Frösteln in Schwimmbädern und Turnhallen?
Städte wollen Gas sparen und setzen auf kommunale Wärmenetze – Versorger rüsten sich gegen Engpässe
- Hohe Gaspreise und einen möglichen Lieferstopp aus Russland infolge des Ukraine-Kriegs bekommen bald womöglich auch Sportler und Badegäste zu spüren. In Sporthallen und Schwimmbädern sollen die Temperaturen abgesenkt werden, teilte der Städtetag BadenWürttemberg am Freitag mit. „Die Menschen im Land müssen spüren, dass dieser Krieg sie direkt trifft und betrifft, dass sie aber auch einen konkreten Beitrag im Alltag zu leisten haben“, heißt es in einer Mitteilung des Verbands, dem knapp 200 Städte im Südwesten angehören. Vom bayerischen Städtetag heißt es hingegen auf Anfrage, man habe sich noch nicht mit dem Thema befasst.
Die Deutsche Gesellschaft für das Bäderwesen hatte zuvor mitgeteilt, dass erste Bäder die Temperatur in ihren Becken bereits um zwei Grad gesenkt hätten. Zu denen, die auch bald die Heizung herunterregeln könnten, gehört die Tuttlinger Wasserwelt TuWass. „Die Geschäftsführung prüft gerade, welches Einsparpotenzial das bringen würde“, sagt Arno Specht, Sprecher der Stadt Tuttlingen. Im Fall des TuWass’ geht es vor allem um die Beheizung der Räume, das Wasser wird geothermisch erwärmt. Entschieden sei aber noch nichts, so Specht – auch nicht mit Blick auf das beheizte Freibad, das noch nicht in die Saison gestartet ist.
Viele Bäder werden von Kommunen oder ihren Stadtwerken betrieben, auch für Turnhallen oder Schulräume sind die Kommunen zuständig. „Wir haben das Thema auf dem Schirm, aber aktuell noch nichts beschlossen“, sagt Karin Haisch, Sprecherin der Stadt Aalen auf Anfrage. Für Biberach verweist Stadt-Sprecherin Andrea Appel darauf, dass man sich das Thema für die nächste Heizperiode vornehmen werde. Man sei ohnehin schon bemüht, Potenziale für Energieeinsparungen zu nutzen wo immer dies möglich ist.
Die hohen Gaspreise treffen die Kommunen nicht nur bei den Heizkosten für ihre Räume. Über ihre
Stadtwerke spielen sie auch bei den Bestrebungen eine Rolle, die Abhängigkeit von russischem Gas abzubauen. „Klar ist, dass wir so schnell wie möglich aus der Wärmeerzeugung mit Gas aussteigen müssen“, sagt Gudrun Heute-Bluhm, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des baden-württembergischen Städtetags. „Dabei spielen kommunale Wärmenetze eine entscheidende Rolle.“Diese ermöglichten die Versorgung von Haushalten mit erneuerbarer Energie. Für den kommenden Winter sei das aber noch keine Lösung. Hier müssten Gasspeicher aufgefüllt und der Verbrauch reduziert werden.
Deutschlandweit bereiten sich Gasversorger darauf vor, wie sie bei einer Verschlechterung der Versorgungslage vorgehen werden. Vergangene Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Frühwarnstufe ausgerufen.
Auch bei den Lindauer Stadtwerken tagte daraufhin am vergangenen Freitag erstmals der Krisenstab Gas. „Wir wollen vorbereitet sein, denn im Fall einer Lieferunterbrechung muss es schnell gehen“, berichtet Sylvia Bienert, Leiterin Netze und Anlagen Gas, Wasser, Wärme und Dienstleistungen. Der kommunale Versorger hat 7200 Gas-Abnehmer, die meisten davon sind laut dem Notfallplan Gas des Bundes sogenannte geschützte Kunden – das sind private Haushalte und soziale Dienste wie Krankenhäuser oder Feuerwehr, die auch in der Notfallphase von Abschaltungen nicht betroffen sind. Für Kunden mit großem Verbrauch wird eine Liste erstellt, die festlegt, welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas versorgt werden. Dafür würden diese Kunden angeschrieben und Informationen zu Verwendung des Gases und möglichen Alternativen eingeholt.
An die Verbraucher appellieren die Stadtwerke Lindau, die bekannten Energiespartipps einzuhalten: „Nur soviel wie nötig heizen, Warmwassersparen beim Waschen und Duschen, richtig Lüften, Fenster nicht kippen.“