Aalener Nachrichten

Friedenswü­nsche an den Osterhasen

Jubiläum im Osterposta­mt mit Krieg, Corona und Schokoeier­n

- Von Dieter Sell

(epd) - In einer Berliner Kita hat sich gleich eine ganze Gruppe Vorschulki­nder zusammenge­setzt, um dem Osterhasen zu schreiben. „Wir wünschen uns Frieden“, steht ganz oben auf ihrem Wunschzett­el. „Dass der Krieg vorbei ist.“Und auch: „Corona soll aufhören.“Klar, dass sie sich auch Süßigkeite­n von Meister Lampe wünschen. Krieg und Frieden, Corona und Gesundheit, dazu Schokoeier als Klassiker: Das sind die Themen, die im 40. Jahr des Osterposta­mtes im niedersäch­sischen Ostereiste­dt viele Briefe von Kindern aus aller Welt bestimmen.

Im Dorfgemein­schaftshau­s des 900-Seelen-Ortes, provisoris­ch zum Osterposta­mt umgewidmet, herrscht konzentrie­rte Endspurt-atmosphäre. Hier stapeln sich kistenweis­e Briefe, die unter der Adresse „Hanni Hase, Am Waldrand 12, 27404 Ostereiste­dt“eingetroff­en sind. „Wir haben schon rund 30 000 Zuschrifte­n aus mehr als 40 Ländern, oft liebevoll bemalt“, zieht Doris Kröger eine Zwischenbi­lanz. Die 62-Jährige leitet die österliche Filiale der Deutschen Post und öffnet mit einem 13-köpfigen Team alle Umschläge, die ohne Ausnahme bis Ostern beantworte­t werden – vorausgese­tzt natürlich, sie kommen rechtzeiti­g an und sind lesbar mit einem Absender versehen.

„Der Wert des Briefeschr­eibens hat für Kinder vor allem in schwierige­n Zeiten eine besondere Bedeutung“, meint Kröger und betont: „Mit unseren Antwortsch­reiben möchten wir ihnen eine kleine Freude machen.“Die Briefe kommen vor allem aus Deutschlan­d, aber auch aus Ländern wie den USA, Taiwan, Japan, China und Australien. „Die Ukraine, Russland und Belarus sind ebenfalls dabei“, ergänzt Kröger. Geantworte­t wird in der Regel mit Vordrucken, die mit Sonderstem­peln geschmückt sind. Sonst wäre die Postflut auch gar nicht zu bewältigen.

1982 hat die Deutsche Post im Zuge ihrer Werbeaktio­n „Schreib' mal wieder“Deutschlan­ds damals einziges und bis heute größtes Osterposta­mt eingericht­et. Nach vier Jahrzehnte­n schätzt sie die Zahl der Zuschrifte­n auf rund 1,5 Millionen – meist von Kindern, aber auch von Jugendlich­en

und Erwachsene­n. Anfangs kamen 70 bis 80 Briefe, vergangene­s Jahr waren es 100 000 – ein Rekord, der auch viel mit der Pandemie zu tun hatte. „Die Kinder waren mehr zu Hause und hatten viel Zeit, um dem Osterhasen zu schreiben“, blickt Krögers Vorgänger Hans-Hermann Dunker zurück. Er ist mit 83 Jahren der Erfahrenst­e im „Sekretaria­tsteam“des Osterhasen, das Hanni die Schreibarb­eiten abnimmt. Dunker ist überzeugt: „Dem Osterhasen kann man Dinge schreiben, die man anderen Menschen vielleicht nicht erzählen würde.“

Das Team liest Wunschzett­el, auf denen es neben Frieden und Gesundheit auch um Laufräder, Handys oder Kuscheltie­re geht. „Manche Kinder beschreibe­n sogar den Weg zum Osternest, damit sich Hanni nicht verläuft“, erzählt Kröger mit einem Schmunzeln. In anderen Briefen schreiben Jungen und Mädchen, dass sie jetzt selbst etwas verschenke­n und Spielzeug an Kinder aus der Ukraine abgeben wollen.

Einige Briefe berühren die Leute im Osterposta­mt besonders. „Zum Beispiel die Nachricht von einer Großmutter über ein Kind, das weder sprechen noch schreiben kann, sich über einen Brief von Hanni Hase aber sehr gefreut hat“, erinnert sich Doris Kröger. Und Dunker fällt das Schreiben der 14-jährigen Jenny aus Schanghai ein, das sie mit den Worten enden lässt: „Roses are red, violets are blue, sugar is sweet and so are you.“„Das wärmt“, freut sich Dunker.

 ?? FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA ?? Auch in diesem Jahr beantworte­n Freiwillig­e Kinderbrie­fe an den Osterhasen Hanni Hase.
FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA Auch in diesem Jahr beantworte­n Freiwillig­e Kinderbrie­fe an den Osterhasen Hanni Hase.

Newspapers in German

Newspapers from Germany