An der Osterbucher Steige ist die Sau los
Maisfelder sind ein gefundenes Fressen für Wildschweine. Jäger sind verstärkt im Einsatz.
AALEN - An der Osterbucher Steige steppt derzeit zwar nicht der Bär, dafür ist hier aber die Sau los. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die unterhalb der Kolpinghütte liegenden Maisfelder sind ein gefundenes Fressen für Wildschweine. In der Dämmerung und in der Nacht machen sie vom Langert aus hierher einen Ausflug und veranstalten ein ausgiebiges Picknick. Die Schäden, die sie in den Feldern anrichten, können immens sein, sagt Katharina Oswald, persönliche Referentin von Landrat Joachim Bläse. Deshalb verstärkten die Jäger in diesen Tagen die Jagd auf die Tiere. Deren Erlegen sei auch im Hinblick auf die Afrikanische Schweinepest sinnvoll.
Meterhoch steht derzeit der Mais auf dem Grüß-Gott-Wegle an der Osterbucher Steige, das sich in einem Rundkurs vom Albstift über die Kolpinghütte und den Ostalb-Skilift bis zum Heuchelbach erstreckt. Täglich sind auf der Strecke zahlreiche Spaziergänger und Halter mit ihren Hunden unterwegs. Bereits seit geraumer Zeit gehen sie vorsichtig an den Maisfeldern vorbei, aus Angst um sich und ihre Vierbeiner. Denn laut Jägern würden hier derzeit Wildschweine ihr Unwesen treiben.
Diese würden sich aus allen möglichen Richtungen in Richtung der Maisfelder aufmachen. Ein Wildschwein könne immerhin zwischen 30 und 40 Kilometer zurücklegen, sagt ein Jagdpächter, der sich mit zwei weiteren Jägern den gemeinschaftlichen Jagdbezirk der Stadt Aalen teilt und dessen Revier von der Papierfabrik Palm bis zum Mantelhof reicht. Viele von den borstigen Paarhufern kommen vom Langert, sagt der Jäger im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten/Ipfund Jagst-Zeitung“, der namentlich nicht genannt werden möchte. Allein die dortige Population schätzt er auf mindestens 40 Tiere.
Angesichts des umfangreichen Nahrungsangebots und der Tatsache, dass Wildschweine in unseren Gefilden keine natürlichen Feinde haben, vermehrten sich diese wie die Karnickel. Ihre Vermehrungsrate liege bei über 200 Prozent. Und die große Population an den Schwarzkitteln sei ein großes Problem. Kurz vor der Maisernte, wenn die Feldfrucht reif ist und die Maiskörner saftig sind, zögen sie von ihren sogenannten Einstandsgebieten im Wald auf die Maisfelder und stürzten sich auf die Maiskolben. Bis zur Maisernte seien die Jäger deshalb täglich nachts auf der Jagd. Aktuell seien im Bereich der Osterbucher Steige und vor allem in den großen Maisfeldern beim Mantelhof mit 13 Sauen sechsmal so viele erlegt worden als im vergangenen Jagdjahr, sagt der Aalener.
Ein Erschwernis bei der Jagd auf das Schwarzwild seien abendliche und nächtliche Autofahrten von jungen Menschen auf Waldwegen, die nicht durch Schranken oder eine Beschilderung gesperrt seien. Wildschweine würden durch diese Fahrten, die teilweise mit aufbrausenden Motoren vonstatten gehen, aufgeschreckt. Durch solche Aktionen werde das Verhalten des Schwarzwilds zeitlich und räumlich verlagert, sodass dessen Verhalten nicht mehr berechenbar sei und der Jagderfolg dem Zufall überlassen bleibe. Das Landratsamt sei bereits über dieses Problem informiert.
Wildschweine passen ihren Lebensrhythmus an die Umstände an. Insofern sei es auch möglich, dass sich diese nicht nur nachts, sondern auch tagsüber in den Maisfeldern befinden, sagt der Aalener Jagdpächter. Angst müssten Wanderer oder Spaziergänger an der Osterbucher Steige allerdings nicht haben. Für diese seien die Schwarzkittel mit hoher Wahrscheinlichkeit keine reelle Gefahr. Allerdings sollten Halter ihre Hunde anleinen und sie nicht in die Maisfelder laufen lassen. In der Regel ergreife das Wildschwein die Flucht. Es sei denn, der Vierbeiner stöbert eine Bache mit ihren Frischlingen auf. Wenn sich der
Hund nicht zum Rückzug entscheidet oder gar angreift, könne es angesichts der messerscharfen Zähne der bis zu hundert Kilogramm schweren Wildsau für diesen ungemütlich werden.
Ein großes Problem sind Wildschweine für die Landwirte. Die Schäden, die sie in Mais- und Getreidefeldern anrichten, seien immens. Viele Tierschützer verurteilen das Erlegen der Borstentiere. Doch dieses sei notwendig. Denn für jeden Schaden müsse der Jagdpächter finanziell aufkommen. Die sogenannte Wildschadensersatzpflicht werde im Pachtvertrag an den Jäger übertragen. Nicht zuletzt hätten Landwirte angesichts der Afrikanischen Schweinepest ein Interesse daran, dass Wildschweine geschossen werden. Wenn sich ein infiziertes Wildschwein einem Mastbetrieb nähert und sich auch nur ein Schwein mit dem Virus ansteckt, würde dies das Aus für den kompletten Bestand bedeuten.
Überdies seien die Jäger dafür verantwortlich, dass sich Wildschweine nicht Richtung Innenstadt nähern. So manches Tier sei in den vergangenen Jahren schon in Hausgärten aufgetaucht. Noch gut erinnert sich der Aalener Jäger auch an einen Vorfall im Januar 2014, als ein junger Keiler, der sich von seiner Rotte entfernt hatte, in der Tiefgarage des Aalener Rathauses zwischen den geparkten Fahrzeugen umherirrte. Da er äußerst aggressiv war und auf einen Polizeibeamten zurannte, wurde er niedergestreckt. Der Aalener kann sich deshalb so gut an den Fall erinnern, weil der Keiler in seinem Jagdrevier beheimatet war. Warum er den Weg in die Innenstadt genommen hat und sich in der Tiefgarage verirrte, sei unklar. Oftmals sei es allerdings so, dass junge Wildschweine etwa dann Panik bekommen und die Flucht ergreifen, wenn ein Tier aus der Rotte überfahren wird. Und das sei keine Seltenheit. Schon mehrmals seien Sauen an der Aalener Brezel angefahren worden.
Jäger, die selbst eine enge Beziehung zur Natur und zu Tieren hätten, würden niemals aus Jux und Tollerei ein Wildschwein erlegen, sagt der Aalener. Die Jagd unterliege strengen Regeln. So dürfe etwa eine Bache, die Frischlinge hat, nicht geschossen werden. „Wer dies macht, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und begeht eine Straftat.