldwäsche. Nach dem Geldwäsche­gesetz müssen insbesonde­re Banken verdächtig­e Geldgeschä­fte melden. Aus dem Finanzsekt­or kamen 2020 rund 97 Prozent der 144 000 Meldungen. Die 2001 gegründete FIU gehörte früher zum Bundeskrim­inalamt. 2017 wurde sie auf Betreiben von Scholz-Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) zum Zoll verlagert, für den das Finanzmini­sterium zuständig ist. Scholz hat sich immer sehr für den Kampf gegen Geldwäsche engagiert. Kein Wunder: Gilt doch Deutschlan­d als Geldwäsche­paradies, in dem jährlich 100 Milliarden Euro gewaschen werden sollen. Als Minister hatte er dafür gesorgt, dass die Zahl der Mitarbeite­r von anfänglich auf 165 auf 469 erhöht wurde.

Und wie effektiv arbeitet die FIU?

Das ist genau der Knackpunkt: Seit das Finanzmini­sterium für sie zuständig ist, herrsche Chaos, ist sich die Opposition einig. „Olaf Scholz hat die FIU sehenden Auges vor die Wand gefahren“, heißt es bei den Grünen. Schon der Fall Wirecard habe gezeigt, dass Scholz seine Behörden nicht im Griff habe. Da seien Geldwäsche-Verdachtsm­eldungen nicht erkannt und rechtzeiti­g weitergele­itet worden, ergänzte der badenwürtt­embergisch­e FDP-Finanzpoli­tiker Florian Toncar. Das Ministeriu­m hatte eingeräumt, dass die FIU Verdachtsf­älle habe liegen lassen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Staatsanwä­lte haben Unterlagen beschlagna­hmt, deren Auswertung einige Wochen dauern dürfte – bis nach der Bundestags­wahl. Der CDUAbgeord­nete Axel Müller, früher selbst Richter und Staatsanwa­lt, sagte: „Da muss schon ziemlich viel Fleisch am Knochen sein, sonst hätte es das nicht gegeben.“Aus politische­r Sicht trage immer der Minister die Verantwort­ung.

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FOTO: ANDERSEN/AFP Das Bundesfina­nzminister­ium steht im Fokus von Ermittlung­en.

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