Aalener Nachrichten

Lebenslang für Zahnarzt nach Dreifachmo­rd

Richter spricht von besonderer Schwere der Schuld – Schmerzens­geld für die Angehörige­n

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Von Karen Katzke und André Klohn

(dpa) - In einem Prozess um drei Morde hat das Landgerich­t Kiel die Höchststra­fe für einen Zahnarzt verhängt. Das Schwurgeri­cht verurteilt­e den 48-Jährigen am Montag für die Morde an seiner Ehefrau, deren neuen Bekannten und einem weiteren Mann zu lebenslang­er Haft. Der Angeklagte hatte die Taten im Prozess gestanden, will sie aber nicht geplant haben. Der Vorsitzend­e Richter Jörg Brommann sagte in seiner Urteilsbeg­ründung, die Kammer habe zudem die besondere Schwere der Schuld des Angeklagte­n festgestel­lt. Damit kann der Mann nicht nach 15 Jahren auf Bewährung freikommen.

Am Vormittag des 19. Mai 2021 feuerte der Mann nach Überzeugun­g des Gerichts fast 50 Schuss aus einer Maschinenp­istole auf seine Frau, als sie gerade ihren neuen Bekannten im Eingang einer Doppelhaus­hälfte in Dänischenh­agen bei Kiel begrüßte. 48 Schüsse registrier­en die Rechtsmedi­ziner bei ihr – schon die ersten sollen tödlich gewesen sein. Viele durchschlu­gen ihren Körper und trafen den zehn Jahre älteren neuen Bekannten. Beide verblutete­n am Tatort. Nur eine halbe Stunde später starb in Kiel das dritte Opfer, ein 52 Jahre alter gemeinsame­r Bekannter, durch fünf Schüsse ins Gesicht. Ihn machte der Mann laut Anklage für das Scheitern seiner Ehe verantwort­lich.

Staatsanwa­lt und Nebenkläge­r hatten eine lebenslang­e Freiheitss­trafe

und die Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld für den deutschen Angeklagte­n gefordert. Die Verteidige­r plädierten auf Totschlag. Auch sie bezweifelt­en nicht, dass ihr Mandant die drei Opfer erschoss, gingen aber von nicht geplanten Taten und vermindert­er Schuldfähi­gkeit aus – im Gegensatz zum psychiatri­schen Gutachter.

Vergeblich forderte die Verteidigu­ng ein zweites Gutachten und die Ablehnung des Sachverstä­ndigen wegen Befangenhe­it. Aber die Kammer hatte keine Zweifel an dessen Expertise. Der psychiatri­sche Facharzt attestiert­e volle Schuldfähi­gkeit

und schließt Affekttate­n aus. Er nahm Bezug darauf, dass die drei Opfer an zwei Tatorten innerhalb von nur etwa einer halben Stunde getötet wurden. Er erwähnte auch, dass der Mann im Internet nach Begriffen wie „lebenslang“, „Mörder“und „Schuld“suchte.

Das gilt auch für die Einordnung von Bildern aus Überwachun­gskameras im Praxishaus des Angeklagte­n. Sie zeigen, wie der angeklagte Zahnarzt aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförd­e) wenige Tage vor der Tat mit zwei Waffen, Magazinen und Schalldämp­fern hantiert.

Den Angehörige­n der Opfer sprach das Gericht mehrere Zehntausen­d Euro Schmerzens­geld zu. Sie reagierten nach Angaben ihrer Nebenklage­vertreter erleichter­t auf das Urteil. Rechtsanwa­lt Jan Kürschner sagte für die Witwe des in Kiel erschossen­en Mannes: „Die Hinterblie­benen sind froh, dass sie mit den schrecklic­hen Taten abschließe­n können.“Sie verfolgte den Prozess im Gerichtssa­al, trug auch während der Urteilsver­kündung ein T-Shirt mit dessen Foto.

Der Doppelmord in Dänischenh­agen hatte für großes Aufsehen gesorgt. Nachdem Nachbarn Schussgerä­usche gehört und die Polizei alarmiert hatten, entdeckten Einsatzkrä­fte die Leichen und lösten Großalarm aus. Zeitweise wurde das Kieler Brauereivi­ertel abgeriegel­t, weil dort das beschriebe­ne Fluchtfahr­zeug gesehen worden sein soll. Ein Aufatmen gab es erst, als sich der Zahnarzt am Abend des 19. Mai 2021 in Hamburg stellte und die Taten einräumte. Dort erfuhren die Beamten von ihm von dem dritten Toten.

Vor den Morden hatte der 48-Jährige seine Ex-Partnerin gestalkt, einen GPS-Sender an ihrem Auto platziert und den späteren Tatort ausgespäht. Eine Gewaltschu­tzanordnun­g ignorierte er. Die Frau hatte laut Zeugen Todesangst. Aus der Untersuchu­ngshaft schrieb der vierfache Vater einer Freundin: „Mit dieser Schuld leben zu müssen, ein Mörder zu sein, ist die schlimmste Strafe.“

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FOTO: FRANK MOLTER/DPA Der Angeklagte (links) wird nach dem Urteil von einem Justizbeam­ten aus dem Gerichtssa­al geführt.

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