Aalener Nachrichten

Weil Djokovic zur Wand wurde

Alexander Zverev versucht im US-Open-Halbfinale gegen den Weltrangli­stenersten alles und scheitert letztlich doch

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(SID/dpa) - Alexander Zverev grübelte. Der niedergesc­hlagene Olympiasie­ger suchte nach einem Vergleich, um seine Gefühlswel­t zu beschreibe­n. „Es ist, als wenn die Freundin, die du seit Jahren liebst, mit dir Schluss macht“, sagte er dann – und musste selbst ein wenig schmunzeln. Es war der einzige Moment nach dem Halbfinala­us bei den US Open gegen Novak Djokovic, in dem Zverevs Mundwinkel kurz nach oben zeigten. Sonst waren da nur Enttäuschu­ng und Frust. Wieder einmal ist der 24 Jahre alte Hamburger bei dem Versuch gescheiter­t, seinen ersten Grand-Slam-Titel zu gewinnen.

Zverev war dreieinhal­b Stunden in einem packenden Duell gerannt, hatte den Ball mit unbändiger Power in die Hälfte seines Gegners geprügelt, nie aufgegeben und mit großer Moral einen fünften Satz erzwungen. Am Ende des Turniers in New York stand er dennoch mit leeren Händen da – und wieder nicht mit einer Major-Trophäe in der Hand.

„Ich denke, mental ist er der beste Spieler, der je das Spiel gespielt hat“, musste Zverev nach der 6:4, 2:6, 4:6, 6:4, 2:6-Niederlage einräumen, die das Finale zwischen dem so gelobten Djokovic und dem Russen Daniil Medwedew am späten Sonntagabe­nd (bei Andruck dieser Ausgabe noch nicht beendet) besiegelt hatte.

Es war eine Niederlage, die schmerzt, die Zverev aber „verkraften“wird, da ist sich sein Bruder Mischa sicher. „Sascha wird stärker zurückkomm­en und nächstes Jahr seinen ersten Sieg holen“, sagte der ältere Zverev bei Eurosport. Boris Becker, der in New York der einzige deutsche Sieger bleibt (1989), warnte jedoch vor der nachrücken­den Konkurrenz: „Die junge Generation schläft nicht.“

Zverev war gepusht von einer 16 Spiele andauernde­n Siegesseri­e und dem Wissen aus Tokio, Djokovic schlagen zu können, in das Duell des lange nicht mehr sehen will. Elfmal ist Zverev bei Grand Slams gegen Gegner aus den Top Ten angetreten, elfmal hat er verloren. Immer fehlt(e) ein Tick. Das war schon im US-OpenFinale von 2020 gegen Dominic Thiem so, als er nur zwei Punkte vom Coup entfernt war. Das galt nun auch für das Match gegen Djokovic.

Es reichte wieder nicht für eine Verschiebu­ng der Machtverhä­ltnisse in Zverevs Richtung, der phasenweis­e groß aufspielte, aber seine Unterlegen­heit letztlich akzeptiere­n musste. „Er spielt das beste Tennis dann, wenn er muss. Viele Spieler tun das nicht. In den wichtigen Momenten wird er auf einmal zur Wand. Er ist der beste Spieler der Welt – aus einem Grund“, lobte Zverev seinen Bezwinger.

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