Tempolimit für Tanker
Umweltschützer wollen Schiffe zum Langsamfahren zwingen – Reeder winken ab
BERLIN - Tempolimits auf Straßen gehören zum Alltag. Manchmal ist die Verlangsamung, wie bei 130 auf Autobahnen, umstritten. Aber für Schiffe? Auch im Hinblick auf die Ozeane wird über Geschwindigkeitsbeschränkungen diskutiert. Die in der Schweiz ansässige Organisation Ocean-Care fordert eine Temporeduzierung beispielsweise für Containerfrachter und Öltanker, die die Weltmeere befahren. Das soll die klimaschädlichen Emissionen aus den Schiffsmotoren verringern.
„Wenn die Schiffe 20 Prozent langsamer fahren, stoßen sie bis zu einem Viertel weniger Treibhausgase aus“, sagt Nicolas Entrup von Ocean-Care. Bei Öltankern gehe die Einsparung sogar in Richtung eines Drittels. Der gemeinnützigen Organisation zufolge ist die verringerte Geschwindigkeit die einzige Möglichkeit, um den Abgasausstoß der Schiffe schnell zu reduzieren. Andere Strategien wie effektivere Motoren oder der Antrieb mit klimafreundlichem Wasserstoff dauerten zu lange.
Der Schiffsverkehr verursacht weltweit etwa eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente pro Jahr. Das sind ungefähr drei Prozent aller Treibhausgas-Emissionen, die sich auf 35 Milliarden Tonnen summieren. Betrachtete man den Seetransport als Land, würde er zwischen Japan und Deutschland an sechster Stelle der weltgrößten Abgasverursacher rangieren.
Ocean-Care richtet ihre Forderungen an die Internationale Maritime Organisation der Vereinten Nationen, der fast alle Staaten der Erde angehören, darunter auch Deutschland. Außerdem solle die Europäische Union aktiv werden, sagt Entrup. In einem ersten Schritt könnte man den Langsamverkehr räumlich begrenzt einführen, beispielsweise im Mittelmeer.
Neu sei das nicht, sagt Christian Denso, Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder. „Schiffe fahren viel langsamer als noch vor zehn Jahren.“In der Zeit der Schifffahrtskrise nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank in den USA 2008 habe das auch Kosten gespart, „weil Brennstoff der weitaus teuerste Posten im Betrieb eines Schiffes ist“.
Denso argumentiert allerdings, dass langsames Fahren nicht unbedingt die Emissionen senke. „Jede Geschwindigkeitsminderung bedeutet, dass es im Endeffekt mehr Schiffe braucht, um die vorhandene Ladung zu transportieren.“Weil die Frachter länger unterwegs sind, können sie seltener neu laden. Zusätzliche Schiffe werden benötigt. Außerdem, so Denso, nehme auch die Warenmenge zu. „Die Schifffahrt wächst in etwa mit dem globalen Wirtschaftswachstum.“
Ocean-Care-Mitarbeiter Entrup räumt ein, dass die Zahl der Schiffe steigt, wenn man ihre Geschwindigkeit verringert. Das Ergebnis unter dem Strich wäre trotzdem positiv. Denn der zusätzliche Abgasausstoß weiterer Frachter fresse nicht die gesamte Verringerung der Emissionen auf.