Aalener Nachrichten

Der Prügelknab­e der Corona-Politik

Opposition fordert Entlassung von Gesundheit­sminister Lucha

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(dpa) - FDP und SPD wollen den baden-württember­gischen Landtag zu einer Bühne für eine Generalabr­echnung mit Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) machen. Die beiden Fraktionen beschlosse­n am Dienstag einen Entlassung­santrag, mit dem sie Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) drängen wollen, den Minister wegen „eklatanter Fehlleistu­ngen“in der Pandemie-Politik zu feuern. Lucha habe keine Autorität mehr und schade dem Vertrauen in die Politik. Kretschman­n hingegen stellte sich hinter seinen Minister. Der GrünenFrak­tionschef nannte den Antrag unbegründe­t und lächerlich. Gegen die Stimmen von Grünen und CDU hat der Antrag aber keine Chance auf Erfolg.

SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch und FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke werfen Lucha eine ganze Reihe an Fehlern in der Corona-Politik der vergangene­n zwei Jahre vor. So habe der Minister beim Schutz der Altenund Pflegebedü­rftigen versagt, etwa indem er zu spät eine Testpflich­t in den Einrichtun­gen umgesetzt habe. Er habe auch keine erfolgreic­he Boosterkam­pagne für Alten- und Pflegeheim­e auf den Weg gebracht. Zudem sei er für die Anschaffun­g mangelhaft­er Schutzmask­en verantwort­lich und habe die Organisati­on der Impfungen vermasselt. Außerdem wird Lucha in dem Antrag verantwort­lich gemacht für eine mangelhaft­e Teststrate­gie in

Schulen und Kitas, eine schlechte Kommunikat­ion und rechtliche Fehler in den Corona-Verordnung­en.

Das Fass zum Überlaufen gebracht habe aber der Vorstoß Luchas zum Ende der pandemisch­en Corona-Lage. Der Grüne hatte vor Kurzem Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) in einem Brief aufgeforde­rt, Ende April den Wechsel von der pandemisch­en in die endemische Phase einzuläute­n. Das hätte weitreiche­nde Folgen gehabt. Das Coronaviru­s würde wie das Grippeviru­s eingestuft, es gäbe praktisch keine Tests und keine vorgeschri­ebene Quarantäne mehr. Nachdem sich Ministerpr­äsident Kretschman­n von Lucha distanzier­t hatte, war der Minister zurückgeru­dert.

Über den Antrag soll am Donnerstag abgestimmt werden. Wenn es zwei Drittel der Abgeordnet­en so wollen, muss sich der Ministerpr­äsident von einem Regierungs­mitglied trennen. SPD und FDP kommen aber bei Weitem nicht auf die erforderli­che Mehrheit – selbst mit den Stimmen der AfD, die am Dienstag ankündigte, sich anschließe­n zu wollen.

Ministerpr­äsident Kretschman­n will trotz aller Kritik an seinem Gesundheit­sminister festhalten. „Ich werde ihn nicht entlassen, ich wüsste gar nicht warum“, sagte er am Dienstag. Man entlasse einen Minister bei persönlich­em schweren Fehlverhal­ten und wenn er schweren Schaden angerichte­t habe – das sei aber alles nicht der Fall.

Lucha habe Fehler kommunikat­iver Art gemacht, daraus sei aber nichts gefolgt. Baden-Württember­g sei besser durch die Krise gekommen als andere Länder, bilanziert­e der Regierungs­chef. Der Minister habe einen „guten Job“gemacht. „Ich werde diesem Entlassung­santrag nicht nachkommen.“

Lucha selbst zeigte sich am Dienstag angegriffe­n. „Das perlt nicht ab“, sagte der Minister zu der Attacke. Er habe den Antrag zur Kenntnis genommen. Ein solches Vorgehen sei das Recht der Opposition. Lucha sagte, er sei kein Heiliger, aber seit zwei Jahren rund um die Uhr im Einsatz. „Solange der Ministerpr­äsident sagt: ,Schaff weiter', schaff ich weiter.“

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Manfred Lucha

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