Experten zweifeln an geplantem Kohle-Importstopp
Neues EU-Sanktionspaket gegen Russland – Weitere Handelseinschränkungen
- Als Reaktion auf die vermeintliche Ermordung ukrainischer Zivilisten durch russische Soldaten bei Kiew will die Europäische Kommission unter anderem den Import von Kohle aus Russland verringern. Die Einschränkung solle den Wert von jährlich vier Milliarden Euro haben, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Foto: AFP) am Dienstag. Erstmals verhängt die EU damit eine Sanktion auf russische Energielieferungen.
Nach dem Rückzug der russischen Truppen waren im Ort Butscha zahlreiche Leichen von Zivilisten gefunden worden. Die ukrainische und russische Regierung geben sich gegenseitig die Schuld. Der Vorwurf von Kriegsverbrechen an die Adresse Moskaus hat im Westen die Diskussion über einen Einfuhrstopp für Kohle, Öl und Erdgas aus Russland angeheizt. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstütze Sanktionen gegen Kohleimporte, hieß es.
Unklar blieb zunächst, wann die Maßnahme greifen soll. Die geplante Verringerung des Kohleimports scheint aber nur einen kleinen Teil der gesamten EU-Einfuhren aus Russland zu betreffen. Als weitere Maßnahmen standen auf der Sanktionsliste unter anderem das Verbot der Einfuhr von Holz, Zement, Gummi,
Kaviar, Wodka in die EU und zusätzliche Strafen gegen russische Banken. Zuletzt hatte Habeck sich gegen den sofortigen Stopp der Energielieferungen aus Russland ausgesprochen. Sonst werde die deutsche Wirtschaft schwer geschädigt. Russische Steinkohle mache etwa die Hälfte des deutschen Kohleverbrauchs aus, so das Wirtschaftsministerium.
Der Brennstoff wird unter anderem in Kraftwerken zur Stromerzeugung und in der Stahlindustrie eingesetzt. Habecks Plan war bisher, die Importe aus Russland „in den nächsten Wochen“auf 25 Prozent zu verringern und bis zum Herbst möglichst einzustellen.
2021 wurde laut Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) knapp zehn Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms in SteinkohleKraftwerken produziert. „Steinkohle wird weltweit gehandelt, bei reduzierten Lieferungen aus Russland können unter bestimmten Voraussetzungen Lieferungen aus anderen Staaten erhöht werden.“Grundsätzlich gehe es aber um die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und den Umstieg auf erneuerbare Quellen, erklärte der Verband.
Die geplante Verringerung beim Import von Kohle treffe weder den russischen Präsidenten Wladimir Putin noch Deutschland sonderlich hart, sagte der Ökonomie-Professor Jens Südekum (Uni Düsseldorf). „Wir wollten bis Mitte des Jahres ohnehin unabhängig von russischer Kohle sein, nun geht es noch etwas schneller“, so Südekum.