Knifflige Pflichterfüllung
FC Bayern geht als klarer Favorit ins Viertelfinale der Champions League gegen Villarreal – Davies wieder dabei
- Raus aus dem Münchner Schmuddelwetter, rein in den – wenigstens – rund 12 Grad warmen Regen von Valencia. Als die Bayern auf dem kleinen Flughafen Castellón-Costa Azahar landeten, dürfte im Tross noch keine rechte Champions-League-Stimmung aufgekommen sein. Auch das Mini-Stadion Estadio de la Cerámica, die Heimspielstätte des FC Villarreal, mit einer Kapazität von 23 000 Fans versprüht eher Zweitliga-Charme. Zum Vergleich: In der Bundesliga sind nur die Alte Försterei von Union Berlin und das Fürther Stadion kleiner.
Für die Bayern ist der Ausflug an die Mittelmeerküste aus der Kategorie knifflige Pflichterfüllung. Obwohl Villarreal als amtierender EuropaLeague-Sieger firmiert und als höchst wehrhafte und unangenehm zu bespielende Mannschaft daherkommt, wird vom aktuellen Spitzenreiter des UEFA-Clubrankings der Einzug ins Halbfinale erwartet. Ein Muss. Schiffbruch verboten. Dafür will man im Hinspiel (21 Uhr/DAZN) gegen die Gelben, das Team mit dem Spitznamen „Gelbes U-Boot“(submarino amarillo), die Grundlage legen. „Ich habe beide Spiele gesehen“, sagte Thomas Müller über das erfolgreiche Achtelfinale der Spanier gegen Juventus Turin und meinte: „Wir sind gewarnt. Es werden keine Spaziergänge, auf keinen Fall.“Was dennoch für die Bayern spricht:
Die aktuelle Form:
Rein sportlich gewannen die Bayern in Freiburg dank einer starken zweiten Halbzeit mit 4:1 – ob sie die drei Punkte nach dem Einspruch der Breisgauer werden behalten dürfen, wird sich zeigen (siehe Text unten; d. Red.). Villarreal verpatzte die Generalprobe, verlor im „kleinen Derby“Valencias gegen Abstiegskandidat Levante mit 0:2, belegt acht Spieltage vor Schluss in „La Liga“nur Rang sieben – selbst die Qualifikation für die Europa League wird ein schwieriges Unterfangen. Cheftrainer Unai Emery meinte nach der Pleite am Wochenende: „Zum Glück spielen wir in der Champions League besser als in der Liga.“
Der überwundene Spanien-Fluch:
Es gab eine Zeit, da waren Mannschaften aus „La Liga“Angstgegner für den FC Bayern. Die „bestia negra“wie man die Münchner vor allem im
Umfeld von Real Madrid, nannte, hatte ihren Schrecken verloren. Kurioserweise passierte dies ausgerechnet in der Ära des katalanischen Trainers Pep Guardiola. Von 2014 bis 2016 scheiterte Bayern drei Mal hintereinander im Halbfinale der Champions League. Erst an Real, dann an Guardiolas Heimatclub FC Barcelona und schließlich 2016 an Atlético Madrid. Von einem Spanien-Fluch war die Rede, der sich jedoch in der
Folge eher als Pep-Allergie herausstellte. Denn: Von ihren letzten sieben Europapokal-Spiele gegen spanische Mannschaften verloren die Bayern keines, gewann dabei fünf Mal (zwei Remis), erzielten dabei 23
Tore – ergibt die längere Serie der Münchner überhaupt gegen spanische Mannschaften.
In der diesjährigen Gruppenphase hatte man Barça auswärts mit 3:0 und in München mit 3:0 abgefertigt. Im Oktober 2020 zerlegte man Atlético in der Allianz Arena mit 4:0, dabei schimpfte Müller auf dem Platz, die Gegner seien „die größten Rabauken im europäischen Fußball“. Der größte Triumph: Der 8:2-Kantersieg gegen Barcelona (damals noch mit Lionel Messi) im Viertelfinale dem Weg zum Henkelpott-Triumph 2020 unter Cheftrainer Hansi Flick. Dazu kommt: Seit 2017 ist Bayern in vier Auswärtsspielen auf spanischem Boden ungeschlagen (zwei Siege, zwei Remis).
Die beeindruckende Auswärtsserie:
22 Partien ohne Niederlage in der Fremde sind Rekord. Außerdem haben die Bayern nur eines (!) ihrer letzten 29 Champions-League-Spiele verloren, das 2:3 im ViertelfinalHinspiel der vergangenen Saison gegen Paris St.Germain. Dennoch warnte Coach Nagelsmann: „Villarreal kann eher befreit aufspielen, aber es ist auch nicht dramatisch, dass wir der Favorit sind.“Eher logisch.
Die Kadertiefe:
Lediglich die Ergänzungsspieler Corentin Tolisso, Eric-Maxim Choupo-Moting und Buona Sarr fallen aus. Nagelsmann hat nun mehr Möglichkeiten. Linksverteidiger Alphonso Davies steht erstmals in diesem Kalenderjahr im Kader und könnte sogar von Beginn an auflaufen. Die letzten Tests nach seiner Herzmuskelentzündung, die als Folge einer Corona-Infektion beim Kanadier Mitte Januar festgestellt worden war, seien „positiv und ohne jeglichen Befund verlaufen“, so Nagelsmann. Ein Startelf-Einsatz zum Kader-Comeback sei „im Bereich des Möglichen“, man werde das im Trainerteam diskutieren. Auch immer im Bereich des Möglichen: ein Bluff und Lucas Hernández (26) beginnt. Der 21-jährige Davies dürfte als Joker vorgesehen sein, dann hätte Nagelsmann auch die Option, ihn nach Einwechslung als offensiven Schienenspieler einzusetzen und das System umzustellen. In der Innenverteidigung dürfte der von einem leichten Muskelfaserriss genesene Niklas Süle nach seinem Comeback in Freiburg an der Seite von Dayot Upamecano anfangen.