Geschäft mit Altpapier: Vereine sind sauer auf die GOA
Trotz gestiegenem Preis werden Ehrenamtliche nicht am Gewinn beteiligt – Vesperzuschuss ist inakzeptabel
- Bernd Mauß, Vorsitzender des Fußballvereins (FV) 08 Unterkochen, ist sauer. Sauer auf die GOA. Obwohl sich der Altpapierpreis seit längerer Zeit kontinuierlich nach oben bewegt, würden Vereine bei ihren Altpapiersammlungen nicht an dem Gewinn beteiligt, sondern lediglich mit einem Vesperzuschuss abgespeist. Das macht Mauß nicht mehr mit. Im Auftrag des Vereins habe er jetzt den Vertrag mit der GOA gekündigt. Weitere Vereine werden folgen, ist sich der Vorsitzende sicher.
Jahrzehntelang hat sich der FV 08 Unterkochen für Altpapiersammlungen in dem Aalener Stadtbezirk engagiert. Die Zeiten, als der Verein das gesammelte Altpapier selbst bei der Papierfabrik Palm abgeben durfte und dafür auch entsprechend honoriert worden sei, seien allerdings vorbei. Seit sechs Jahren hat die GOA gemäß ihres Entsorgungsauftrags die Hoheit über das Altpapier und Vereine seien gezwungen, mit ihr einen Vertrag auszuhandeln, in dem die Regularien genau festgelegt seien und in dem auch festgezurrt sei, wie viel Geld sie pro gesammelter Tonne bekommen. Das Altpapier selbst müssten die Vereine bei der GOA abliefern, die die Container stelle.
Lange Zeit sei die Vergütung auch in Ordnung gewesen. Doch jetzt sei das Entgelt nicht mehr zu akzeptieren. Angesichts des gestiegenen Altpapierpreises – pro Tonne sei dies eine Preissteigerung von 100 Euro – wollte der FV 08 am Mehrgewinn angemessen beteiligt und nicht mit einem Nasenwasser abgespeist werden. Es könne nicht sein, dass sich die GOA eine goldene Nase verdiene und die Vereine nicht entsprechend bezahlt werden. „So lange der Altpapierpreis so hoch ist, hätten wir erwartet, statt 35 Euro 70 Euro pro Tonne zu bekommen“, sagt Mauß. Immerhin verdiene die GOA an der Tonne 200 Euro. Gerade in der schwierigen Corona-Zeit hätte hier eine große Chance bestanden, mit einem zeitlich befristeten Aufschlag die Vereine signifikant zu unterstützen.
Doch der Aufsichtsrat der GOA hat das anders gesehen und beschlossen, dass es bei einer marktpreisunabhängigen Grundvergütung in Höhe von 35 Euro pro Tonne bleibt, ab 1. April 2022 allerdings ein mengenabhängiger Vesperzuschuss in Höhe von 2,50 Euro pro Tonne eingeführt werden soll.
„Diese Entscheidung ist für uns nicht akzeptabel und wir fühlen uns veräppelt“, sagt Mauß. Deshalb werde der FV 08 Unterkochen keine Altpapiersammlungen mehr veranstalten. Der Vertrag mit der GOA sei gekündigt worden. Der Vorsitzende des Unterkochener Vereins habe das Gefühl, dass das der GOA ganz recht sei. Seiner Ansicht nach habe das Unternehmen kein Interesse an den Vereinssammlungen und wolle die Vereine zur Aufgabe zwingen, was ihr im Fall des FV 08 auch gelungen sei.
Mit Einführung der Blauen Tonne im Jahr 2008 habe die Menge an gesammeltem Altpapier über die Jahre auch immer mehr abgenommen und insofern sei weniger in die Vereinskasse geflossen, sagt Mauß. „Haben wir davor rund 40 Tonnen gesammelt, sind es beim letzten Mal noch zwölf Tonnen gewesen.“Insofern würde sich auch angesichts des geringen Ertrags eine Sammlung nicht mehr lohnen, bei der rund 30 Mann und vier Fahrzeuge im Einsatz gewesen seien. Der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag. Deshalb hätten sich im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr Vereine aus dem Altpapiergeschäft zurückgezogen. Dass weitere der rund 200 Vereine angesichts der schlechten Konditionen der GOA ihren Vertrag mit ihr kündigen, glaubt Mauß ganz sicher.
Dass die GOA nicht bereit ist, mehr zu bezahlen, findet auch Markus Mayer-Wunderlich, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Pelzwasen-Zebert, nicht in Ordnung. Bei einigen Mitgliedern sei ein gewisser Unmut zu spüren. Trotzdem habe der Verein den Vertrag mit der GOA verlängert. „In der Hoffnung, dass die Leistung doch noch irgendwann entsprechend finanziell honoriert wird.“
Seit Mayer-Wunderlich denken kann, sammle die Siedlergemeinschaft Altpapier. Er sei mit dieser Tradition, die mindestens 40 Jahre zurückreicht, groß geworden. Lukrativer sei das Geschäft gewesen, als der Verein das gesammelte Altpapier direkt bei der Papierfabrik Palm abliefern konnte. Mehr Gewinn habe man auch vor Einführung der Blauen Tonne gemacht.
Dadurch dass immer mehr Bürger in dieser ihr Altpapier sammeln, das die GOA dann abhole, habe sich die Menge an Altpapier halbiert. „Zwei Container bekommen wir noch zusammen und kommen damit auf ein Entgelt von rund 200 Euro“, sagt MayerWunderlich.
Die Tradition aufzugeben, bei der bei jeder Aktion rund zehn Mitglieder vier Stunden lang im Einsatz seien, komme für ihn jedoch nicht infrage. Zum einen sei der Verein auf die Einnahmen aus den Altpapiersammlungen angewiesen, um die Kosten des Siedlerhauses zu decken und den niedrigen Mitgliedsbeitrag zu refinanzieren. Zum anderen stünden die Sammlungen unter dem Schlagwort „soziale Verantwortung“. Immerhin werde damit auch Kindern beigebracht, wie wichtig das Recyceln sei. Überdies mache das Sammeln Spaß und trage dazu bei, ein Stück Vereinskultur zu wahren.
Tradition haben die Altpapiersammlungen auch beim gemeinnützigen Verein „Wohngemeinschaft Triumphstadt/Zochental,“der vor vier Jahren sein 50-jähriges Bestehen feierte. Altpapier werde seit 30 Jahren in dem mittlerweile 4280 Einwohner zählenden Einzugsgebiet des Vereins gesammelt, sagt der Vorsitzende Sigmar Tomaschko. „Viele ältere Bürger sind auch dankbar, dass wir ihnen dabei helfen, das Altpapier aus dem Keller zu holen und ihnen damit die Mühe ersparen, dieses selbst nach oben zu schleppen und in die Blaue Tonne zu werfen.“
Vier Mal im Jahr organisiere der Verein eine Abholsammlung, für die ein Kleinlastwagen angemietet werde, und einmal im Jahr eine Bringsammlung. Dass die Vergütung durch die GOA pro Tonne zu niedrig ist, findet auch Tomaschko. Sobald es die Corona-Lage zulässt, wolle er „mit den Herren“ein Gespräch führen. „Wir wollen keine unrealistische Gewinnbeteiligung, aber unser Engagement sollte zumindest so honoriert werden, dass sich der Aufwand lohnt. Wie alle Vereine kämpfen auch wir ums Überleben.“
„Wir lassen uns nicht mit einem Vesperzuschuss abspeisen“, sagt Bernd Mauß.