„Herzensprojekt“erfolgreich gestartet
Kinder lernen in Kursen der kooperativen Jugendkunstschule diverse Formen von Kunst kennen
- Mit konzentrierter Miene setzt Amelie den Pinsel auf der Pappierolle an. Von den Kindern, die um sie herum ausgelassen lachen, am anderen Ende der Biertischgarnitur in ihre eigenen Rollen tröten oder auf der Wiese des Spielplatzes Fangen spielen, lässt sie sich nicht stören. Mit grellpinker Farbe malt die Siebenjährige auf den braunen Karton erst einen Bogen in die eine, dann in die andere Richtung, bis ein kleines Herz entsteht. Daneben hat sie bereits einige grüne und blaue Streifen gemalt. Amelie ist eines der ersten 15 Kinder, das die neu gegründete kooperative Jugendkunstschule der Stadt Aalen besuchen darf.
‚Kooperativ‘ an der Jugendkunstschule ist die Zusammenarbeit mit den Kunst- und Kulturschaffenden der Region. Niederschwellig – denn ohne Leistungsdruck, aber dafür mit viel Raum für Kreativität – sollen Kinder und Jugendliche die verschiedenen Facetten von Kunst für sich entdecken können. Direkt vor Ort und aus erster Hand. So organisiert das Theater Aalen zum Beispiel einen Kostümworkshop, die Stadtbibliothek bastelt mit den Kindern Kunst aus alten Büchern, und die Volkshochschule bietet Kurse zum experimentellen Malen oder zur Fotografie an. „Wir sind wirklich dankbar, dass wir in dieser Kooperation so ein Angebot machen können“, erklärt Aalens Pressesprecherin Karin Haisch im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten/
Ipf- und Jagst-Zeitung.
Den Auftakt zur Jugendkunstschule hat diese Woche die Aalener Künstlergruppe „Kollektiv K“mit dem fünftägigen Ferienkurs gemacht, in dem sie mit den Kindern unter anderem Farben aus Naturmaterialien hergestellt, T-Shirts bemalt und einen Zeichentrickfilm vertont hat. „Wir haben das Gefühl, dass die Kinder auf jeden Fall sehr viel Spaß haben und gut mitmachen. Man merkt auch, wenn man ein Thema anspricht, dass alle sehr interessiert sind“, sagt Kollektiv KKünstler Jakob Arold rückblickend auf die ersten Tage.
Am Mittwochmorgen hat das Kollektiv mit den Nachwuchskünstlern auf einem Spielplatz in Unterkochen eigene Instrumente gebastelt. Amelie und ihre Freundin Clara gestalten hierbei eine Rassel, andere Kinder wie beispielsweise der siebenjährige Valentin basteln dagegen Tröten. Die Farben auf Amelies Papprolle sind inzwischen am Trocknen. Die Wartezeit überbrücken sie und ihre Freundin
Clara daher erst einmal mit einer Runde Seilbahnfahren und Schaukeln. „Ich find’s schön, dass ich hier meine Freunde sehe, und dass ich dabei malen, basteln und spielen kann“, freut sich die Wasseralfingerin über die Abwechslung.
Der Ausgleich zwischen künstlerischem Werken und Herumtoben ist auch den Künstlern im Umgang mit den Kindern wichtig. „Da kann man dann auch mal sagen ‚Zehn Minuten alle einmal rutschen‘ und dann kriegt man das auch ganz gut hin“, so Arold.
Seit 2019 plant die Stadt Aalen die Gründung einer kooperativen Jugendkunstschule. Die Corona-Pandemie hat den Start des Projektes jedoch stark verzögert und die Planung für mehrere Monate auf Eis gelegt. Umso wichtiger war es Oberbürgermeister Thilo Rentschler, die Jugendkunstschule mit Wiedereröffnung der Kulturund Bildungseinrichtungen so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. „Unser Chef auf der Zielgerade hat die Jugendkunstschule zuletzt zu seinem wichtigsten Projekt – zu seinem Herzensprojekt – gemacht, weil eben gerade die Kinder in der Coronazeit unheimlich zu leiden haben und deswegen auch der Wunsch, da mit so einem Angebot eine Kompensation zu schaffen“, teilt Karin Haisch stellvertretend mit.
Mit dem Workshop der Künstlergruppe ist die kooperative Jugendkunstschule in eine einjährige Pilotphase gestartet. Im ersten Quartal des kommenden Jahres wolle die Stadt dann eine erste Bilanz ziehen, wie das Projekt angelaufen ist, so Karin Haisch. Bisher sei das Interesse an den Kursen groß – ein Umstand, der die Initiatoren optimistisch stimmt. „Wir haben uns unheimlich gefreut, dass das Projekt so positiv angekommen ist. Der erste Kurs, den wir als Ferienkurs gestartet haben, ist sehr gut gebucht worden“, erklärt Karin Haisch im Weiteren.
Gefördert wird das Projekt von dem Verein „Initiative Jugendkunstschule Aalen“sowie verschiedenen Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen aus der Kreisstadt. Mithilfe dieser finanziellen Unterstützung sollen auch sozial benachteiligten Kindern an den Kursen teilnehmen können. „Es war dem Oberbürgermeister ganz wichtig, dass es ein Angebot ist, dass jeder wahrnehmen kann“, so Haisch. Damit das auch so bleibt, habe Thilo Rentschler darum gebeten, zu seiner Verabschiedung statt persönlichen Geschenken für die Jugendkunstschule zu spenden.