Scharfe Attacken der Union auf Scholz
Söder warnt eindringlich vor Rot-Rot-Grün – Laschet wirft SPD-Kandidat Populismus vor
(dpa/AFP/sz) Die Union geht mit aggressiver Tonlage in den Endspurt des Bundestagswahlkampfs. CSU-Chef Markus Söder warnte am Freitag in seiner Parteitagsrede in Nürnberg eindringlich vor einem Linksrutsch in Deutschland. Die Umfragen seien für die Union nicht ausreichend, es drohe ein politischer Erdrutsch, sagte der bayerische Ministerpräsident mit Blick auf ein mögliches Bündnis von SPD, Grünen und Linkspartei. Man wolle CDU-Chef Armin Laschet als Kanzler haben statt SPDKandidat Olaf Scholz oder Annalena Baerbock (Grüne). Nach den Spitzen der vergangenen Tage versprach Söder Geschlossenheit der Schwesterparteien CSU und CDU in den letzten beiden Wochen des Wahlkampfs.
An diesem Samstag wird Unionsspitzenkandidat Laschet in Nürnberg erwartet.
Laschet selbst griff unterdessen seinen SPD-Konkurrenten Scholz direkt an. Laschet warf dem Finanzminister vor, er habe unangemessen auf die Durchsuchung in seinem Ministerium reagiert. „Wenn das eigene Ministerium durchsucht wird, der Staatsanwaltschaft zu sagen, was sie besser getan hätte, kennt man sonst nur von populistischen Staaten“, sagte der CDU-Chef am Freitag in Berlin. Ermittler hatten am Donnerstag in Berlin das Finanzministerium und das ebenfalls von der SPD geführte Justizministerium durchsucht. Hintergrund waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen die Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls (FIU). Scholz sagte dazu später der „Welt“, die Ermittlungen richteten sich gegen unbekannte Mitarbeiter in Köln. Die Fragen in diesem Zusammenhang „hätte man schriftlich stellen können“, so Scholz.
Auch Söder, der in Nürnberg mit 87,6 Prozent der Stimmen in seinem Amt als CSU-Parteichef bestätigt wurde, griff den Finanzminister in seiner Rede auf dem Parteitag an. Er forderte unter anderem umfassendere parlamentarische Untersuchungen in der sogenannten Cum-Ex-Affäre. Es gebe „unzählige Fragen, keine Antworten“, sagte Söder. Dieser „ganze Komplex“habe es verdient, parlamentarisch genauso untersucht zu werden wie die Maut. Zum Debakel um die Pkw-Maut gab es einen Untersuchungsausschuss im Bundestag.
Zudem warnte der CSU-Chef davor, dass Scholz zum ersten „Schuldenkanzler“der Republik werden könnte. Er erinnerte daran, wer in einem „Gruselkabinett“(Söder) des in den Umfragen führenden SPD-Kandidaten einen Platz finden könnte, etwa „Saskia Esken, die vom demokratischen Sozialismus schwärmt“, oder auch „Kevin Kühnert, der eine Kneipe eröffnen und BMW enteignen möchte“.
Ähnlich argumentierte er bei den Grünen mit ihrer Kandidatin Baerbock. Hier warnte er unter anderem vor Jürgen Trittin und Anton Hofreiter – und riss einen Witz auf dessen Kosten. Der grüne Fraktionschef im Bundestag verweigere sich seit Jahren dem „hervorragenden bayerischen Friseurhandwerk“.
- Der Aufschrei über Joe Bidens Impfoffensive ließ nicht lange auf sich warten. Führer der Republikaner vergleichen den Präsidenten mit einem Tyrannen und wollen ihn verklagen.
Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, gebraucht den Begriff der „Machtergreifung“. Sein Kollege Henry McMaster aus South Carolina gelobt, US-Präsident Biden „bis an die Pforten der Hölle zu bekämpfen“, um „die Freiheit“der Bürger seines Bundesstaates zu schützen. Während der Gouverneur von Arizona Bidens Sechs-PunktePlan gegen die Covid-Pandemie mit einem Wort als „diktatorisch“zurückweist. Alle drei erwägen, die Bundesregierung wegen ihres Pandemie-Plans zu verklagen.
Das ist nur eine kleine Auswahl an Reaktionen aus Teilen des Landes, in denen die Infektionen mit dem Delta-Virus hoch und der Impfwille niedrig ist. Der Bibelgürtel des Südens und die Cowboystaaten im Westen und Südwesten gehören zu den Regionen, die den größten Teil der täglich fast 150 000 Neuinfektionen und rund 1500 Covid-Toten beisteuern. Der Erreger hat hier leichtes Spiel, weil die Impfquoten weit unter dem nationalen Durchschnitt von 62 Prozent liegen.
Nach Ansicht von Analysten wie Steve Schmidt hat die Politisierung der Covid-Pandemie mit der Ankündigung des US-Präsidenten, eine Defacto-Impfpflicht
für fast 100 Millionen Arbeitnehmer einzuführen, einen neuen Siedepunkt erreicht. „Wir leben in einer Zeit der Falschinformationen und der Verrücktheiten“, kritisiert der Politstratege den Versuch, aus Covid politisches Kapital zu schlagen. „Genug ist genug.“
So ähnlich hatte es auch der Präsident gesagt, als er sich am Donnerstag an die Nation wandte. „Wir waren geduldig, aber unsere Geduld ist am Ende“, erklärte Biden im Weißen Haus den Hintergrund seines Vorstoßes. Die große Mehrheit der
Amerikaner täten das Richtige. Es sei eine „bestimmte Minderheit“von Leuten, die von einer „bestimmten Minderheit“von Politikern unterstützt werde, und das gesamte Land daran hindere, die Pandemie zu besiegen. „Ihre Weigerung hat für uns alle einen Preis.“
Die Zahl der Nichtgeimpften liegt bei etwa 80 Millionen Erwachsenen. Hinzu kommen Kinder und Jugendliche, für die es bisher keinen Impfstoff gibt.
Bidens Plan sieht vor, dass alle Unternehmen, die mehr als 100 Menschen
beschäftigen, einen Impfnachweis ihrer Mitarbeiter haben müssen oder nachweisen können, dass diese mindestens einmal in der Woche getestet werden. Verstöße werden mit einem Bußgeld von 14 000 Dollar je Fall geahndet.
Die Regierung verlangt darüber hinaus von allen Bundesbeschäftigten einen Impfnachweis. Künftig wird es nicht mehr ausreichen, bloß einen negativen Test vorzulegen. Dieselben Regeln sollen für alle Unternehmen und Dienstleister gelten, die im Auftrag der Regierung tätig sind. Ebenso müssen Empfänger von Bundesmitteln in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern ihr Personal impfen lassen.
„Wir werden die geimpften Arbeiter vor ihren nicht geimpften Kollegen schützen“, versprach Biden, der aus seiner Frustration über die „Pandemie der Ungeimpften“kein Geheimnis macht. Zu den Fakten gehört, dass in den USA mehr als 80 Prozent der Neuinfektionen und über 90 Prozent der Krankenhausaufenthalte und Todesfälle Patienten ohne vorherigen Impfschutz sind.
Die bisherige Politik der Anreize hat sich als unzureichend erwiesen, den Widerstand gegen die CovidImpfung in ländlichen und konservativen Gebieten zu brechen. Mit mehr als 655 000 Covid-Toten führen die USA die internationale Statistik in absoluten Zahlen an. Bezogen auf die Bevölkerungsgröße verzeichnet das Land etwa doppelt so viele Tote wie Deutschland.