Riester-Rente auf dem Abstellgleis
Förderung lohnt sich nur noch für kinderreiche Familien und Gutverdiener
- Wie klassische Rentenversicherungen leidet auch die staatlich geförderte Vorsorgevariante der Riester-Verträge unter der Niedrigzinsphase. Seit 2001 unterstützt diese nach dem früheren Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte Förderung Arbeitnehmer und Beamte bei der privaten Altersvorsorge.
Egal, ob in Voll- oder Teilzeit, grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer, die Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, einen Anspruch auf Riester-Förderung. Wenn sich Riester noch lohnen sollte, dann vor allem deshalb, weil der Staat die Vorsorgepläne bezuschusst, meint Martin Klotz vom Geldratgeber „Finanztip“. Mit bis zu 175 Euro (seit 2018) für Erwachsene und bis zu 300 Euro für ab 2008 geborene Kinder an staatlicher Zulage im Jahr ist die Förderung für alle Vertragsformen gleich – egal ob für Rentenverträge, Wohn-Riester, Fondssparpläne oder Bausparverträge. Dazu gibt‘s oft eine Steuererstattung obendrauf.
Die Höhe des Steuervorteils, die ein Riester-Vertrag mit sich bringt, hängt vom persönlichen Einkommensteuersatz ab. Absetzen kann man jährlich maximal 2100 Euro im Jahr, Zulagen inbegriffen. Der geldwerte Steuervorteil, der sich daraus ergibt, wird mit den Zulagen verrechnet. Bei Familien mit mehreren Kindern ist die Zulage oft höher als der Steuervorteil.
Daher ist es laut „Finanztip“nurmehr für zwei Gruppen sinnvoll zu „riestern“: Kinderreiche Familien, die von den Zulagen profitieren, und alleinveranlagte Gutverdiener, denen ein hoher Steuervorteil zugutekommt.
In diesen beiden Fällen übersteigt die staatliche Förderung immerhin noch die Vertragskosten, rechnet „Finanztip“vor. Bei allen anderen Anlegergruppen fressen aufgrund des niedrigen Zinsniveaus die
Abschluss- und Verwaltungskosten die laufende Verzinsung auf.
Grundsätzlich beginnt bei Riester-Verträgen die Auszahlungsphase mit dem Renteneintritt, frühestens mit 60 Jahren. Zu Beginn der Rentenzahlungen steht einem mindestens die Summe der getätigten Einzahlungen sowie der erhaltenen Zulagen zur Verfügung. Das Geld kann als lebenslange Rente monatlich ausbezahlt werden, die man mit dem dann geltenden, in der Regel niedrigeren Steuersatz versteuern muss.
Bei der Verzinsung orientiert sich eine Riester-Rentenversicherung am Garantiezins für Lebensversicherungen, der zum 1. Januar 2022 von bisher 0,9 auf 0,25 Prozent sinken wird. Hinzu kommen Überschüsse des Versicherers, die nicht garantiert sind und tendenziell abnehmen. „Für die Beiträge zur Riester-Rente als auch staatliche Förderung und Zulagen gibt es dagegen eine 100-prozentige Garantie“, sagt Matthias Reiter, Leiter Vermögensmanagement bei der Kreissparkasse Ravensburg.
Das heißt, Versicherer müssen die Auszahlung garantieren, was ihnen angesichts der herrschenden Niedrigzinsen immer schwerer fällt. Nicht von ungefähr haben viele Anbieter ihre Riester-Produkte bereits vom Markt genommen. Denn ohne eine Abkehr von der 100-prozentigen Beitragsgarantie gibt es nach Einschätzung der Versicherungsmathematiker vermutlich bald keine Riester-Rente und Beitragszusage mit Mindestleistung mehr.
Die Riester-Förderung ist damit aufs Abstellgleis geraten. Mehrere Verbraucherschutzorganisationen, die ohnehin die hohen Abschlussund Verwaltungskosten monieren, fordern die komplette Abschaffung dieser Fördervariante. Die Bankenund Versicherungswirtschaft drängt zwar auf ein geringeres Garantieniveau der eingezahlten Beiträge von 70 oder 80 Prozent – vermutlich ohne Erfolg.
Bekanntlich hat sich die Berliner Ampel-Koalition den Einstieg in die „teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung“vorgenommen. Was dazu aber bisher bekannt geworden ist, sieht eher wie eine Abkehr von Riester aus. Man werde die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen, heißt es dazu im Koalitionsvertrag.
Was also tun, wenn man zu den 16 Millionen Deutschen gehört, die „geriestert“haben? Auf keinen Fall kündigen, warnt Klotz von „Finanztip“. Besser ist es, den Vertrag beitragsfrei zu stellen. Bereits heute wird jeder fünfte Riester-Vertrag nicht mehr bespart. Siehe dazu auch den RiesterRechner auf https://riester.deutsche-rentenversicherung.de.